10|12|2014 Plätzchen und Christstollen gehören zur Weihnachtszeit wie der Nikolaus und das Christkind - stimmt, aber nicht nur die. Seit ich das Rezept 1998 zum ersten Mal entdeckte, hat in unserer Familie der Mahlberger Schlosskuchen von
Wolfram Siebeck den Christstollen mehr und mehr in die zweite Reihe verdrängt und den Thron des bislang ungeschlagenen Weihnachtskuchenkönigs erobert.
Der Mahlberger Schlosskuchen - ein süßer Weihnachtstraum
Das Ursprungsrezept ist so gut, dass wir seit dem ersten Ausprobieren keinen wesentlichen Optimierungsbedarf entdeckt haben - der Mahlberger Schlosskuchen steht in Sachen an Geschmack und Saftigkeit auf Augenhöhe mit einem nach alter Bäckerkunst gefertigten Christstollen. Um beides noch eine Spur zu erhöhen, legt unser familiärer Backmeister abweichend vom Ursprungsrezept die Rosinen noch circa eine Stunde in einem edelsüßen Wein ein, vorzugsweise in eine Riesling Auslese. Diese - oder alternativ eine Riesling Beerenauslese - kann dann auch später zum Schlosskuchen getrunken werden - ein „lecker Pott Kaffee“ geht selbstverständlich auch. Den Schlosskuchen backen wir nicht wie angegeben in einer hohen Kranzform (Gugelhupf-, Napfkuchen- oder Rondonform), sondern in einer Springform mit Rohrboden - grundsätzlich hast du aber die freie Wahl der "Backform-Waffen".

Ganz wichtig: Ebenso wie ein Christstollen braucht der Mahlberger Schlosskuchen eine längere Ruhezeit, damit er sein volles Aroma entfalten kann! Das müssen nicht unbedingt mehrere Wochen sein, aber drei bis vier Tage solltest du dieses besondere Backwerk schon vor Deiner Familie (und dir) an einem nicht zu warmen Ort und gut abgedeckt / eingewickelt mit Alufolie verstecken. Was dann den genussfertigen Kuchenscheiben auf den Tellern hervorragend steht, ist eine großer Klecks aus frisch geschlagener feiner Sahne - das ist dann buchstäblich das Sahnehäubchen auf diesem perfekten Weihnachtskuchen!
Rezept für Mahlberger Schlosskuchen
Zutaten | für 1 Kuchen
- 200 g Rosinen
- 100 ml edelsüßen Weißwein (z.B. Riesling Auslese)
- 400 g Butter, zimmerwarm
- 6 Eier
- 250 g Zucker
- 1 Schale einer Bio-Zitrone
- Mark einer Bourbon-Vanilleschote*
- 1 EL Zucker
- 1 Prise Salz
- 100 g bestes Orangeat
- 100 g bestes Zitronat
- 75 g Walnusskerne, grob gehackt
- 75 g Mandeln, gestiftelt
- 400 g Mehl
- 1 gehäuften TL Backpulver
- 150 g Zart- oder Edelbitterschokolade*, in kleine Würfel gehackt
- ca. 2 EL Butter
- 4 EL Mandelblätter
- Puderzucker
Zubereitung | 20 Min. + ca. 60 Min. Backzeit + mindestens 3 Tage Ruhezeit
- Lege zunächst die Rosinen in den edelsüßen Wein für rund eine Stunde ein, so dass sich diese mit dem edlen Getränkt vollsaugen. Anschließend abtropfen lassen, abtrocknen und den Backofen schon einmal auf 180 ℃ Ober- /Unterhitze vorheizen.
- Für die Teigzubereitung wird die zimmerwarme Butter mit dem Zucker und den Eiern verrührt, bis sich der Zucker komplett aufgelöst hat. In den Rührtopf hinein kommen nun das ausgekratzte und mit einem Esslöffel Zucker vermengte Mark der Vanillestange, die abgeriebene Schale der Bio-Zitrone, der Vanillezucker, eine Prise Salz, das Orangeat und Zitronat, die grob gehackten Walnusskerne und die gestiftelten Mandeln. Dann das Mehl und das Backpulver miteinander vermengen und unter ständigem Rühren in den Rührtopf geben. Sollte der Teig zu fest sein, gib ein klein wenig Milch dazu. Zu guter Letzt die kleinen Würfel Schokolade untermengen.
