09|03|2016 Pikanter Rindfleischsalat mit Rostzwiebeln und Alblinsen, Rinderbrühe mit Flädle, gefüllte Glanrindschulter mit Kartoffel-Majoran-Püree und Orangenmousse-Törtchen mit Granatapfelsorbet - das hört sich doch gut an, oder? War's auch! Am vergangenen Samstag wurde im Restaurant H'manns in Neuleiningen die Eröffnung der Donnersberger Glanrindwoche gefeiert - und zwar themengerecht und stilecht: Zum Auftakt der beiden Veranstaltungswochen, die vom Slow Food Convivium Pfalz zum neunten Mal organisiert werden, wurden ein Bündel von kulinarischen Genüssen rund ums Glanrind, ausgesuchte Weine, kurzweilige Informationen zu Slow Food und zum Glanrind und viele anregende Gespräch rund um das Essen und Trinken serviert.
Zu Tisch bitte zur Glandrindwoche!
Gutmütig ist es und schön anzusehen, das behörnte Glanrind mit seinem einfarbig gelblichen oder gelblich-braunen Fell. Hübsch, aber vom Aussterben bedroht. Zu seinen besten Zeiten weideten rund 400 000 Glanrinder auf den Wiesen vorwiegend rund um den Donnersberg und im Glantal - im Jahr 1984 existierten davon nur noch 25 Kühe. Um das weiterhin vom Aussterben bedrohte Glanrind, das zu den Passagieren der Slow Food Arche des Geschmacks gehört, bekannter zu machen, veranstalten die Donnersberger Akteure von Slow Food Deutschland seit neun Jahren immer im März die Glanrindwoche. Elf Restaurants aus dem Donnersbergkreis, aus Rheinhessen und dem Pfälzer Bergland machen in diesem Jahr mit und haben noch bis zum Ende der Aktionswochen am 20. März abwechslungsreiche Gerichte vom Glanrind auf die Speisekarten gesetzt - vom Glanrind-Cheeseburger über Glanrindroulade, Bäckchen, Sauerbraten und Roastbeef bis zu im Tajin geschmortem Glanrind oder Glanrind-Maultaschen. (Hier die Liste der teilnehmenden Restaurants.)Genussvoll: Menü vom Glanrind im Restaurant H'manns
Der Auftakt der Glanrindwoche wurde am vergangenen Samstag im Restaurant H'manns in Neuleiningen im pfälzischen Landkreis Bad Dürkheim mit einem Glanrindmenü eingeläutet. Mit dem Eröffnungsort hatte das Slow Food Convivium Pfalz eine gute Wahl getroffen, denn das Gastronomen-Ehepaar Chris Brigitte und Andreas Hegmann gehört nicht nur zu den bekennenden Unterstützern der Slow Food Bewegung, sondern hat auch besonders innige Beziehung zu besonderen Lebensmittel: Bei den beiden „H’manns“ (eine Wortschöpfung aus den Geburtsnamen Hoffmann von Chris Brigitte und Hegmann - wie inzwischen der gemeinsame Nachname lautet) bilden hervorragende Grundprodukte die Basis der klassischen und die streng saisonalen Küche, deren Gerichte die Grundaromen der Hauptzutaten zum Klingen bringen. "Wir kochen mit ausgesuchten Rohstoffen und Grundprodukten, die ein eigenes tiefes Aroma haben", so Andreas Hegmann. Das große Augenmerk auf die Qualität der Ausgangsprodukte reicht dabei vom Salz und Pfeffer über die eingesetzten Mehle und Kräuter bis zum Fleisch. Alle Produkte sind handverlesen, sei es das Luisenhaller Salinensalz aus Göttingen, der speziell getrocknete Urwaldpfeffer aus Indien oder die Mehle aus der oberschwäbischen Uhl-Mühle, aus denen Chris Hegmann das im Restaurant und Bistro gereichte Brot sowie die Pasta selbst herstellt. Auch beim Fleisch überlassen die Gastronomen mit Blick auf die besondere Qualität nichts dem Zufall: So werden unter anderem Belotta Iberico Schwein, Hohenloher Kalb, Xogitxu Rindfleisch, irisches Black Angus Rind oder Glanrind von dem nach Demeter-Richtlinien bewirtschafteten Bainer Hof in Waldböckelheim an der Nahe verarbeitet.
