Crème brûlée mit Himbeeren à la Méthode sous vide pour pauvres


Crème brûlée mit Himbeeren nach der Sous-Vide.


20|05|2015   Ja, ich weiß, so ist es nun einmal: In der allermeisten Fällen kochen wir Amateur-Köche den mit Sternen oder Kochmützen ausgezeichneten Profis der Zunft hinterher (mal mehr und mal weniger erfolgreich), erreichen aber eher selten oder nur punktuell deren gastronomischen Spitzenleistungen. Manchmal allerdings, da passiert etwas Erstaunliches: Dann sitzen wir in einem anerkannten Spitzenrestaurant, und die Mitglieder meiner Familie (meine schärfsten Kritiker) stecken plötzlich die Köpfe zusammen und raunen sich leise Sachen zu, während ich ab und an mit kurzen Blicken taxiert werde. Ebenso unvermittelt wie es begann ist das verschwörerische Palaver dann zu Ende und ein Sprecher des kleinen Familienrates verkündet mit gesetzter Stimme: "Hm, wenn Du das kochst, dann schmeckt das aber besser." Bingo!!!


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Vorsprung durch Hitze: Crème brûlée lauwarm


Bereits mehrfach gelungen ist mir dieser Coup mit der Crème brûlée. Die traditionelle französische Süßspeise ist im Prinzip einfach herzustellen und jeder Profikoch kann sie jederzeit mit auf dem Rücken festgebundenen Händen und verbundenen Augen zubereiten. Allerdings: Mal um Mal schlägt meine gebrannte Vanille-Creme die Konkurrenz aus der Profi-Küche durch eine einfachen Kniff aus dem Rennen. In der Gastronomie wird die Creme traditionell kalt mit frisch karamellisierter Zuckerkruste serviert - bei mir kommt sie zwar etwas abgekühlt, aber noch lauwarm und mit frischer Karamell-Kruste auf den Tisch. Der Effekt liegt auf der Hand: Die Wärme sorgt nicht nur für ein angenehmes Mundgefühl, sondern bringt im Vergleich zur Kühlschrankversion auch die Aromen der Creme um ein Vielfaches intensiver zum Klingen. Ich lehn' mich hier mal aus dem Fenster und behaupte: Wer einmal eine gute lauwarme Crème brûlée gegessen hat, der wird künftig bei den kalt servierten Vertretern dieser Vanille-Creme leicht befremdet die Stirne kräuseln und denken: "Hm! Moment mal, da stimmt doch was nicht. Müsste das nicht warm serviert werden?"

Crème brûlée mit Himbeeren a la sous-vide.


Eigelb, Sahne, Zucker und Vanille - mehr braucht es im Prinzip nicht für eine Crème brûlée. Auf der Basis dieser Grundzutaten spielt jeder Koch zumeist mit einigen anderen zusätzlichen aromatischen Komponenten: So machen Zimt, Zitronenschale, Orangensaft- oder Orangenabrieb, Ingwer oder Mandelmilch in der Vanillecreme eine gute Figur. In meine Crème brûlée hinein kommen nehmen der sehr geschmacksintensiven Tahiti-Vanille etwas Zimt und Zitronenschale sowie meine "Spezialzutat": ein kleines Lorbeerblatt. Der Lorbeer sorgt in der vom Vanille-Geschmack dominierten Creme für einen dezenten Akzent, eine minimal aromatische Verschiebung, die zwar schmeckbar, aber kaum identifizierbar ist. Spannend!


Himbeeren à la Vakuumgaren für Arme


Als fruchtige Ergänzung kombiniere ich die Creme gerne mit Himbeeren, die ich in jüngster Zeit oft nach der "Méthode sous vide pour pauvres" zubereitet habe. Die Methode des Vakuumgarens für Arme (also ohne teures Profi-Equipment wie Vakuumgerät, Sous-vide-Thermostat oder speziellem Sous-vide-Garer) praktiziere ich mit haushaltsüblichen Gerätschaften, und zwar mit einem oder zwei Gefrierbeuteln, einem Topf mit großem Durchmesser, einem kleineren Topfdeckel und einem Fleischthermometer. Wie das zum Einsatz gebracht wird, erläutere ich unten. Nun zunächst zum Rezept.