- Nun die Springform mit Rohrboden (alternativ Napfkuchenform) gut ausbuttern, gleichmäßig mit den gehobelten Mandeln bestreuen und dann den Teig einfließen lassen. Jetzt wird der Schlosskuchen in der unteren Hälfte des Backofens so lange gebacken, bis er eine schöne dunkelgelbe Farbe angenommen hat – das dauert circa 60 Min. Anschließend den Schlosskuchen auskühlen lassen, dann in Alufolie wickeln und mindestens 3–4 Tage hinter Schloss- und Riegel packen, erst dann befreien, mit Puderzucker bestäuben und in Scheiben geschnitten mit Sahne servieren.
Rezept nach: Wolfram Siebeck / ZEIT Punkte 1998
Service & Bezugsquellen
Bourbon-Vanilleschoten kaufe ich zumeist online bei Azafran. Im Internet findest Du deren Vanilleschoten unter anderem
hier*.
Du fragst dich, woher der Mahlberger Schlosskuchen seinen Namen hat? In der kleinen Gemeinde Mahlberg im Ortenaukreis (Regierungsbezirk Freibug) in Baden-Würtemberg steht das 1630 von den Markgrafen von Baden erbaute Schloss, das als Wahrzeichen der südlichen Ortenau gilt. In dem altehrwürdigen Gemäuer, das sich im Besitz des Freiherren von Türckheim-Böhl befindet, bezog Ende der 80er Jahre der Gastronomiekritiker und Kolumnist Wolfram Siebeck einen Wohnsitz. Dort brütete er das Rezept für den Mahlberger Schlosskuchen aus.
Randnotiz: Kleine Vanille-Kunde
Welche Vanilleart Du für den Mahlberger Schlosskuchen verwendest, ist letztendlich Geschmacksfrage. Ich nutze für die Herstellung dieses Kuchens am liebsten Bourbon-Vanille, Du kannst aber auch bedenkenlos zur der Creme Tahiti-Vanille greifen. Vanilleschoten kaufe ich zumeist online beim Gewürzhändler Azafran. Im Internet findest Du dessen Vanilleschoten unter anderem hier*.
Hier schnell eine kleine Vanillekunde: Gewürzvanille, das zweitteuerstes Gewürz der Welt, stammt ursprünglich aus Mexiko und Mittelamerika, wird heute aber überwiegend auf den Inseln Madagaskar und Reunion (einst Île Bourbon genannt, deshalb der Handelsname Borbon-Vanille) angebaut. Die Bourbon-Vanille ist wegen ihres im Vergleich zur mexikanischen Vanille hohen Vanillingehalt sehr beliebt. Tahiti-Vanille ist mit der Gewürzvanille verwandt, hat aber ein etwas andersartiges Aroma: Die Schote enthält im Vergleich weniger Vanillin, jedoch höhere Gehalte an anderen aromatischen Substanzen. Diese verleihen der Tahiti-Vanille, die etwas teurer als Bourbon-Vanille ist, ein bombastisches Aroma von Blumen und exotischen Früchten. So oder so: Achte beim Einkauf darauf, dass die Schoten auf keinen Fall hart und vertrocknet, sondern elastisch und lederartig sind. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind kleine weiße Vanillinkristalle auf den Schoten.
Vanillezucker selber machen
Vanillezucker kaufen? Niemals! Den aromatischen Zucker selber zu machen ist kinderleicht, kostet keinen Cent extra (wenn Du Vanilleschoten im Haus hast) und er schmeckt zudem viel, viel besser als die gekaufte Variante. Der große Unterschied zwischen selbst gemacht und gekauft: Dein selbst gemachter Vanillezucker wird aus echter Vanille mit Vanilleschoten hergestellt, die gekaufte übliche Supermarktware besteht dagegen aus synthetisch produziertem Vanillin, das von Aromastoff-Produzenten als preiswertere Alternative zu echter Vanille entwickelt wurde und aus Guajacol oder Lignin, beides Bestandteile von Holz, gewonnen wird.
Echten Vanillezucker selber machen ist sehr einfach: Wenn Du für ein Back- oder Kochrezept eine Vanilleschote ausgekratzt hast, diese auf keinen Fall (!) wegwerfen, sondern für Vanillezucker nutzen. Die ausgekratzte Vanilleschote einfach mittig in zwei Stücke schneiden und zusammen mit üblichem weißen Haushaltszucker (pro Vanillestange ca. 100 g Zucker) in ein luftdicht schließendes Glas mit Deckel füllen. Gut schütteln, mindestens zwei Wochen an einem dunklen und nicht zu warmen Ort ziehen lassen, so dass der Zucker das Aroma der Vanille annehmen kann, und schon hast Du selbst gemachten echten Vanillezucker im Haus, und dass über lange, lange Zeit. Denn die Vanilleschote(n) im Glas geben ihr herrliches Aroma über mehrere Monate an den Zucker ab. Also: Hast Du eine gewisse Menge Vanillezucker entnommen, fülle das Glas einfach wieder mit neuem Zucker auf, alles kräftig durchschütteln, wieder etwas ziehen lassen und fertig ist die zweite, dritte, vierte usw. Menge Vanillezucker. Zudem: Tausch Du von Zeit zu Zeit zudem alte gegen neue Vanilleschoten im Glas aus, dann brauchst Du bis zu Deinem Lebensende keinen Vanillin-Zucker aus der Tüte mehr zu kaufen – genial, oder?