"Wir kochen mit ausgesuchten Rohstoffen und Grundprodukten, die ein eigenes tiefes Aroma haben"
Als Anhänger des "From Nose to Tail"-Ansatzes bei der Fleischverarbeitung, also der Verwertung vom Kopf bis zum Schwanz, verarbeitet Chris Hegmann in ihrer Küche alle Teile des Tieres. Eine Besonderheit des Menüs zum Auftakt der Glanrindwochen ist, dass bis auf das Dessert alle Gänge aus einem sonst oft vernachlässigten Teil des Rindes stammen, und zwar aus der Schulter. Aus dieser werden die Vorspeise, ein Rindfleischsalat mit Rostzwiebeln und Alblinsen, eine Rinderbrühe mit Flädle und der Hauptgang, die gefüllte Glanrindschulter mit Kartoffel-Majoran-Püree zubereitet. Bereits der Auftakt des Menüs weiß zu überzeugen: Der Salat aus kleinen Glanrindstücken, die auf Alblinsen (Alb-Leisa) gebettet und von feinen Rucola blättern umrahmt sind, ist äußerst schmackhaft und pikant. Die würzigen Aromen des Fleisches und Röstnoten der Zwiebeln schmiegen sich perfekt in das Bett der nussigen Noten, das von den Linsen von der schwäbischen Alb und der Rauke gebildet werden. Fruchtige und feinwürzige Akzente setzen kleine Paprikastücke und das mit Fingerspitzengefühl gesetzte Dressing. Übrigens: Auch die Alblinse ist ein Passagier der Slow Food Arche des Geschmacks - siehe dazu auch mein Rezept für Linsensalat von der Alb-Leisa.
Der Kommentar meiner Begleiterin nach dem Ende des Menüs: "So, jetzt bitte für mich nochmals die Vorspeise servieren!" Ich schließe mich an: Ein äußerst gelungener Auftakt mit einer zudem äußerst gelungenen Weinempfehlung von Andreas Hegmann. Der Grauburgunder trocken 2014 aus dem Weingut Matthias Gaul aus Asselheim begleitet den pikanten Rindfleischsalat durch seinen Schmelz und die nussige Aromatik, in der aromatische Farben von Williamsbirne und Zitrus aufblitzen, perfekt. Bemerkenswert: Dies ist ein Gutswein, also ein "Einstiegswein" innerhalb der Kollektion des Gutes . . . ein äußerst überzeugender Einstieg, der deutlich aufzutrupfen und auch die im Menü folgende Menüs würzige Rinderbrühe mit Flädle passend zu begleiten weiß.
Als Hauptgang schließt sich dann die gefüllte Glanrindschulter auf H'manns Art mit Kartoffel-Majoran Püree und Schalotten Sauce an. Das Kartoffel-Majoran Püree bietet ein weiches Bett für das würzige Schulterstück auf H'manns Art: Stücke der über mehrere Stunden geschmorten Glanrindschulter werden zu Ringen gelegt, die im Inneren mit Glanrindhack gefüllt und nochmals angebraten werden. Struktur und Geschmack des Fleisches erinnern an eine klassische Roulade. Der intensive Fleischgeschmack wird von der zartsüßen, feinwürzigen und nicht zu konzentrierten Sauce angehoben, aber nicht überdeckt. Auch zu diesem Gang erweist sich der von Andreas Hegmann auf die Karte gesetzte offene Rotwein als passende Empfehlung: der Rotwein Trio trocken 2012 des Weingutes Schenk-Siebert aus Grünstadt-Sausenheim. Die Cuvée, in der Cabernet Sauvignon und Dorsa die Führungsrolle inne haben, ist kraftvoll und aromatisch (schwarze Johannisbeere, Kirsche, rote Paprika, ein Hauch Erdbeere) und entblättert am Gaumen zudem Vanille- und Holznoten, die aus der Reifung in Barrique-Fässern in Zweitbelegung stammen. Das Holz und die Vanille schmiegen sich gekonnt an den Fleischgeschmack an, ohne diesen zu dominieren, die Frucht der Cuvée verschränkt sich sehr gut mit der Süße und Würze der Schalotten-Sauce.