Crème brûlée mit Himbeeren


Rezept für Crème brûlée mit Himbeeren


ZUTATEN für die Crème brûlée | für 8 Schälchen

  • 400 ml Sahne 
  • 200 ml Milch 
  • 6 Streifen Zitronenschale 
  • 1/2 Zimtstange 
  • 1 Schote Tahiti-Vanille* oder Südsee-Vanille*
  • 1 kleines frisches Lorbeerblatt (oder 2 kleine getrocknete) 
  • 5 Eigelb
  • 65 g Zucker für die Creme
  • 65 g feiner Zucker (ca. 8 gehäufte TL) für die geflämmte Zuckerkruste


ZUTATEN für die Himbeeren | für 8 Portionen

  • 250 g frische Himbeeren 
  • 2 EL hausgemachter Vanillezucker (siehe Info unten)


ZUBEREITUNG der Crème brûlée | ca. 30 Min. plus ca. 40 Min. Abkühlzeit und 50 Min. Garzeit

  1. Die Milch und Sahne in einen kleinen Topf gießen. Außerdem zugeben: 6 Streifen Zitronenschale (z. B. mit einem Trüffelhobel* abgerieben), die ½ Zimtstange und das frische Lorbeerblatt / die getrockneten Lorbeerblätter. Die Vanilleschote längs aufschneiden, das Mark herauskratzen und die Schote dritteln. Die Schotenstücke in den Topf geben und alles kurz aufkochen. Topf vom Herd ziehen, das Vanillemark einrühren und rund 20 Min. mit geschlossenem Deckel ziehen lassen. Dann den Deckel abnehmen und nochmals 10 Min. abkühlen lassen. 
  2. Die Eigelbe mit dem Zucker über einem Wasserbad cremig schlagen, dann die Vanille-Sahne unter ständigem Rühren langsam zu den Eiern geben, dabei ständig weiter rühren. Die Creme anschließend in eine kühle Schüssel umgießen, damit sie nicht weiter stocken kann, und rund 30–40 Min. abkühlen lassen. In dieser Zeit den Backofen auf 90 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. 
  3. Die Creme durch ein Haarsieb gießen, eventuell vorhandenen Schaum abschöpfen (damit die Creme eine glatte Oberfläche bekommt) und vorsichtig in 8 ofenfeste Förmchen gießen. In den vorgeheizten Ofen stellen und rund 60–90 Min. stocken lassen. Die genaue Zeit bis zum Stocken hängt unter stark vom Durchmesser der Förmchen ab. Je breiter die Form und geringer die Füllhöhe, desto eher stockt die Masse. Du hast ein Küchenthermometer mit feinem Messfühler? Perfekt! Dann bestimme über die Kerntemperatur den optimalen Gargrad. Die Crème brûlée sollte eine Kerntemperatur von 81 °C erreichen. Anschließend die Creme bei Zimmertemperatur ab-, aber nicht auskühlen lassen, denn sie sollte beim Servieren noch leicht warm sein! Während die Creme im Ofen stockt, ist Zeit, um die Himbeeren à la "Méthode sous vide pour pauvres" zuzubereiten - siehe die Beschreibung unten.
  4. Zum Karamellisieren die Vanillecreme möglichst gleichmäßig mit feinem Zucker bestreuen und mit einem Bunsenbrenner karamellisieren. Das funktioniert mit einem Gasbrenner mit Wechselkartusche aus dem Baumarkt oder mit einem spezielle Flambierbrenner* für die Küche. Wer keinen Brenner hat, karamellisiert die Creme unter den Grill des Backofens. Sobald sich der Zucker in eine schöne braune Karamellkruste verwandelt hat, ist die Crème brûlée fertig - voilà!

