18|10|2016 „Abtei Riesling“, so nennt sich schlicht und einfach der Wein, der im September vom Weingut Kruger-Rumpf aus Münster-Sarmsheim an der Nahe neu auf den Markt gebracht wurde. Dass ein Weingut sein Sortiment mit einem Wein aus einer neu hinzugekauften Lage erweitert, geschenkt, das ist wahrlich nichts Besonderes. Blickt man aber ein wenig "hinter die Kulissen", dann wird klar: Dieser neue Wein stammt von einer besonderen Lage mit besonderen Merkmalen, einem Hang, der Weinbaugeschichte atmet und ein besonderes Stück Weinkultur widerspiegelt.
Biblisches Rebalter, von Nonnenhand angelegter Weinberg
Steil ist sie, diese Rebfläche, steil und steinig. Mit rund 70 Prozent Steigung zählt das Kernstück der Einzellage Abtei St. Rupertsberg in Bingen-Bingerbrück zu den Steilstlagen in Deutschland. Und die Rebfläche beherbergt einen Schatz: Hier stehen Rieslingreben, deren Alter außergewöhnlich ist. Die Reben, die im Filetstück der Einzellage Abtei St. Ruppertsberg in Bingerbrück tief im Phyllit-Schieferboden wurzeln, sind fast 80 Jahre alt - ein im Vergleich zum ansonsten üblichen Rebertragsalter nahezu biblisch zu nennendes Alter. "Der Weinberg wurde von den Nonnen der Heiligen Hildegard von Bingen um das Jahr 1150 angelegt und gehörte zur Abtei St. Rupertsberg", erzählt Georg Rumpf, der das Familienweingut in Münster-Sarmsheim an der unteren Nahe in der Nähe zu Bingen zusammen mit seinem Vater Stefan führt.Quelle: Weinlagenaltas des DWI. |
Die Einzellage Abtei St. Rupertsberg (auch Ruppertsberg) liegt im Stadtteil Bingen-Bingerbrück an der Mündung der Nahe in den Rhein. Um das Jahr 1150 verließ Hildegard von Bingen (1098-1179) das Kloster Disibodenberg an der oberen Nahe, um ihr eigenes Kloster über dem Grab des Heiligen Rupert zu gründen. Der Rupertsberg war günstig gelegen - hier kreuzten sich die Verkehrs- und Kommunikationswege des Rheines und der Nahe. Nachdem zunächst eine alte Kapelle als Kirche diente, entstand nach und nach Hildegard Klosteranlage, von der heute nur noch einige wenige Reste übrig sind. Hildegardisbrünnchen, Abtei Rupertsberg, Römerberg und Klostergarten, die Namen der in Bingerbrück zu findenden Einzellagen - nebenbei erwähnt die nördlichsten innerhalb der Anbauregion Nahe - erinnern an die berühmte Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen, die hier in ihrem Kloster wirkte und deren Nonnen auch Weinbau betrieben.
Auf das „Filetstück“ der Lage Abtei St. Rupertsberg hatte Winzerfamilie Rumpf, deren Weingut vom Regionalverband VDP Nahe-Ahr gehört, schon lange ein Auge geworfen. Hier wollten sie ihren Traum von einem besonderen Wein verwirklichen, der an eine besondere Weinbautradition anknüpft. 2015 war es dann soweit: die Familie konnte den Weinberg, der nach VDP-Statut als "Erste Lage" klassifiziert ist, endlich übernehmen und eine 1,8 Hektar große Rebfläche bewirtschaften. Ihren ersten Riesling aus der Lage tauften sie zur Würdigung der ursprünglichen Besitzer „Abtei“. Gewachsen sind Reben für den Abtei Riesling trocken (VDP.Erste Lage) auf einer Rebfläche, die mit rund 70 Prozent Steigung zu den Steilstlagen Deutschlands zählt. Phyllit-Schiefer, teils in großen Steinen sichtbar, bestimmt den Boden in der geschützt liegenden Südlage. "In ihr weht stets ein leichter Wind und am Nachmittag stehen die Rebzeilen im Schatten des benachbarten Hügels. Diese Bedingungen sorgen dafür, dass die Trauben sehr lange und gesund am Stock reifen können und sich ihre Aromen intensivieren, ohne dass das Mostgewicht zu hoch wird", erzählt Georg Rumpf. Hinzu kommt: Der Ertrag der fast 80 Jahre alten Rieslingreben aus dem Pflanzjahr 1937 ist auch ohne Eingriff durch Winzerhände "von Natur aus" sehr gering, was ebenfalls der Traubenqualität und Geschmacksgüte zu Gute kommt.
