Vorsprung durch Hitze: Crème brûlée lauwarm
Bereits mehrfach gelungen ist mir dieser Coup mit der Crème brûlée. Die traditionelle französische Süßspeise ist im Prinzip einfach herzustellen und jeder Profikoch kann sie jederzeit mit auf dem Rücken festgebundenen Händen und verbundenen Augen zubereiten. Allerdings: Mal um Mal schlägt meine gebrannte Vanille-Creme die Konkurrenz aus der Profi-Küche durch eine einfachen Kniff aus dem Rennen. In der Gastronomie wird die Creme traditionell kalt mit frisch karamellisierter Zuckerkruste serviert - bei mir kommt sie zwar etwas abgekühlt, aber noch lauwarm und mit frischer Karamell-Kruste auf den Tisch. Der Effekt liegt auf der Hand: Die Wärme sorgt nicht nur für ein angenehmes Mundgefühl, sondern bringt im Vergleich zur Kühlschrankversion auch die Aromen der Creme um ein Vielfaches intensiver zum Klingen. Ich lehn' mich hier mal aus dem Fenster und behaupte: Wer einmal eine gute lauwarme Crème brûlée gegessen hat, der wird künftig bei den kalt servierten Vertretern dieser Vanille-Creme leicht befremdet die Stirne kräuseln und denken: "Hm! Moment mal, da stimmt doch was nicht. Müsste das nicht warm serviert werden?"
Eigelb, Sahne, Zucker und Vanille - mehr braucht es im Prinzip nicht für eine Crème brûlée. Auf der Basis dieser Grundzutaten spielt jeder Koch zumeist mit einigen anderen zusätzlichen aromatischen Komponenten: So machen Zimt, Zitronenschale, Orangensaft- oder Orangenabrieb, Ingwer oder Mandelmilch in der Vanillecreme eine gute Figur. In meine Crème brûlée hinein kommen nehmen der sehr geschmacksintensiven Tahiti-Vanille etwas Zimt und Zitronenschale sowie meine "Spezialzutat": ein kleines Lorbeerblatt. Der Lorbeer sorgt in der vom Vanille-Geschmack dominierten Creme für einen dezenten Akzent, eine minimal aromatische Verschiebung, die zwar schmeckbar, aber kaum identifizierbar ist. Spannend!
Himbeeren à la Vakuumgaren für Arme
Als fruchtige Ergänzung kombiniere ich die Creme gerne mit Himbeeren, die ich in jüngster Zeit oft nach der "Méthode sous vide pour pauvres" zubereitet habe. Die Methode des Vakuumgarens für Arme (also ohne teures Profi-Equipment wie Vakuumgerät, Sous-vide-Thermostat oder speziellem Sous-vide-Garer) praktiziere ich mit haushaltsüblichen Gerätschaften, und zwar mit einem oder zwei Gefrierbeuteln, einem Topf mit großem Durchmesser, einem kleineren Topfdeckel und einem Fleischthermometer. Wie das zum Einsatz gebracht wird, erläutere ich unten. Nun zunächst zum Rezept.
Rezept für Crème brûlée mit Himbeeren
ZUTATEN für die Crème brûlée | für 8 Schälchen
- 400 ml Sahne
- 200 ml Milch
- 6 Streifen Zitronenschale
- 1/2 Zimtstange
- 1 Schote Tahiti-Vanille* oder Südsee-Vanille*
- 1 kleines frisches Lorbeerblatt (oder 2 kleine getrocknete)
- 5 Eigelb
- 65 g Zucker für die Creme
- 65 g feiner Zucker (ca. 8 gehäufte TL) für die geflämmte Zuckerkruste
- 250 g frische Himbeeren
- 2 EL hausgemachter Vanillezucker (siehe Info unten)
ZUBEREITUNG der Crème brûlée | ca. 30 Min. plus ca. 40 Min. Abkühlzeit und 50 Min. Garzeit
- Die Milch und Sahne in einen kleinen Topf gießen. Außerdem zugeben: 6 Streifen Zitronenschale (z. B. mit einem Trüffelhobel* abgerieben), die ½ Zimtstange und das frische Lorbeerblatt / die getrockneten Lorbeerblätter. Die Vanilleschote längs aufschneiden, das Mark herauskratzen und die Schote dritteln. Die Schotenstücke in den Topf geben und alles kurz aufkochen. Topf vom Herd ziehen, das Vanillemark einrühren und rund 20 Min. mit geschlossenem Deckel ziehen lassen. Dann den Deckel abnehmen und nochmals 10 Min. abkühlen lassen.