ZUBEREITUNG der Himbeeren sous vide pour pauvres | ca. 45 Min. inkl. Garzeit

  1. Während die Creme im Ofen stockt, ist Zeit, um die Himbeeren à la "Méthode sous vide pour pauvres" zuzubereiten. Zunächst erhitze ich in einem Topf mit großem Durchmesser Wasser auf ca. 65 °C (mit Fleischthermometer* kontrollieren). Auf kleinster Flamme wird die Temperatur nun auf rund 60 bis 65 °C gehalten. 
  2. Nun die Beeren zunächst mit zwei Esslöffel selbst erzeugten Vanillezucker überstreuen und diese dann vorsichtig in wärmebeständige Gefrierbeutel (minimal bis plus 90 °C) mit Standboden und Reißverschluss geben - entweder alle Beeren in einen 3-Liter-Beutel oder aufgeteilt in zwei 1-Liter-Tüten. Fülle nun einen zweiten hohen Topf mit kaltem Wasser. Tauche darin die Beutel mit den Beeren vorsichtig unter, so dass die Luft vom Wasser nach oben aus dem geöffneten Beutel herausgedrückt wird. Ist die Luft weitestgehend entwichen, den Zipper des Gefrierbeutels schließen und die Beutel in das vorbereitete Wasserbad im Topf legen. Damit die Beutel nicht aufschwimmen (ein bisschen Luft ist ja noch drin) beschwere ich sie mit einem kleinen Topfdeckel, der nur die Hälfte des Durchmessers des großen Topfes hat. Nun den / die Beutel ca. 30 Min. in dem Wasserbad bei konstant 60–65 °C liegen lassen, dabei den / die Beutel zwei bis drei Mal wenden. 
  3. Ist etwas Saft aus den Beeren ausgetreten, sind diese fertig. Den / die Beutel aus dem Wasserbad herausnehmen und die Himbeeren vorsichtig in eine Schüssel umfüllen.

ANRICHTEN
 
Die Crème brûlée noch leicht warm servieren. Damit die Zuckerkruste nicht durchweicht, setzte ich nur zwei bis drei Himbeeren direkt vor dem Servieren auf die Creme. Circa je einen Esslöffel weitere Beeren pro Person stelle ich in einem zweiten Gefäß dazu.

Crème brûlée mit Himbeeren nach der Sous-Vide  Methode.


Service & Bezugsquellen

Vanillezucker ist super einfach selbst zu machen und schlägt die industriell erzeugte Variante geschmacklich um Längen. Dazu ausgekratzte und auf einem Stück Papier getrocknete Schoten zusammen mit herkömmlichen weißen Haushaltszucker (pro Schote rund 100 g. Zucker) in ein luftdicht verschließbares Einmach- oder Schraubglas geben und mindestens zwei Wochen ziehen lassen. Der Vorrat geht zur Neige? Kein Problem, die Vanilleschoten geben über mehrere Monate Aroma ab. Einfach Zucker nachfüllen und das geschlossene Glas kräftig schütteln.
Eine Alternative: Wer eine geeignete Mühle besitzt, kann Vanillezucker auch herstellen, indem er sehr gut getrocknete Vanilleschoten zusammen mit Zucker fein vermahlt.

  Tahiti-Vanille* oder Südsee-Vanille* kaufe ich - wie unter anderem auch Safran* und schwarzen Bio-Pfeffer* aus Madagaskar - beim Gewürzhändler Azafran*.


Himbeeren a la sous-vide für Arme. #Dessert #MoToLogie #Himbeeren

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Sternekoch Dirk Maus schnibbelt in der Schulküche


Spitzenkoch Dirk Maus (Foto oben), der für seine Künste am Herd bereits einen Michelin-Stern ergatterte. #MoToLogie #DirkMaus


19|05|2015   Wenn es um das Thema Ernährungsbildung und Lebensmittelwissen geht, dann schwingt auch ein Sternekoch gerne in einer kleinen Schulküche den Kochlöffel: Vergangene Woche war Spitzenkoch Dirk Maus (Foto oben), der für seine Künste am Herd bereits einen Michelin-Stern ergatterte, zu Gast in der der Realschule Plus in Bad Münster am Stein-Ebernburg. Zusammen mit Dominik Wetzel von Hill‘s Früchte Bad Kreuznach bereitete der Sternekoch vom Sandhof in Heidesheim Speisen aus Lebensmitteln zu, die den ein oder anderen „Schönheitsfehler“ hatten, aber noch viele zu schade für die Abfalltonne waren.