Das Dessert ist der Ausreißer des Menüs. Nein, nein, nicht in qualitativer oder geschmacklicher Hinsicht. Dies ist der einzige Gang, in dem Glanrind keinen Anteil hat. Das Orangenmousse-Törtchen mit seinem luftigen Bisquiteboden, der feinporigen Mousse und der fruchtigen und orangefarbigen Deckschicht ist handwerklich ohne Fehl und Tadel und optisch ein echten Hingucker, das Granatapfelsorbet schmelzig und in Frucht und Süße gekonnt ausbalanciert. Der Geschmack des Mousse-Törtchens erinnert mich an Bitterorange, die Süße und Frucht sind dezent - für meinen Geschmack fast zu dezent. Dies gleicht sich allerdings sofort aus, wenn man auf dem Löffel ein Stück des Törtchens mit einem Stück der auf dem Teller angelegten sehr fruchtintensiven und wohlschmeckenden Orangenscheiben ergänzt. Passt!
Mein Resümee: Ein Lob an die Küche, ein Lob an den Service! Das H'mannsche Glanrindmenü war ein Essen, wie ich es mag. Kein kulinarisches Gehabe, keine kochtechnischen Manierismen und kein übertriebenes Chichi auf dem Teller. Stattdessen herrscht eine wohltuende Bodenhaftung, eine Konzentration auf erstklassige Lebensmittel, aus denen durch einen handwerklich souveränen Umgang wohl komponierte und niemals laute, sondern fein abgestimmte und aromatisch sehr ausgewogene Gerichte zubereitet werden. Weiter so!
Rindfleischsalat auf Alblinsen und gefüllte Glanrindschulter. |
Der Kommentar meiner Begleiterin nach dem Ende des Menüs: "So, jetzt bitte für mich nochmals die Vorspeise servieren!" Ich schließe mich an: Ein äußerst gelungener Auftakt mit einer zudem äußerst gelungenen Weinempfehlung von Andreas Hegmann. Der Grauburgunder trocken 2014 aus dem Weingut Matthias Gaul aus Asselheim begleitet den pikanten Rindfleischsalat durch seinen Schmelz und die nussige Aromatik, in der aromatische Farben von Williamsbirne und Zitrus aufblitzen, perfekt. Bemerkenswert: Dies ist ein Gutswein, also ein "Einstiegswein" innerhalb der Kollektion des Gutes . . . ein äußerst überzeugender Einstieg, der deutlich aufzutrupfen und auch die im Menü folgende Menüs würzige Rinderbrühe mit Flädle passend zu begleiten weiß.
Als Hauptgang schließt sich dann die gefüllte Glanrindschulter auf H'manns Art mit Kartoffel-Majoran Püree und Schalotten Sauce an. Das Kartoffel-Majoran Püree bietet ein weiches Bett für das würzige Schulterstück auf H'manns Art: Stücke der über mehrere Stunden geschmorten Glanrindschulter werden zu Ringen gelegt, die im Inneren mit Glanrindhack gefüllt und nochmals angebraten werden. Struktur und Geschmack des Fleisches erinnern an eine klassische Roulade. Der intensive Fleischgeschmack wird von der zartsüßen, feinwürzigen und nicht zu konzentrierten Sauce angehoben, aber nicht überdeckt. Auch zu diesem Gang erweist sich der von Andreas Hegmann auf die Karte gesetzte offene Rotwein als passende Empfehlung: der Rotwein Trio trocken 2012 des Weingutes Schenk-Siebert aus Grünstadt-Sausenheim. Die Cuvée, in der Cabernet Sauvignon und Dorsa die Führungsrolle inne haben, ist kraftvoll und aromatisch (schwarze Johannisbeere, Kirsche, rote Paprika, ein Hauch Erdbeere) und entblättert am Gaumen zudem Vanille- und Holznoten, die aus der Reifung in Barrique-Fässern in Zweitbelegung stammen. Das Holz und die Vanille schmiegen sich gekonnt an den Fleischgeschmack an, ohne diesen zu dominieren, die Frucht der Cuvée verschränkt sich sehr gut mit der Süße und Würze der Schalotten-Sauce.
