Mont d'Or AOP - der goldene Berg am Käsehimmel


Mont d'Or Käse aus dem französischen Jura.

23|09|2014   Heute kurz vor Mittag schleppte ich mich müde durch die Stadt, die fahle Herbstsonne schien mir kraftlos ins Gesicht und ich dachte: September, September - erst vorgestern war Frühling, und jetzt . . . September. Wo ist denn nur der Sommer gewesen? Oh, man, verfluchter September! September? Da war doch was, das ist doch der Monat, in dem, da kommt doch immer der, da sollte ich doch gleich mal, da mache ich aber sofort einen Schlenker zum, da schaue ich doch gleich mal kurz auf dem Wochenmarkt vorbei, da . . . daaa liegt er ja - tatsächlich: Von der Auslage des Käsestandes her strahlt er mich mit seinem feinem, zarten Cremeweiß an: ein Mont d'Or Käse aus dem französischen Jura, der erste der neuen Herstellungs- und Verkaufsperiode, wow!

Mont d'Or und Comté


Seit ich vor einigen Jahren erstmals mit der Familie Urlaub im Schatten des französischen Jura-Massivs in der von Touristen wenig beachteten Franche-Comté im Osten Frankreichs gemacht habe, bin ich ein großer Fan zweier dort beheimateter Käsesorten: vom Comté, der für einen eingeschworenen Zirkel als bester Rohmilch-Hartkäse der Welt gilt, und von dessen zartschmelzender Schwester Mont d'Or, einem feinwürzigen, unglaublich cremigen Rohmilch-Weichkäse. Beide Käse tragen das AOP-Siegel für eine geschützte und kontrollierte kontrollierte Herkunftsbezeichnung (Appellation d’Origine Protégée, früher als AOC - Appellation d’Origine Contrôlée - bezeichnet), ja, der Comté darf sich sogar rühmen, 1952 als erster Käse überhaupt ein AOC-Siegel erhalten zu haben. Während der würzige Hartkäse Comté ein echtes Schwergewicht ist (ein Laib hat einen Durchmesser von 75 Zentimetern und wiegt stolze 35 Kilogramm), kommt der Mont d'Or - auch Vacherin du Haut-Doubs genannt - leichtgewichtiger daher: dessen Laib gibt es in vier Größen von 500 Gramm bis 3 Kilogramm, wobei die 500 Gramm Variante am häufigsten im Handel zu finden ist - allerdings nicht immer, denn Mont D'Or wird nur von September bis April verkauft.


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Der kickt in der Champions-League der Weichkäse


Produziert wird der Weichkäse auch auf der Schweizer Seite des Jura, dort wird er Vacherin Mont d'Or genannt. Für beide gelten die gleichen strengen Bestimmungen für Erzeugnisse mit geschützter und kontrollierter Herkunftsbezeichnung, einen Unterschied gibt es allerdings: Der französische Mont d'Or wird aus Rohmilch gefertigt, der Schweizer Mont d'Or aus erwärmter Milch. Geschmacklich spielt der Mont d'Or in der Champions-League der Weichkäse. Unter seiner cremeweißen bis beige-bräunliche Rinde (je nach Reifegrad des Käses) verbirgt sich ein geschmeidiger, leicht fließender und unglaublich cremiger Teig von elfenbeingelber Farbe, der zugleich mild und unglaublich würzig ist. Der Geschmack ist leicht salzig und kombiniert ein dezentes Holz- und Fichtenharzaroma, das vom Reifen im Fichtenbast herrührt, mit einer feinen Würze und grasigen Komponenten. Esse ich ein Stück Mont d'Or, dann macht‘s bei mir „klick“ und ich stehe im Jura auf einer frisch gemähten Bergwiese und blicke auf ein von der Sonne beschienenes imposantes Bergpanorama.


Mont d'Or AOP Käse aus dem französischen Jura.


Zwei Besonderheiten sind für den Mont d'Or prägend: Während seiner Reifung im Keller wird er von einem Band aus Fichtenbast umspannt, dass den Käselaib in Form hält und zu dessen besonderem Geschmack beiträgt. Dann wird er in eine Schachtel aus Fichtenholz verpackt, in der er seine endgültige Reife erlangt und anschließend auch verkauft wird. Zum anderen kommt er nur in einem bestimmten Zeitraum des Jahres zum Konsumenten. Die Herstellung ist saisonal auf den Zeitraum vom 15. August bis 31. März beschränkt, in den Handel gelangen die kleinen hübschen Mont d'Or-Schachteln nur von - genau - September bis April.


