08|07|2017 Winzer Dr. Peter Crusius gehört zu den großen Leisetretern an der Nahe. Mit Leidenschaft und Akribie arbeitet der promovierte Oenologe Jahr um Jahr daran, aus besten Lagen wie der Traiser Bastei, der Norheimer Kirschheck oder dem Schlossböckelheimer Felsenberg beste Weine in die Flasche zu bringen - und das mit großem Erfolg. So zählt der Gault&Millau WeinGuide das Weingut mit vier von fünf möglichen Trauben zu den 60 besten Betrieben in Deutschland. Laut über so etwas zu reden, ist aber nicht die Sache von Peter Crusius. Lieber lässt er Qualität seine Weine für sich sprechen. Bei der jüngsten Jahrgangspräsentation im Weingut in Traisen durfte ich die aktuellen Weine des Gutes inklusive der neuen Weine des Jahrgangs 2016 kennen lernen. Aus der in Gänze sehr starken Weinkollektion hier einige Fundstücke, die mir persönlich besonders gut gefallen haben.
Vom neuen Jahrgang 2016 präsentiert das Weingut Dr. Crusius eine starke Reihe von weißen Burgundern (Tipp: der Traiser Grauburgunder trocken ist klasse), den Vogel ab schießt Winzer Peter Crusius aber mit dem 2016er Traiser Weißburgunder „Kaffel“ trocken. Kaffel ist - wie Winzertochter Rebecca erzählt - nicht der Name einer Lage, sondern so bezeichnen die Einheimischen im Ort ein besonderes Stück in der Weinlage, in denen die Winzerfamilie ihre besten Burgunderparzellen stehen hat. Der aus den Trauben der Kaffel-Parzelle gewonnene Jungwein wird in Teilen im kleinen Holzfass ausgebaut, rund zehn Prozent des Weißburgunders reiften in 300-Litern-Fässern aus deutscher Eiche in Zweit- bis Viertbelegung. Das herausragende Lesegut, die schonende Verarbeitung und der kombinierte Ausbau in Edelstahl und kleinem Holzfass haben zu einem Weißburgunder geführt, dessen komplexe Struktur und aromatische Tiefe mich nachhaltig beeindrucken. In der Nase zeigt sich eine zarte und nicht vordergründige Frucht, die vom Duft weißer Obstblüten und einer steinig-rauchigen Spur umspielt wird. Am Gaumen wirkt der Burgunder ebenso frisch, saftig und harmonisch wie facettenreich. Je mehr man in den Wein eintaucht, desto mehr Nuancen entblättern sich: hier ein wenig Quitte und Bitterorange, dort ein Hauch von Mandarine und Ananas, etwas weißer Pfeffer, eine Spur Kalk und würzige Komponenten, ein sehr dezenter Holzton und, und, und. Ein toller, ein großer Weißburgunder (15,50 Euro die Flasche), der dazu einlädt, sich in den Wein zu versenken und auf aromatische Spurensuche zu gehen. Für mich locker 92 Parker-Punkte wert!
Wer Crusius sagt, denkt fast automatisch an die Lage Traiser Rotenfels, denn dies ist die flächenmäßig bedeutendste Einzellage im Portfolio der Winzerfamilie. Zu welchen Leistungen die Lage mit steilen Südhängen fähig ist, zeigt sich im Wein Traiser Rotenfels Riesling trocken „VDP.Erste Lage“ Jahrgang 2016 (15,50 Euro die Spitzflasche). Der Riesling wächst auf sandigem Lehm, steinig-grusigem Lehm und Gehängeschutt des roten Vulkangesteins Rhyolith (auch Porphyr genannt) und ist ein Riesling-Charakterkopf par excellence. Der Wein steht schlank und rassig im Glas und vereint ein zartes feinfruchtiges Spiel (Pfirsich, Limette) mit einer tiefstrukturierten Würze, in der auch Spuren von Edelbitterschokolade und Mokka aufglimmen. Kein Everybody's (Fruchtbomber) Darling, sondern ein feinnerviger Riesling mit nobler Finesse und bestechender Mineralität. Hier macht die Kennzeichnung des Weines als „Erste Lage“ Sinn - ich spendiere 93 Parker-Punkte.
Macht es Sinn, über den „Großen Gewächsen“ (GG) nach VDP Statut noch einen weiteren Wein zu etablieren - sozusagen ein „Übergroßes Gewächs“? Darüber lässt sich trefflich streiten - unbestreitbar ist aber, dass der Riesling „Untitled II“ aus dem Hause Dr. Crusius tatsächlich ein Ausnahmewein ist, der für meinen Geschmack beim Jahrgang 2016 tatsächlich die Nase vor den „Großen Gewächsen“ des Gutes hat. Die Idee hinter dem „ Untitled“: In Ausnahmejahrgängen („und nur in diesen“, so Dr. Crusius) werden die besten Trauben aus den GG-Lagen des Weingutes selektioniert und in einem neuen Riesling zusammenfasst, sozusagen in einem Riesling im XXXL-Format, dem „Untitled“. In diesem Wein sollen die Merkmale, die Terroir-Charakteristika der unterschiedlichen „Großen Lagen“ vereint und auf die Spitze getrieben werden. Der erste Wein dieser Art erblickte mit dem Jahrgang 2015 das Licht der Welt, den „Untitled II“ gab es als Fassprobe bei der jüngsten Präsentation zu probieren. Was soll ich sagen: Hammer!!!
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Winzer Dr. Peter Crusius arbeitet an der Verkork-Maschine. |
Bereits im Duft springt einem die Komplexität und Raffinesse des Rieslings geradezu ins Gesicht. Am Gaumen präsentiert sich der Parade-Riesling zugleich beschwingt und hochkonzentriert, kraftvoll und komplex. Mit dem ersten Schluck werden Fülle, Saft und Kraft in den Mundraum gespült, dann explodieren die Aromen auf der Zunge und ein buntes Feuerwerk von tropische Früchte (Litschi, Papaya, Maracuja) erhellt den Geschmackshimmel. Würzige Aromen (Salbei und Sauerklee) gesellen sich hinzu, Stachelbeere und Orange klingen an, eine rauchige Spur, zarte Phenolik und fein ziseliert Säure geben dem Wein Biss und Drahtigkeit. Ein Ausnahme-Riesling! Mit enormen Reifepotential! Zum Preis von 48 Euro die Flasche – aber jeden Euro wert. Ich zücke 96 Parker-Punkte.
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Service & Bezugsquellen
Die Weine von Dr. Crusius bekommst Du direkt im Weingut in Traisen oder via Internet unter anderem
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Die Weinlagen rund um Traisen. Quelle: DWI |
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