Szegediner Gulasch - mit Kraut, aber ohne Kümmel




12|06|2018   Du kennst Szegediner Gulasch? Echt! Ich kannte es - ehrlich gesagt - bis vor kurzem noch nicht. Ungarisches Rindergulasch, logo, kennt ja jeder - aber Szegediner Gulasch? Auf dieses Gulasch mit Sauerkraut und Schweinefleisch bin ich erst durch das Schreiben an meinem Rezept Zander auf Champagnerkraut gekommen, das vor einiger Zeit hier im Blog erschienen ist. Beim Kochen des Rezeptes kam Sauerkraut aus Filder Spitzkohl, der Passagier der Slow Food Arche des Geschmacks ist, zum Einsatz - und eine Dose des feinen Krauts (mehr darüber am Ende des Rezeptes) blieb übrig. Was also damit machen? Bei der Recherche nach Rezepten mit Sauerkraut im WorldWideWeb stieße ich schnell auf Szegediner Gulasch, das auch Székely Gulasch genannt wird. Schweinefleisch, Sauerkraut und Sauerrahm (oder Crème fraîche) sind Hauptzutaten dieses Gulasch, das ursprünglich vermutlich der Wiener und nicht der ungarischen Kuche entstammt. "Hm, hört sich gut an, könnte ich mal nachkochen", dachte ich so bei mir. Gedacht und schwups - schon getan: Ich steckte zwei im Netz gefundene Gulasch-Rezepte zusammen, schüttelte diese gut durch, entfernte die ein Zutat (so zum Beispiel den Kümmel), gab die andere dazu (unter anderem Ancho-Chilipulver) und heraus kam mein Hausrezept für Szegediner Gulasch, ein Schmackofatz, der perfekt für usselige Tage geeignet ist.


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Geht auch: Pasta mit Szegediner Gulaschsauce


Gibt es etwas zum Gulasch dazu? Warum nicht! In Österreich wird Szegediner Gulasch zumeist mit Kartoffeln oder Weißbrot gegessen, in Tschechien und der Slowakei mit Böhmischen Knödeln. Ich habe aktuell Kartoffelpüree-Nocken dazu serviert, gut vorstellen kann ich mir aber auch eine Kombination mit Schupfnudeln. Eine weitere Kombinationsmöglichkeit offenbarte das "Reste-Essen" am Folgetag. Etwas Szegediner Gulasch war noch übrig, allerdings zu wenig für ein eigenständiges Essen. Aber da stand ja auch noch eine zu zwei Dritteln gefüllte Packung Pasta in der Küche. Hm, warum nicht! Flugs die Fleischwürfel mit der Gabel in kleinere Stücke gezupft, ein wenig Gemüsebrühe hinzugefügt (um den Saucentouch zu erhöhen), alles erwärmt, Fusilli (alternativ Gemelli oder Torchietti) dazu gekocht und fertig ist die Pasta mit Szegediner Gulaschsauce. Schmeckt!


Szegediner Gulasch mit Kartoffelpueree-Nocken


Rezept für Szegediner Gulasch


Zutaten  |  für 4-6 Personen

  • 1,4 kg Schweineschulter (oder Schweinenacken)
  • 2 große Gemüsezwiebeln (ca. 400 bis 500 g)
  • 2 rote Paprika
  • 1 gelbe Paprika
  • 100 g durchwachsenen Speck
  • 550 g Sauerkraut - vorzugsweise Filder Sauerkraut*
  • 2 EL Butterschmalz
  • 2 gestrichene Tl Vollrohrzucker (Muscovado-Zucker*)
  • 1 Prise Speisesalz
  • 3 TL edelsüßes Paprikapulver
  • 1/2 TL Ancho-Chilipulver* (alternativ 1 TL scharfes Paprikapulver oder 2 Messerspitzen Cayennepfeffer)
  • 1 TL (Meer)Salz
  • 400 ml Fond (Kalb oder Rind) 
  • 200 ml Sahne
  • 3 TL Tomatenmark
  • 2 TL Oregano
  • 2 kleinere Lorbeerblätter
  • 8 EL gehackte Petersilie
  • 1 Becher Crème fraîche


