Destillierte Heimat: Gin Maius bringt den Soonwald in Flaschen [HEIMATKÜCHE - Serie Teil 16]


Der Gin Maius wird mit Maikraut und Wacholder aus dem Soonwald erzeugt.


05|05|2019  So schmeckt Soonwald pur: Seine Premiere feierte vor wenigen Tagen der erste Gin, der sich mit dem Siegel der Regionalmarke SooNahe schmücken darf: der Gin Maius aus der Brennerei Dotzauer.

Gin Maius - zu 100 Prozent Soonwald


„Vorsicht vor tieffliegenden Schwalben, die im Flug torkeln“, ruft Achim Dotzauer in die Runde und schmunzelt. Eine durchaus berechtigte Warnung, denn die Luft im Raum der kleinen Brennerei des Hofes, in dem auch Schwalben nisten, ist mit alkoholischen Dämpfen geschwängert. Der 57-Jährige hat gerade den Deckel von einem großen Fass entfernt, in dem ein besonderer Inhalt schlummert: Jüngst gebrannter und noch unverdünnter Gin. „Der hat noch satte 85 Volumenprozent Alkohol. Aber keine Sorge. Bevor der in die Flasche kommt, stellen wir ihn noch auf 44 Volumenprozent ein.“


Der Gin Maius aus dem Soonwald.
Der Gin Maius wird mit Maikraut (Waldmeister) und Wacholder aus dem Soonwald erzeugt.

Eine bereits gefüllte Flasche des Gins hält der Chef der Brennerei nun hoch, so dass für alle Besucher das tiefdunkle Etikett gut zu sehen ist. Gin Maius steht dort in großen hellen Lettern unter einem goldfarbenen Wappen – rechts unten auf dem Etikett ist das Logo der Regionalmarke SooNahe zu erkennen. „Ein weiterer Gin, ja, das ist zunächst nichts Ungewöhnliches, denn Gin ist weiterhin in“, räumt Dr. Rainer Lauf, Vorsitzender der Regionalmarke „SooNahe“, ein. Um dann aber sogleich ein große ABER einzuwerfen, denn in einem Punkt hebt sich der Maius deutlich von der Vielzahl der internationalen und regionalen Gin-Sorten ab: „Er ist zu 100 Prozent aus regionalen Zutaten gemacht.“

„Das ist 100 Prozent Soonwald. Man kann Wald und Wiesen geradezu riechen und schmecken.“
Dr. Rainer Lauf

Wennschon, dennschon! Als vor gut einem Jahr bei „SooNahe“ die Idee zur Produktion eines Gins, der mit dem Logo der Regionalmarke versehen wird, geboren wurde, war eines schnell klar: Gebraucht wird kein Imitat, sondern ein Original. Und zwar eines, das auch den Markenkern von „SooNahe“ transportiert. Und der lautet: Regionalität und Qualität. „Wir wollten einen hochwertigen Gin produzieren, der sich klar und deutlich durch die regionale Herkunft seiner Zutaten und Aromen vom Mainstream absetzt“, so der SooNahe-Vorsitzende. Gedacht, getan! Zusammen mit der Brennerei Achim Dotzauer aus Oberstreit an der Nahe und Kräuterexperten aus dem beim Regionalbündnis Soonwald-Nahe angesiedelten „Projekt Lebendige Wiesen“ machten sich die Macher im Frühjahr 2018 daran, einen Gin von den Wiesen und Wäldern der Hunsrück-Nahe-Region zu produzieren.

Die Brennanlage der Brennerei Dotzauer an der Nahe.
Geburtsort des Gin Maius (l.): die Brennanlage der Brennerei Dotzauer in Oberstreit. Foto Wald: Jesse Gardner

Doch zunächst war eine entscheidende Frage zu klären: Welche „Botanicals“, so der Fachterminus für die bei der Gin-Erzeugung eingesetzten botanischen Zutaten, sollen benutzt werden. Wacholderbeeren, klar, denn ohne die wäre Gin (von franz. genévrier: Wacholder) kein Gin. Und was sonst noch? „Da gerade der Wonnemonat Mai bevorstand, kamen wir auf die Idee, zusätzlich Maikraut, also Waldmeister zu verwenden“, so Lauf. Und was noch? Nichts! Denn statt eines „abgefahrenen“ Gins mit 22 verschiedenen und in der Region nicht beheimateten Botanicals wie beispielsweise Muskatnuss und Mandel, Piment und Pomelo, Zitrone, Orange, Ingwer und Kurkuma strebten die Machern einen klassischen und von aromatischer Klarheit geprägten Gin an.


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Zwei regionale statt 22 ortsunübliche Botanicals


Wacholder und Waldmeister also, sonst nichts! Um diese im Soonwald zu finden und auch alle Belange des Naturschutzes einzuhalten, wurde Förster Jörg Homann zu Rate gezogen. Er machte sich im Frühjahr 2018 zusammen mit Kräuter Spezialistin Patricia Illing und weiteren Regionalbündnis-Mitgliedern auf, um in der Nähe von Auen und Seesbach Waldmeister zu sammeln. „Was wegen der großen Trockenheit in 2018 gar nicht so einfach war“, erinnert sich die Kräuterexpertin.

