Tomatensugo dell‘Osteria - It's a fake, but i like it


Tomatensugo dell‘Osteria: Fruchtig-wuerzige Tomatensauce mit kleinen Gemuesewürfeln, Pastis und Safran, Basilikum und Parmesan



04|06|2014   Wie bringt man es in Sekundenschnelle fertig, dass sich alle zehn Zehennägel italienischer Freunde vor Gram und Schmerzen aufrollen? Nichts einfacher als das: Erzähle einfach, dass Du bei Deinem letzten Italien-Trip ganz, ganz unbeschreiblich gut in dieser kleinen, total pittoresken (und jetzt Konzentration) Tratto(ooo)ria (auszusprechen mit einem lang gezogenen betonten „O“) gegessen hast. Alternativ kannst Du das auch mit dieser kleinen, total pittoresken (und jetzt Konzentration) Oste(eee)ria (auszusprechen mit einem lang gezogenen betonten „E“) machen - wirkt mit Sicherheit genauso gut!


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Aber echt, muss man sich denn ob dieses kleinen Betonungsfehlers wirklich so aufregen? Klingt doch irgendwie sympathisch, so ein bisschen nach rheinländischem Slang a la: „Un dann han ich in d' kröppelig Oste(eee)ria lecker jefodert! Son Jemösgedöns mit Domaten op d' Paschda drüwer - en äch Tillekateß! Letzteres glaube ich meinem rheinländischen Kumpel auf's Wort, denn auch ich bin ein großer Freund einer guten Tomatensauce mit fein gewürfelten Gemüsestückchen. Die Zubereitung ist kein Hexenwerk: Klein geschnittenes Suppengemüse wird in Olivenöl angeschwitzt, dann mit Tomaten angegossen und eingekocht – fertig ist das Sugo oder Ragù finto.

Gefälschte Fleischsauce mit Pasta

 
Das Ragù finto - auch Sugo toscano genannt - stammt aus der Cucina povera, der Arme-Leute Küche. Dort ersetzte es das „echte“ Ragù (die Fleischsauce). Statt des (Hack)Fleisches kam klein geschnittenes Gemüse in den Topf, das dort zusammen mit Tomaten zur Illusion einer Fleischsauce einschmörgelte. So dolle werde ich es hier nicht treiben, denn beim hier vorgestellten Gemüse-Tomatensugo gibt es nicht zu verheimlichen. Im Gegenteil: Denn die vielen kleinen und noch weitestgehend bissfesten Gemüsewürfel machen den einen Teil des Charmes dieses Sugo aus - der andere stammt von der Würzung mit Pastis und Safran. Das Rezept stammt aus dem „Feinschmecker“-Sonderheft 3 / 1999 und firmiert dort unter dem Titel Tomatensauce dell‘Osteria. Zusammen mit der Sauce al pomodoro, die ich hier vorstellt habe, bildet die Tomatensauce dell‘Osteria mein unschlagbares „Duo Infernale“ in Sachen Tomatensaucen. Soll es schnell, pur und konzentriert auf das Tomatenaroma zugehen, dann kommt erstere zum Einsatz, soll es etwas üppiger, ausgefallener und aromatisch vielschichtiger zugehen und ist zudem ausreichend Zeit zum Gemüseschnibbeln, dann die Zweite.


Tomatensauce dell‘Osteria

Rezept für Pasta mit Tomatensugo dell‘Osteria


Zutaten  |  für vier Personen

  • 2 Möhren, mittelgroß
  • 1 Selleriestange mit Grün
  • 1 Zwiebel
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1,2 kg Tomaten
  • 4 EL Olivenöl
  • 4 TL Pastis
  • 2 Spritzer Tabasco
  • 2–3 Msp. Cayennepfeffer
  • Meersalz
  • schwarzer Pfeffer
  • Safran, 4 Fäden oder 1 Messerspitze gemahlenen
  • ca. 300 ml Kalbs- oder Hühnerfond
  • 750 g Röhrenpasta, vorzugsweise Tortiglioni oder Penne Rigate
  • 1 Stück Parmesan (ca. 130 g)
  • einige Zweige glatte Petersilie
  • 1 TL Puderzucker
  • 2 Thymianzweige
  • einige Stängel frisches Basilikum


Zubereitung  |  ca. 60 Min.