Direkt auf's Brot oder als Mini-Käsefondue


September also: Jetzt heißt es auch bei uns wieder das Opinel Nr. 8* zur Hand genommen, denn bei einem familiären Käseabend wird der Mont d'Or stilecht mit einem der französischen Klappmesser direkt aus der Schachtel auf Brotscheiben (zumeist auf Pain Boulot oder auf ein Nussbrot) gestrichen. Doch auch warm genossen ist der cremige Käse eine Wucht: Dazu wird der Rohmilchkäse einfach direkt in der dann mit Alufolie umwickelten Holzschachtel mit einem Glas Weißwein begossen und im Backofen rund 30 Minuten erwärmt - fertig ist das Mini-Käsefondue (Rezept siehe unten), zu dem Brotstückchen oder gepellte Salzkartoffeln die Begleitmusik spielen. Zum Mont d'Or mit „Zimmerbetriebstemperatur“ passt ein Glas Weißwein (regionaltypisch wäre ein Weißer aus dem Jura, es passen aber auch ein Silvaner oder Grauburgunder) oder ein nicht zu schwerer, nicht zu tanninhaltiger Rotwein, beispielsweise ein Burgunder oder ein trockener Portugieser. Zum Mont d'Or mit Ofentemperatur kannst Du auch einen Vin Jaune (eine weitere Weinspezialität des Jura) genießen, der geschmacklich an Amontillado-Sherry erinnert. Eine schöne Einführung in die Welt der Jura-Weine findest Du auf der Internetseite von „Black ink“, und zwar hier.


Rezept für Mont d'Or aus dem Backofen


Zutaten  |  für 1 bis 2 Pers.

  • Mont d'Or (500 g Schachtel)
  • 4–5 Zweige frischen Thymian
  • 2 Koblauchzehen (oder kein Knoblauch)
  • 100 ml Weißwein 

Beilagen

  • Weißbrot oder Salzkartoffeln


Zubereitung | ca. 40 Min.

    1. Den Käse am Tag der Zubereitung frühzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, so dass er genug Zeit hat, auf Zimmertemperatur zu kommen. Entferne dann zunächst den Holzdeckel, stelle die Holzspanschachtel in den Deckel und wickele die Schachtel in Alufolie ein, so dass im Backofen kein Käse auslaufen kann. Wer das Glück hat, eine passgenaue backofenfeste Keramikform zu haben, kann die Käseschachtel auch dort hinein stellen.
    2. Den Backofen auf 200 °C (Ober- / Unterhitze) vorheizen. Den Käse sternförmig einschneiden. Dann die Messerspitze ca. 1,5 cm zwischen Käse- und Schachtelrand einstecken und rundherum entlangfahren, so dass die Käserinde etwas vom Rand gelöst wird und so auch dort der später aufgeschüttete Wein enläuft. Streue dann die von den Zweigen gezupften Thymianblätter über den Käse und drücke einige davon auch in die Schnitte hinein. Wer mag, kann auch noch Knoblauch hinzufügen. Dazu die Zehen in Stifte schneiden und diese in den Käselaib stecken, und zwar komplett, da sonst die Gefahr besteht, dass der Knoblauch während der Backzeit verbrennt. Anschließend den Wein über den Käse und die Rinde gießen. 
    3. Den Mont d'Or auf mittlerer Einschubhöhe oder knapp unter dem mittleren Einschub in den Ofen schieben rund 30 Min. backen, bis das Innere des Käses schön zerlaufen ist - und fertig ist das Mini-Käsefondue. Mit Gabeln Brotwürfel in den geschmolzenen Mont d’Or tunken oder löffelweise etwas von dem Käse über geschälte Salzkartoffeln träufeln. Wohl bekomm's!

    Mont d'Or Käse aus dem französischen Jura. #Käse #Frankreich #MontdOr
    Mont d'Or frisch aus dem Backofen.

     

    Tipps


    Mont d'Or aufbewahren: Wer einen Keller mit konstant zehn bis 12 °C Temperatur und einer hohen Luftfeuchtigkeit um die 70 % hat, kann dort den Mont d'Or lagern. Ansonsten: Ab damit in das Käseabteil des Kühlschrankes. Da Kälte austrocknet, die Käseschachtel vorher mit etwas Alufolie umwickeln.