Zubereitung  |  45 Min. plus ca. 2 Stunden Garzeit

  1. Zunächst wird geschnibbelt und bereitgestellt: Die Schweineschulter wird in größere Gulaschwürfel (ca. 3,5 x 3,5 cm) geschnitten. Die Zwiebeln abziehen und nicht zu fein würfeln. Die Paprika halbieren, die Hälften nochmals quer halbieren und dann in ca. 2 cm breite Stücke schneiden. Den Speck fein würfeln, das Sauerkraut abtropfen lassen. 
  2. Nun die Fleischwürfel portionsweise bei starker Hitze in einem großen gusseisernen Topf oder ovalen Bräter in heißem Butterschmalz rundherum kräftig anbraten, dabei mit dem Vollrohrzucker bestreuen und leicht salzen. Das Fleisch beiseite stellen. 
  3. Die Speckwürfel in den Topf geben und gut anrösten, dann die Zwiebelwürfel und Paprikastücke, das Paprika- und Chilipulver und 1 TL Salz dazugeben. Alles kurz anbraten, dann die Fleischstücke mit in den Topf geben und alles vermischen. 
  4. Den Fond, die Sahne, das Tomatenmark und Oregano in einem Topf vermischen und erwärmen. In der Zwischenzeit das Sauerkraut mit zwei Gabeln etwas zerzupfen und das Kraut auf das Fleisch legen. (Verwendest Du Filder Sauerkraut, dann nur 2/3 des Krauts auflegen.) Die beiden Lorbeerblätter zwischen das Kraut schieben.
  5. Die erwärmte Fond-Sahnemischung über das Kraut gießen und alles mit Deckel bei kleiner Hitze auf dem Herd etwa 60 Min. schmoren lassen. Das in dieser Zeit zwei Mal umrühren. Nach 60 Min. den Topfdeckel einen Spalt öffen stehen lassen und noch einmal 20 bis 30 Min. schmoren lassen, anschließend den Deckel ganz abnehmen, das Gulasch kräftig durchrühren und weitere 20–30 Min. garen. Rund 3–4 Min. vor dem Garende die gehackte Petersilie einrühren. Hast Du Filder Sauerkraut verwendet, dann rühre nun auch die beisette gestellte Menge Kraut ein. Zu guter Letzt das Szegediner Gulasch eventuell mit Salz, Pfeffer und ein wenig Paprikapulver abschmecken. 
  6. Das Gulasch in tiefen Teller anrichten und einen Klecks Crème fraîche aufsetzen.
 
Zubereitungstipp: Wenn Du magst, kannst Du das Gulasch auch im Backofen schmoren. Dazu den Ofen auf 190 Grad vorheizen (Ober- / Unterhitze) und den Topf zugedeckt im heißen Ofen auf der untersten Schiene rund 2 Stunden garen. Das Kraut nach 30 und 60 Min. umrühren, nach 90 Min. den Deckel abnehmen und das Gulasch offen fertig garen.


". . . und überhaupt ein besserer Wohlgeschmack" - Filder Kraut

Steht bei mir Sauerkraut auf dem Speiseplan, dann wandert in den meisten Fällen ein Passagier der Slow Food Arche des Geschmacks in den Topf, und zwar das Filder Spitzkraut. Warum? Weil der Geschmack dieses Krauts um einiges milder und feiner ist als der von anderen Sauererzeugnissen aus rundem Weißkohl. Bereits in der ersten schriftlichen Erwähnung des Spitzkrauts aus dem Jahr 1772 weist der Bernhäuser Pfarrer Johannes Bischoff auf diesen geschmacklichen Unterschied hin: "Das weiße Spitzkraut ist das einzige, welches hier gepflanzt wird. Was das Filderkraut besonders geschätzt macht, ist seine feine Zartheit in den Blättern, seine weiße Farbe und überhaupt ein besserer Wohlgeschmack, worin es sich von dem in anderen Gegenden Gepflanzten auszeichnet."

Historische Werbung für Filder Sauerkraut von 1904
Angebaut wird das Filder Spitzkraut (BEZUGSQUELLEN siehe weiter unten) ausschließlich vor den Toren Stuttgarts in der Filder-Ebene, einem der ältesten Kohlanbaugebiete Deutschlands. Die regionale Kohlsorte ist zwar mit dem Weißkohl verwandt, allerdings handelt es sich bei ihr nicht um einen Rundkohl, sondern um eine hutförmige und spitz zulaufende Kohlsorte. Verglichen mit dem Rundkohl sind die Köpfe des Filder Krauts lockerer und feingliedriger. Die Sorte hat weniger und feinere Blattrippen, die Blätter sind zarter und der Geschmack ist feiner und milder. Bis heute ist laut Slow Food unklar, ob das Filder Spitzkraut durch eine spontane Mutation oder Züchtung entstanden ist. Nach neueren Überlieferungen soll seine Züchtung auf die Mönche des Denkendorfer Klosters zurückgehen. Fest steht: Urkundlich erwähnt wurde es erstmals 1772 - und seitdem gehört es zu den Ackerbauspezialitäten der württembergischen Region rund um Stuttgart. (Die Grafik hier links zeigt eine historische Reklame von 1904.)
Die Ökonomiesierung in der modernen Landwirtschaft hat der alten regionalen Kohlsorte allerdings zugesetzt, denn das Filder Spitzkraut ist für eine maschinelle Verarbeitung ungeeignet und muss von Hand geerntet werden. Mittlerweile werden nur noch rund 40 Hektar des Filder Spitzkraut angebaut. Da es eine vom Verschwinden bedrohte regionaltypische Kulturpflanzen ist, wurde es 2005 von Slow Food als Passagier der Arche des Geschmacks aufgenommen.