Ziel der Winzerfamilie Rumpf war und ist es, die intensiven Aromen der Trauben im Wein möglichst ursprünglich und unverfälscht zu erhalten. Deshalb wurde der Riesling aus dem Jahrgang 2015 traditionsgemäß in alten Stückfässern aus Holz (ca. 1200 Liter) spontan vergoren und lag lange bis August 2016 auf der Feinhefe. Erst im September wurde der Wein in Flaschen gefüllt. Aromatisch prägend für den "Jungfernjahrgang" des Abtei Riesling trocken (12,5 vol%, Preis pro Spitzflasche 17 Euro) aus dem Weingut Kruger-Rumpf sind ausgeprägte kräuterwürzig Noten sowie die feine Grapefruit-Aromatik und eine Spur von rauchigem Feuerstein, die zur Steigerung der würzige Mineralität des Steilstlagen-Rieslings ebenso beitragen wie die vibrierende Rieslingsäure (7,6 Gramm). Ungeachtet des sehr trockenen Ausbaus mit nur 3,5 Gramm Restzucker wirkt der Abtei Riesling dabei am Gaumen sehr ausgewogen und schmelzig. Meine Einschätzung: Der neuen Lagenriesling des Weingutes Kruger-Rumpf ist kein "Gelbfruchtbomber", der die Sinne mit Fruchtaromen überflutet, sondern ein fein ziselierter kräuterwürziger und dezent feinfruchtiger Wein, der gekonnt eine traditionelle "Rieslingmachart" auf der Höhe der heutigen Zeit zeigt. Ein Wein, dessen Reben zwar im nördlichsten Zipfel des Weinbaugebietes Nahe und deshalb nur "in Sichtweite" des Rheines wurzeln, der für mich aber nichtsdestotrotz als Musterbeispiels eines "Rheinweines" durchgeht. Meine Empfehlung: Probieren!
Service & Bezugsquellen
Du möchtest mehr erfahren? Hier im Blog vorgestellt habe ich bereits einen anderen Kruger-Rumpf-Wein, und zwar den Weißen Burgunder S, schaue mal hier.
Du möchtest die Weine des Gutes Kruger-Rumpf kennen lernen? Diese gibt es direkt im Weingut oder über den Online-Handel unter anderem hier*.
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Randnotiz
Bingerbrück ist ein Ortsteil der Gemeinde Bingen. Während die Weinbergslagen in Bingerbrück links der Nahemündung in den Rhein zum Weinbaugebiet Nahe gehören, zählen die Binger Lagen direkt gegenüber rechts der Nahe zum Anbaugebiet Rheinhessen, darunter zum Beispiel die namhafte Lage Binger Scharlachberg. Die Böden in Bingerbrück sind dominiert vom Schiefergestein, auf denen körperreiche, rassige und würzige Rieslinge wachsen. Die Bingerbrücker Einzellagen Hildegardisbrünnchen, Klostergarten, Abtei Rupertsberg und Römerberg liegen in der Großlage Schlosskapelle. Die Lagennamen erinnern an die berühmte Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen (1098-1179), die im Kloster Rupertsberg wirkte.Der Rupertsberg ist eine Felsnase, die sich kurz vor der Mündung der Nahe in den Rhein auf der Bingerbrücker Naheseite befindet. Bis zum Bau der Nahetalbahn reichte der Fels noch bis an das Flussufer heran. Die Lage „Abtei Rupertsberg“ ist in der preußischen Lagenkarte von 1901 mit der Farbe „rot“ für die höchste Grundsteuerkategorie gekennzeichnet. Sie zählt damit zu den Lagen Erster Klasse und bietet nach dem Statut des VDP die Möglichkeit, einen dort angebauten trockenen Riesling in höchster Qualität auch als Großes Gewächs zu vermarkten. Diese müsste dann allerdings unter der Lagenbezeichnung „In der Müh‘“ geschehen.
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