    Mont d'Or einfrieren: Das geht auch. Einen Tag vor der geplanten Verzehr die Käseschachtel im Kühlschrank langsam auftauen lassen, am Tag des Verzehrs außerhalb des Kühlschrankes auf Zimmertemperatur bringen. Einmal eingefroren und aufgetaut, sollte der Mont d'Or aufgegessen werden, da der Teig sonst dünnflüssig wird.

    Reifegrad: Einen reifen Mont d'Or erkennst Du daran, dass sich die Käserinde leicht in Falten gelegt hat. Wer einen noch nicht reifen Mont d'Or mit noch heller, glatter Rinde gekauft hat, kann ihm etwas auf die Sprünge helfen. Der Tipp von Kochbuchautorin Marianne Kaltenbach*: “Kleine Vacherin bringt man rasch zur gewünschten Reife, wenn man die Oberfläche mit ein wenig Wasser bestreicht und den Käse bei Küchentemperatur ein bis zwei Tage ruhen lässt“.

    Flaum: Ein weißer Flaum auf der Oberfläche des Mont d'Or ist ein natürliches Phänomen, das laut der Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP weder den Geschmack des Weichkäses beeinträchtigt noch gesundheitsschädlich ist. Man kann den Flaum entfernen, indem man mit einem feuchten Haushaltpapier sanft über die Oberfläche des Käses reibt.


    Service & Bezugsquellen

    Sollte jeder in der Tasche haben – und nicht nur jeder Franzose: das französische "Urmesser" Opinel Nr. 8 bekommst Du unter anderem hier*.


    Randnotiz Jura & Franche-Comté

    Geschützte Naturlandschaften und Flüsse, Wasserfälle, Almen und Tannenwälder, prächtige Seen, Städte und Dörfer mit einem reichen Erbe, Weinanbau und berühmte Weingüter, köstliche Käse, vielseitiges Handwerk . . . viele Trümpfe und Reichtümer machen aus dem Jura ein entdeckenswertes Ziel für Reisende, Naturfreunde, Weinfreunde und Feinschmecker.

    Auf rund 300 Kilometern Länge teilen sich die Schweiz und Frankreich in aller Freundschaft das Gebirgsmassiv des Jura. Mit etlichen Bergen oberhalb der 1500 Meter Marke, der Crêt de la Neige erreicht sogar 1720 Meter, erweist sich das annähernd halbmondförmige Massiv im Winter als traumhaftes Revier für den Skilanglauf. Mehr als 2500 Kilometer gespurter Loipen aller Schwierigkeitsgrade durchziehen die weiten Hochflächen zur Winterszeit. Im Sommer verwandelt sich die Bergwelt des Jura in ein Paradies für Rad- und Wandertouren. Wie die Pyrenäenhat auch das Jura "ihren" Wanderweg-Mythos, die GT (Grande Traversée). Zwischen Mandeure und Culoz führt die Strecke durch die landschaftlich schönsten Jura-Gebiete, zum Teil im regionalen Naturpark des Hoch-Jura gelegen.

    Flüsse wie der Doubs haben sich oft tief in den Untergrund aus Kalkstein eingefressen und tiefe Canyons gebildet. Grandiose Naturschauspiele bieten sich etwa am "Saut du Doubs", ein Wasserfall von 27 Metern, den man auch bequem mit dem Ausflugsschiff erreichen kann. Darüber hinaus locken mit den Kaskaden des Hérisson (31 aufeinanderfolgende Wasserfälle), der Quelle der Loue, den Wasserfällen und Grotten Baume-les-Messieurs, oder den Grotten von Poudrey zahlreiche reizvolle Ausflugsziele.

    Das französische Département Jura grenzt im Norden an das Département Haute-Saône, im Osten an das Département Doubs und den SchweizerKanton Waadt, im Süden an das Département Ain, im Westen an das Département Saône-et-Loire sowie im Nordwesten an das Département Côte-d’Or. Es wurde am 4. März 1790 aus Teilen der Freigrafschaft Burgund gebildet.
    Von 1960 bis 2015 gehörte es zur Region Franche-Comté, die 2016 in der Region Bourgogne-Franche-Comté aufging.


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