23|10|2014 Erst jüngst habe ich euch hier von meiner Vorliebe für zwei Käse aus der Region Franche-Comté erzählt, und zwar vom "Goldenen Berg" am Käsehimmel, dem Mont d'Or, und vom wohl besten Rohmilch-Hartkäse der Welt, dem Comté. Was ich damals tatsächlich unterschlagen habe: Neben diesen beiden Fixsternen am Käsehimmel über dem Jura-Massivs leuchtet noch ein dritter, und den möchte ich euch heute vorstellen, um das goldgelbe strahlende Dreigestirn voll zu machen: den Morbier AOP (Appellation d’Origine Protégée). Gleich mitgeliefert wird ein Rezept für ein herzhaftes Schinken-Bauernbrot, das mit Morbier überbacken wird.
Morbier aus dem Franche-Comté
Ich bin kein großer Käse(er)kenner vor dem Herrn. Die immense Auswahl in der Auslage meines Käsehändlers finde ich höchst faszinierend, aber auch irritierend. Die Zahl der geronnenen Milcherzeugnisse aus aller Welt ist Legion - wer will und kann sich da schon alle Namen und geschmacklichen Eigentümlichkeiten merken? Rund acht bis zehn meiner bevorzugten Käse kann ich zweifelsfrei identifizieren - aber dann hört es bei mir auch schon auf. Wie gut, dass es mir der Morbier da ganz einfach macht, denn er hat ein Merkmal, das ihn unverkennbar macht: Waagerecht und mittig durch den Käselaib verläuft ein deutlich sichtbarer dünner Streifen aus dunkler Pflanzenasche. Bingo! Das ist unübersehbar - meinen Morbier erkenne ich.
Als halbfester Schnittkäse ist der Morbier das Bindeglied zwischen seinen beiden Geschwistern aus dem französischen Departement Jura, dem Weichkäse Mont d’Or und dem Hartkäse Comté. Der geschmeidige Teig des Morbier ist elfenbeinfarben bis hellgelb und markant von der typischen blauschwarzen Ascheader durchzogen, die wie ein naturbelassener Fluss mittig durch den Käselaib mäandert. Seine Rinde ist dünn und ebenfalls relativ hell, Aroma und Geschmack des Käses variieren je nach Reifezustand von mild, rahmig und feinwürzig über leicht fruchtig bis kräftig cremig-aromatisch.
"Schichtarbeit" in kleinen Jura-Bauernhöfen
Woher die für den Morbier typische blauschwarze Ascheader stammt? Deren Ursprung liegt im 18. Jahrhundert. Zu jener Zeit machten es Eis und Schnee den Jura-Bauern oft unmöglich, ins nächste Dorf zu einer der größeren Käsereien zu kommen, die aus der Milch der kleinen Berghöfe die mächtigen, bis zu 50 Kilogramm schweren Comté-Räder erzeugten. Was also tun? Na klar, selbst Käse machen! Doch die bei einem Melkgang gewonnene Milchmenge reichte für die Erzeugung eines größeren Käselaibes allein nicht aus. Und nun? Die findigen Bauern stellten auf „Schichtbetrieb“ um. Sie kästen zunächst die Morgenmilch ein und streuten dann zum Schutz Pflanzenasche auf. Diese schützte vor Austrocknung, verhinderte, dass sich auf dem Bruch eine Kruste bildete und bot zugleich einen Schutz vor Verkeimung. Am Abend wurde dann die Abendmilch gekäst und auf die Ascheschicht gegeben, so dass der Käse Schicht um Schicht bis zu einem Gewicht von sieben bis zehn Kilogramm wuchs. Voilà!
Morbier-Bauernbrot mit Schinken und Waldpilzen
Rezept für Morbier auf Bauernbrot mit Schinken und Waldpilzen
Zutaten | für 8 Morbier-Brote
- 2 Schalotten, in feine Ringe geschnitten
- 8 Scheiben Bauernbrot (mit einer festerenTeigstruktur)
- ca. 80-100 ml Weißwein, trocken (Arbois, Sancerre, Silvaner, Veltliner)
- 8 große Scheiben luftgetrockneter Schinken (alternativ Wacholder-Kochschinken)
- schwarzer Pfeffer
- 16 Scheiben Morbier (2 pro Brotscheibe, je nach Brotscheibengröße auch etwas mehr oder weniger Morbier)
- 4 EL Olivenöl
- 4 EL Weißwein
- ca. 250 g aromatische Pilze (Pfifferlinge, Steinpilze, Shitake, Kräuter-Saitlinge)
- 2 EL Butterschmalz (alternativ Sonnenblumenöl oder Olivenöl)
- Salz
- schwarzen Pfeffer und Salz
- etwas glatte Petersilie, gehackt
- einige Blätter rote Brunnenkresse
Zubereitung | 30 Minuten
- Das geht ruck zuck: Den Backofen auf 180 Grad Ober- / Unterhitze vorheizen, die Schalotten in feine Ringe schneiden. Die Brotscheiben in eine große Backform oder auf ein Backblech legen und diese mit den ca. 80-100 ml Weißwein beträufeln - je nach Größe der Scheiben brauchst Du dafür ca. 1–1,5 Esslöffel Wein pro Scheibe. Achte darauf, dass dabei besonders die Krume des Brotes gut mit Wein durchfeuchtet wird. Nun in folgender Reihenfolge auflegen: die Schinkenscheiben, die Zwiebelringe, frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer (kein Salz!) und die Morbier-Scheiben, von denen Du vorab die Rinde abgeschnitten hast. Die Käsescheiben sollten die Brotscheiden komplett bedecken. Ein Salzen der Scheiben ist meiner Erfahrung nach nicht nötig, da der Schinken und der Käse ausreichend Salz mitbringen. Falls Dir das doch nicht reicht, salze erst nach dem Backen der Brotscheiben nach.
- Nun die 4 EL Olivenöl und 4 EL Weißwein miteinander verschlagen und damit die belegten Brotscheiben benetzen / bepinseln. Die Scheiben für circa 15 Minuten in den vorgeheizten Backofen geben. Gegen Ende der Backzeit immer mal wieder einen Blick in den Ofen werfen: Der Käse sollte leicht zerlaufen und hell bräunen, aber nicht verbrennen.
- In der Zwischenzeit die Pilze reinigen (abbürsten), in Scheiben schneiden, in einer Eisenpfanne mit dem Butterschmalz (alternativ dem Öl) anbraten und zum Schluss salzen, pfeffern und mit der gehackten Petersilie vermengen.
- Die Morbier-Brotscheiben aus dem Ofen holen, auf Teller verteilen, die Pilze und einige Blätter Brunnenkresse darüber geben, fertig!
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Noble Schönheit: der Morbier. |
Tipps
Keine Pilze zur Hand? Macht nichts! Die gebackenen Morbier-Bauernbrotscheiben schmecken auch so vorzüglich. Gut dazu passen erfahrungsgemäß Beilagen mit einer säuerlichen Komponente, so zum Beispiel ein frisch und schnell mit einer Essig-Öl-Vinaigrette angerichteter Kopfsalat.
Zwei Morbier-Brotscheiben und ein Blattsalat ergeben eine kleine Mittags- oder Zwischenmahlzeit. Eine gute Figur machen die Scheiben aber auch als Bestandteil eines Käse-Wein-Abends - wie wir ihn gerne zum Abschluss der Arbeitswoche zelebrieren - kann ich zur Nachahmung ebenfalls nur empfehlen.