Rinderbrühe mit Flädle und Orangenmousse-Törtchen mit Sorbet. |
Das Dessert ist der Ausreißer des Menüs. Nein, nein, nicht in qualitativer oder geschmacklicher Hinsicht. Dies ist der einzige Gang, in dem Glanrind keinen Anteil hat. Das Orangenmousse-Törtchen mit seinem luftigen Bisquiteboden, der feinporigen Mousse und der fruchtigen und orangefarbigen Deckschicht ist handwerklich ohne Fehl und Tadel und optisch ein echten Hingucker, das Granatapfelsorbet schmelzig und in Frucht und Süße gekonnt ausbalanciert. Der Geschmack des Mousse-Törtchens erinnert mich an Bitterorange, die Süße und Frucht sind dezent - für meinen Geschmack fast zu dezent. Dies gleicht sich allerdings sofort aus, wenn man auf dem Löffel ein Stück des Törtchens mit einem Stück der auf dem Teller angelegten sehr fruchtintensiven und wohlschmeckenden Orangenscheiben ergänzt. Passt!
Mein Resümee: Ein Lob an die Küche, ein Lob an den Service! Das H'mannsche Glanrindmenü war ein Essen, wie ich es mag. Kein kulinarisches Gehabe, keine kochtechnischen Manierismen und kein übertriebenes Chichi auf dem Teller. Stattdessen herrscht eine wohltuende Bodenhaftung, eine Konzentration auf erstklassige Lebensmittel, aus denen durch einen handwerklich souveränen Umgang wohl komponierte und niemals laute, sondern fein abgestimmte und aromatisch sehr ausgewogene Gerichte zubereitet werden. Weiter so!
Chris Brigitte und Andreas Hegmann. Foto: privat |
Randnotiz
Der besondere Blick der beiden "gastronomischen Quereinsteiger" Chris Brigitte und Andreas Hegmann auf die Produktqualität kommt dabei nicht von ungefähr: Der gelernte Kaufmann Andreas Hegmann stammt aus einer Familie von Lebensmittelhändlern. Er war als Produktmanager Frische (Käse, Fleisch- und Wurstwaren) mit verantwortlich für den Aufbau der brot & butter-Linie beim Händler Manufactum und später Mitbegründer des Händlers genusshandwerker.de. Chris Brigitte Hegmann lernte die Arbeit von guten, handwerklich orientierten Küchen unter anderem in Baiersbronn und St. Peter im Schwarzwald und auf die Insel Föhr kennen. Den größten Schritt hin in Richtung Küche machte die gelernte Hotelfachfrau bei Sternekoch Harald Rüssel im Landhaus St. Urban an der Mosel. Dort arbeitete sie als stellvertretende Restaurantleiterin, assistierte Harald Rüssel beim Schreiben von Kochbücher und ließ sich an der Wein- und Sommelierschule in Koblenz zur Sommelière ausbilden. Als beide das einstige Restaurant Liz Stuben in Neuleiningen übernehmen und dort im Dezember 2011 ihr Bistro und Restaurant H'manns eröffnen, ist die Frage der Rollenverteilung kein Diskussionsthema: Sie steht am Herd, er berät und bedient die Gäste und kauft die Lebensmittel ein.
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