Läuterzucker mit Vanille-Geschmack
Einen anderen tollen Tipp zur Aufbewahrung von mehreren Vanille-Schoten einer Sorte gibt Gewürzspezialist- und -händler Ingo Holland: Er empfiehlt, diese in ein schmales, hohes und sehr sauberes Glas zu gießen und mit Läuterzucker ( Zuckersirup, eingekocht aus Zucker und Wasser im Verhältnis 1:1 ) aufzugießen. "Das verschlossene Glas kühl stellen. So bleiben die Stangen immer weich und geschmeidig und somit ist die Samenausbeute erheblich höher als gewöhnlich. Der Läuterzucker hat schon nach wenigen Tagen ein phantastisches Vanillearoma, so dass man ihn zum Marinieren von Früchten wie Ananas oder Erdbeeren verwenden kann. Oder zum Süßen von Tee und exotischen Cocktails", so Holland. Halbierte Stangen können in das Glas zurückgeben werden, aber vorsicht: Nicht mit den Fingern oder unsauberen Löffeln / Gabeln ins Glas gehen! Der Läuterzucker beginnt sonst unter Umständen zu gären.
Übrigens: Eine kleine Auswahl von Gewürzen speziell für die Fleischzubereitung aus dem Alten Gewürzamt von Ingo Holland ist in meiner Heimatregion Nahe im kleinen Butterzart-Foodshop von Beisiegel-Qualitätsfleisch an der Heidenmauer 31–33 in Bad Kreuznach zu finden. Online findest Du Ingo Hollands Gewürze unter anderem hier*.
Ganz schön teuer - aber auch ganz schön lecker
Vanille gehörte immer schon zu den teuren Gewürzen, aber in den vergangenen Jahren ist der Kilopreis für echte Rohvanille von 30 auf bis zu 500 Euro und mehr explodiert. Der Hauptgrund: einige aufeinanderfolgende Missernten in den Herkunftsländern (speziell Madagaskar, wo circa 80 Prozent der weltweiten Vanille wachsen ) in Kombination mit einer immens gestiegenen Nachfrage nach echter Vanille. Künstliches Vanillin ist da viel billiger als natürliche Vanille: synthetisches Vanillin, das meist aus dem Erdölprodukt Guajacol hergestellt wird, kostet nur 10 bis 20 Euro je Kilogramm. An den Geschmack natürlicher Vanille reicht das synthetisch produzierte Vanillin aber nicht heran. Denn echte Vanille enthält neben Vanillin unzählige weitere Geruchs- und Aromastoffe, die für einen wesentlich tieferen und komplexeren Geschmack sorgen.
Vanille als Lebensmittelzutat
Vanille ist ein sehr beliebter Aromastoff in der Lebensmittelbranche. Im Zutatenverzeichnis auf vorverpackten Lebensmitteln ist es ausreichend, nur das Wort "Aroma" anzugeben. Wenn Geschmacks- und Herkunftsangaben gemacht werden, dann sind diese Hinweise an bestimmte Bedingungen geknüpft.
Bezeichnungen wie "Vanillearoma" oder "Apfelaroma" sind reine Geschmacksangaben und nicht als Hinweis auf die botanische oder natürliche Herkunft zu verstehen.
Der Zusatz „natürlich“ bedeutet, dass das Aroma aus einer natürlichen Quelle stammt. Das kann ein Lebensmittel sein oder ein sonstiger natürlicher Rohstoff, aus dem das Aroma gewonnen wird, wie zum Beispiel Lignin, einer der Hauptinhaltsstoffe von Holz.
Wird zusätzlich ein Lebensmittel benannt, beispielsweise „natürliches Vanillearoma“, dann muss das Aroma zu 95 Prozent aus dem namensgebenden Produkt stammen, im Beispielsfall also aus Vanille.
*Fotos: Moderne Topologie | Kai Brückner
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