Geschmacklich ist das aus dem feingliedrigen Spitzkohl mittels Milchsäuregärung erzeugte Sauerkraut seinen derberen Verwandten aus rundem Weißkohl überlegen: Filder Sauerkraut ist saftiger und zarter, besitzt einen angenehm zwischen Säure und Süße ausbalancierten Geschmack und kann deshalb auch als Salat genossen werden. Um die feine Frische und milde Würze des Krautes zu erhalten, sollte Filder-Kraut nie bei zu großer Hitze und zu lange gegart werden. Mit einem Kniff sorge ich bei der Zubereitung zusätzlich dafür, dass der Geschmack und die einmalige Konsistenz des Krautes zur Geltung kommen. Ich gare die Menge nie komplett, sondern stelle rund ein Viertel des Krautes zunächst beiseite und gebe dieses erst ganz kurz vor dem Garende mit in den Schmortopf.


Service & Bezugsquellen

Filder Sauerkraut bekommst Du unter anderem hier:


KochTipp: Ein weiteres Gericht hier im Blog, bei dem Filder Sauerkarut zum Einsatz kommt, ist das Zanderfilet mit Filder Champagnerkraut - ebenfalls sehr lecker!


Getränketipp

Als Getränk zum Szegediner Gulasch empfehlen kann ich das Aktien Zwick'l Kellerbier, ein naturbelassenes, hefetrübes und ungefiltertes Bier der Bayreuther Bierbrauerei. Das dunkle, tief bernsteinfarbene Kellerbier aus Franken zählt zu den "Dauerbrennern" in meinem Getränkekeller. Es duftet nach Karamell und etwas Getreide, ein wenig Banane und Kräuter, hat eine feine Malznote und eine angenehme Süße, die durch die milde Hopfenwürze des Bieres schön aufgefangen wird. Ein sehr ausgewogenes, süffiges und harmonisches Bier, das auch stark aromatische, würzige und dezent scharfe Speisen wie dieses Gulasch gut zu begleiten weiß.

Ebenfalls gut zum Gulasch gepasst hat ein Grevensteiner Original, ein Landbier der Veltins Brauerei. Im Vergleich zum Zwick'l ist das mit urigen Malzen gebraute und gleichfalls naturtrübe Grevensteiner farblich heller. Das Karamellaroma sowie die Nuss- und Röstnoten sind dezenter, die fruchtigen Noten von Apfel, Holunder und grüner Banane ausgeprägter. Insgesamt ist die frische und fruchtige Dimension des Bieres des Grevensteiners im Vergleich zum malzigeren Zieck'l stärker, was aber auch gut zur feinen Sauerkraut-Aromatik des Szegediner Gulaschs passt.

Szegediner Gulasch mit Sauerkraut und Püree und Bier



Einkaufstipp: Klasse statt Masse!

Klasse statt Masse – lieber wenig Fleisch, dafür aber von guter Qualität, dieser Ratschlag gilt auch für Schweinefleisch. Doch woran erkennt man gutes Fleisch? Die Qualität eines Fleischstücks an der Fleischtheke durch bloße Ansicht zu beurteilen, ist nicht einfach bis fast unmöglich, zumal die Auszeichnung zumeist nicht mehr als den Fleischpreis pro Kilogramm verrät. Hier gilt dann: Lasse Dich am besten vom Metzger oder von den Fleischfachverkäufern beraten und frage nach, um was für ein Fleischstück es sich handelt, von welchem Tier es stammt und wo es herkommt. Denn tatsächlich gilt auch heutzutage immer noch der alte Sprich: Fleischkauf ist Vertrauenssache.
Klar ist aber auch: Gute Qualität hat ihren Preis. Ein Konsumverhalten wie früher wäre gut: Ein- bis zweimal pro Woche ein gutes Stück Fleisch, und an den anderen Tagen isst man fleischlos.

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Fotos: Moderne Topfologie