- Die Eigelbe mit dem Zucker über einem Wasserbad cremig schlagen, dann die Vanille-Sahne unter ständigem Rühren langsam zu den Eiern geben, dabei ständig weiter rühren. Die Creme anschließend in eine kühle Schüssel umgießen, damit sie nicht weiter stocken kann, und rund 30–40 Min. abkühlen lassen. In dieser Zeit den Backofen auf 90 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
- Die Creme durch ein Haarsieb gießen, eventuell vorhandenen Schaum abschöpfen (damit die Creme eine glatte Oberfläche bekommt) und vorsichtig in 8 ofenfeste Förmchen gießen. In den vorgeheizten Ofen stellen und rund 60–90 Min. stocken lassen. Die genaue Zeit bis zum Stocken hängt unter stark vom Durchmesser der Förmchen ab. Je breiter die Form und geringer die Füllhöhe, desto eher stockt die Masse. Du hast ein Küchenthermometer mit feinem Messfühler? Perfekt! Dann bestimme über die Kerntemperatur den optimalen Gargrad. Die Crème brûlée sollte eine Kerntemperatur von 81 °C erreichen. Anschließend die Creme bei Zimmertemperatur ab-, aber nicht auskühlen lassen, denn sie sollte beim Servieren noch leicht warm sein! Während die Creme im Ofen stockt, ist Zeit, um die Himbeeren à la "Méthode sous vide pour pauvres" zuzubereiten - siehe die Beschreibung unten.
- Zum Karamellisieren die Vanillecreme möglichst gleichmäßig mit feinem Zucker bestreuen und mit einem Bunsenbrenner karamellisieren. Das funktioniert mit einem Gasbrenner mit Wechselkartusche aus dem Baumarkt oder mit einem spezielle Flambierbrenner* für die Küche. Wer keinen Brenner hat, karamellisiert die Creme unter den Grill des Backofens. Sobald sich der Zucker in eine schöne braune Karamellkruste verwandelt hat, ist die Crème brûlée fertig - voilà!
- Während die Creme im Ofen stockt, ist Zeit, um die Himbeeren à la "Méthode sous vide pour pauvres" zuzubereiten. Zunächst erhitze ich in einem Topf mit großem Durchmesser Wasser auf ca. 65 °C (mit Fleischthermometer* kontrollieren). Auf kleinster Flamme wird die Temperatur nun auf rund 60 bis 65 °C gehalten.
- Nun die Beeren zunächst mit zwei Esslöffel selbst erzeugten Vanillezucker überstreuen und diese dann vorsichtig in wärmebeständige Gefrierbeutel (minimal bis plus 90 °C) mit Standboden und Reißverschluss geben - entweder alle Beeren in einen 3-Liter-Beutel oder aufgeteilt in zwei 1-Liter-Tüten. Fülle nun einen zweiten hohen Topf mit kaltem Wasser. Tauche darin die Beutel mit den Beeren vorsichtig unter, so dass die Luft vom Wasser nach oben aus dem geöffneten Beutel herausgedrückt wird. Ist die Luft weitestgehend entwichen, den Zipper des Gefrierbeutels schließen und die Beutel in das vorbereitete Wasserbad im Topf legen. Damit die Beutel nicht aufschwimmen (ein bisschen Luft ist ja noch drin) beschwere ich sie mit einem kleinen Topfdeckel, der nur die Hälfte des Durchmessers des großen Topfes hat. Nun den / die Beutel ca. 30 Min. in dem Wasserbad bei konstant 60–65 °C liegen lassen, dabei den / die Beutel zwei bis drei Mal wenden.
- Ist etwas Saft aus den Beeren ausgetreten, sind diese fertig. Den / die Beutel aus dem Wasserbad herausnehmen und die Himbeeren vorsichtig in eine Schüssel umfüllen.
ANRICHTEN
Service & Bezugsquellen
Vanillezucker ist super einfach selbst zu machen und schlägt die industriell erzeugte Variante geschmacklich um Längen. Dazu ausgekratzte und auf einem Stück Papier getrocknete Schoten zusammen mit herkömmlichen weißen Haushaltszucker (pro Schote rund 100 g. Zucker) in ein luftdicht verschließbares Einmach- oder Schraubglas geben und mindestens zwei Wochen ziehen lassen. Der Vorrat geht zur Neige? Kein Problem, die Vanilleschoten geben über mehrere Monate Aroma ab. Einfach Zucker nachfüllen und das geschlossene Glas kräftig schütteln.
Eine Alternative: Wer eine geeignete Mühle besitzt, kann Vanillezucker auch herstellen, indem er sehr gut getrocknete Vanilleschoten zusammen mit Zucker fein vermahlt.
Tahiti-Vanille* oder Südsee-Vanille* kaufe ich - wie unter anderem auch Safran* und schwarzen Bio-Pfeffer* aus Madagaskar - beim Gewürzhändler Azafran*.
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