Achim Dotzauer in seiner Brennerei.
Achim Dotzauer prüft den getrocknetem Waldmeister für den Gin Maius.  Foto: SooNahe

Anschließend musste das Maikraut zunächst getrocknet und dann zur Mazeration, also zum Auslaugen der Inhaltsstoffe, in Weingeist eingelegt werden. Auch beim hochprozentigen Alkohol lautete die Devise „Qualität aus der Region“. Den Weingeist zum Einlegen destillierte Dotzauer aus eigenen Weinen, und zwar aus Riesling, Silvaner und Müller-Thurgau. „Das ist auch für die Güte des späteren Endproduktes wichtig, denn bereits die Basis muss meines Erachtens Charakter mitbringen“, so Achim Dotzauer, dessen Familie sich bereits seit rund einhundert Jahren intensiv mit dem Brennen beschäftigt. 

"Alles, was gut riecht und schmeckt, lasse ich beim Brennvorgang drin, um das Maximum an Aromen heraus zu kitzeln.“
Achim Dotzauer

Zunächst hieß es nun warten, denn erst im Herbst 2018 konnten die ausgereiften Wacholderbeeren im Kellenbachtal auf einer der seltenen Wacholderheiden gesammelt werden. Auch die Beeren wurden anschließend über zwei Monate separat in Weingeist mazeriert, bevor sich Achim Dotzauer über die Wintermonate in der gutseigenen Brennerei an das Brennen des SooNahe-Gins machte. „Und zwar jede Partie für sich und inklusive der Botanicals. Denn meine Maxime ist: Alles, was gut riecht und schmeckt, lasse ich beim Brennvorgang drin, um das Maximum an Aromen heraus zu kitzeln.“

Winzer und Brenner Achim Dotzauer.
Winzer und Brenner Achim Dotzauer (l.).  Foto rechts: Jason Wong


Das Ergebnis der gut einjährigen Gin-Produktion von der Idee bis zur Flaschenfüllung ist der jüngst frisch gefüllte und vorgestellte erste regionale Gin mit SooNahe-Logo, dessen Name Maius (nach der altrömischen Bezeichnung für den Monat Mai) auf die eine für den Gin verwendete botanische Hauptzutat verweist: das Maikraut. Und wie schmeckt der Maius. In Duft und Geschmack ist der Maius primär vom Wacholder geprägt und es blitzen Düfte von Waldboden und Tannennadeln auf. Der Waldmeister (Wohlriechendes Labkraut) steuert frische, grasig-grüne aromatische Akzente bei. Mit seinen 44 Volumenprozent Alkohol lässt sich sehr gut solo genießen, aufgrund seines dichten aromatischen Gefüges macht der Maius aber auch mit Eis oder Tonic Water eine gute Figur. Das Projektfazit von Dr. Rainer Lauf: „Das ist 100 Prozent Soonwald. Man kann Wald und Wiesen geradezu riechen und schmecken“, so der Vorsitzende der Regionalmarke SooNahe, der seinen Maius am liebsten mit einem Würfel Eis genießt. Wohl bekomm’s!

Bezugsquellen

Exakt 400 Exemplare des Gin Maius wurden gefüllt, die Flasche (500 ml) kostet 35 Euro. Zu erwerben gibt es den Gin in der Brennerei Dotzauer in Oberstreit zu den üblichen Öffnungszeiten. Ein Verkauf über weitere ausgewählte Verkaufsstellen von SooNahe-Produkten ist in Planung.

Initiatoren und Mitstreiter des Gin-Projektes (v. l.): Klaus Wilhelm (SooNahe-Geschäftsführer), Sarah Dotzauer, Förster Jörg Homann, Maximilian Dotzauer, der SooNahe-Vorsitzende Dr. Rainer Lauf, Winzer und Brenner Achim Dotzauer und Patricia Illing.
Initiatoren und Mitstreiter des Gin-Projektes (v. l.): Klaus Wilhelm (SooNahe-Geschäftsführer), Sarah Dotzauer, Förster Jörg Homann, Maximilian Dotzauer, der SooNahe-Vorsitzende Dr. Rainer Lauf, Winzer und Brenner Achim Dotzauer und Patricia Illing.

Weingut & Brennerei Dotzauer

Seit Anfang 1900 wird im Hof der Dotzauers in der Nahestraße 6-8 in Oberstreit Wein angebaut, heute bereits in der fünften Generation. Drei Generationen arbeiten aktuelle im Weingut und der Brennerei Dotzauer zusammen: Seniorchef Otto Dotzauer (85), der für den Betrieb verantwortliche Winzer und Weinbautechniker Achim Dotzauer (56 Jahre alt), dessen Ehefrau Claudia Dotzauer (Verwaltung und Medien) und ihr Sohn Maximilian Dotzauer (21).

Spezialitäten neben dem Wein sind die Versektung sowie die Obstbrände von den Streuobstwiesen des Nahetals und der Oberpfalz. Bereits vor gut 100 Jahren begann der Urgroßvater von Achim Dotzauer mit der (Lohn-)Brennerei, heute gehören neben dem Wein rund 60 gutseigene Liköre und Destillate zum Angebot der Familie Dotzauer. Diese können auch bei einer der vom Gut angebotenen Proben kennengelernt werden.

HEIMATKÜCHE - Die Serie

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Weingut und Brennerei Dotzauer.

Foto Wald ganz oben: Deglee Degi
Restliche Fotos soweit nicht anders gekennzeichnet: Moderne Topfologie