  1. Schneide die Möhren, die Selleriestange, die Zwiebel und den Knoblauch in kleine Würfel und hacke die Hälfte des Selleriegrüns. Häute die Tomaten. Bringe dafür ca. 1,7 Liter Wasser zu kochen. Lege die gewaschenen Tomaten in einen großen oder in eine Schüssel und überbrühe sie mit dem kochenden Wasser. Alle Tomaten sollten möglichst komplett vom Wasser umhüllt sein. Nach einigen Minuten (je nach Festigkeit der Tomaten ca. 4 bis 6) das heiße Wasser abgießen und die Tomaten unter fließendem kaltem Wasser abschrecken. Anschließend die Haut von den Tomaten abziehen. Dann die Tomaten halbieren und den harten Strunk herausschneiden. Das Kerngekröse in ein Spitzsieb ausstreichen, unter das Du vorab eine Auffangschüssel gestellt hast. Die entkernten Tomaten in Würfel schneiden. Fertig damit? Dann das Kernegedöns mit einem Esslöffel durch das Spitzsieb streichen und das Tomatenwasser auffangen. Warum es wichtig ist, das Tomatenwasser aufzufangen, das kannst Du in meinem älteren Beitrag zur klassischen Tomatensauce nachlesen.
  2. Brate die Gemüsewürfel in einer Pfanne (optimal ist eine große Gusseisenpfanne mit hohem Rand und Deckel) in dem Olivenöl ca. 5 Min. bei gelegentlichem Wenden an. Dann gib die Tomatenwürfel dazu und dünste diese 3–4 Minuten mit. Jetzt 3 TL vom Pastis dazugeben und eine weitere Minute dünsten. Dann 2 Spritzer Tabasco und 2–3 Msp. Cayennepfeffer, den gestrichenen TL Meersalz, etwas grob gemahlenen schwarzen Pfeffer, das gehackte Selleriegrün und die Safranfäden dazugeben. Solltest Du Safranpulver benutzen, dann gib dieses später, und zwar zu Beginn der Abschmeck-Phase, dazu. 
  3. Gieße dann das aufgefangene Tomatenwasser in einen Messbecher und fülle mit dem Fonds auf 500 ml auf. Die Flüssigkeit in die Pfanne gießen und alles bei mittlerer Hitze ohne Deckel und bei gelegentlichem Umrühren ca. 25 bis 30 Min. köcheln lassen. In dieser Zeit kannst Du Folgendes erledigen: Die Pasta kochen. Den Parmesan fein hobeln (nicht reiben!) - dazu eignet sich zum Beispiel ein Trüffelhobel sehr gut. Die Petersilie hacken. Den Rest des Selleriegrüns in Stücke zupfen.
  4. Jetzt, rund 5 Minuten vor dem Ende der Garzeit, beginnt das Abschmecken. Lege die Thymianzweige ein, gib noch 1 TL Pastis in das Sugo, würze mit Salz und schwarzem Pfeffer, gib bei Bedarf einen halben oder ganzen TL Puderzucker dazu und streue das Petersilie- und Selleriegrün ein. Deckel drauf, alles noch einmal 60 Sekunden Hitze ziehen lassen, fertig!

Anrichten

Zumeist stelle ich den Pastatopf, die Pfanne mit dem Sugo und den gehobelten Parmesan einfach auf den Tisch, so dass jeder selbst zugreifen und beides auf seinem tiefen Teller verrühren kann. Alternativ bietet es sich an, ca. die Hälfte des Sugo plus eine halbe Suppenkelle Kochwasser mit der fertigen Pasta zu vermengen, dann Portionen auf die Teller zu verteilen und etwas von dem restlichen Sugo auf jede Portion aufzusetzen.

Noch die Zutatenliste im Kopf? Richtig, da war noch was, und zwar frisches Basilikum. Davon kann sich jeder je nach Gusto einige Blätter (mit den Fingern zerzupft oder mit einer Schere zerschnitten) über die Pasta streuen. Ob mit oder ohne Basilkum: dieses Sugo ist ein echten Schmakofatz - garantiert!


Randnotiz
 
1999 bin ich das erste Mal auf das Rezept für dieses Sugo gestoßen - und seither habe ich es unzählige Mal gekocht. Das erstaunliche daran ist: Rezepte, die ich über Jahre immer wieder koche, verändern sich diese durch mein Drehen an den aromatischen Stellschrauben (Veränderungen bei den Zutaten, den Gewürzen oder Zubereitungsmethoden) oft deutlich - nicht so bei diesem Sugo. Bis auf ein, zwei marginale Änderungen ist das Originalrezept unverändert erhalten geblieben - weshalb ich vor dem mir unbekannten Schöpfer tief meinen Hut ziehen muss.