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Kochaktion mit Sternekoch Dirk Maus in der Schule

Da dürfen echte Feinschmecker ruhig neidisch werden. An einem kleinen Kochkurs mit einem Spitzenkoch teilnehmen, die Suppe selbst anrühren und die Delikatesse anschließend probieren zu dürfen, das haben elf Schülerinnen und Schüler der Klassen 7c und 7 d der Realschule Plus Bad Münster am Stein-Ebernburg jüngst erlebt. Sternekoch Dirk Maus reiste von seinem Restaurant Sandhof im rheinhessischen Heidesheim an die Nahe nach Bad Münster am Stein, um dort zum Abschluss des Schulprojektes "Ernährung nachhaltig gestalten - was ist unser Essen wert?" zu zeigen, wie nachhaltiges Kochen funktioniert. Zusammen mit Dominik Wetzel von Hill´s Früchte, ebenfalls ein gelernter Koch, entfachte er an der Kochplatte der Schulküche nicht nur die Neugier der Schüler, sondern vermittelte in der Praxis auch die Einsicht, warum jeder von uns weniger Lebensmittel wegschmeißen sollte. „Wenn von 100 Kilo Tomaten durchschnittlich ein Viertel weggeschnitten wird, wie viele Suppen könnten von diesem Rest noch gekocht werden“, mahnt der Profikoch. Sprach es und präsentierte drei Tage altes Brot, „angedatschte“ Tomaten, welkes Basilikum und überreife Ananas - alles kurz vor dem traurigen Ende in der Tonne.

Am Mixer: Dominik Wetzel zeigt den Schülern, wie man mit dem Messer Orangen schält. #MoToLogie #FruechteHill
Am Mixer: Dominik Wetzel zeigt den Schülern, wie man mit dem Messer Orangen schält.

Nicht so heute in der Schulküche: Eine Tomatensuppe steht auf dem Speiseplan, außerdem gibt es grüne Smoothies, die von den Schülern zusammen mit Dominik Wetzel zubereitet werden. „Das Haltbarkeitsdatum auf den Lebensmitteln ist als Orientierung schon wichtig. Aber ist die Mindesthaltbarkeit überschritten, heißt das noch längst nicht, dass dieses Lebensmittel sofort weggeschmissen werden muss“, erläutert der in Bad Kreuznach geborene Spitzenkoch. „Schnuppert beispielsweise einfach an der Milchtüte, dann riecht ihr sofort, ob die Milch noch gut ist“, empfiehlt er den Schülern. Ein weiterer Hinweis des Lebensmittelfachmanns: Braune Farbe bei Obst- und Gemüse sollte nicht zwangsläufig einen Wegwerf-Reflex auslösen. Beispiel: Unter der braun gewordenen Schale einer Banane steckt immer noch eine uneingeschränkt genießbare und schmackhafte Frucht. Die Schüler der Realschule plus Bad Münster am Stein-Ebernburg ließen sich das Essen schmecken und nahmen auch die Ratschläge des Kochs, der einst im Steigerberger Hotel Kurhaus in Bad Kreuznach zur lehre ging, begeistert auf, schließlich hatten sie sich zusammen mit Lehrerin Henrike Frick bereits vorab im Unterricht mit Fragen mit Fragen rund um das Thema Lebensmittelverschwendung beschäftigt.

Sternekoch Dirk Maus (vorne rechts) und Dominik Wetzel zusammen mit Lehrerin Henrike Frick und den Schülerinnen und Schülern der Realschule plus. #MoToLogie #DirkMaus
Sternekoch Dirk Maus (vorne rechts) und Dominik Wetzel zusammen mit Lehrerin Henrike Frick und den am Projekt beteiligten Schülerinnen und Schülern.

Text & Fotos: Dieter Stöck

Die neue Nahewein-Vinothek ist eröffnet




11|05|2015   Der Startschuss ist gefallen: Nach der Eröffnungsfeier für geladene Gäste hat die neue Nahe-Vinothek in Bad Kreuznach am 14. Mai ihr Türe für den Publikumsverkehr geöffnet. Das neue "Tor zum Weinland Nahe" hält 150 Weine von 50 Weingütern aus dem gesamten Weinanbaugebiet bereit. "Von Winzern im Westen des Nahelandes wo die ersten Reben stehen bis zur Mündung der Nahe im Osten bei Bingen - ein Querschnitte der kompletten Weinregion ist in der Nahe-Vinothek repräsentiert", freute sich Wolfgang Eckes, Vorsitzender der Gebietsweinwerbung Weinland Nahe, bei der Eröffnung.


Zieleinlauf geschafft: Die neue Nahe-Vinothek ist eröffnet. Rechts unten: Weinland Nahe-Geschäftsführerin Laura Schneider.


Das Weinland Nahe hat nun eine Vinothek

Die neue Gebietsvinothek des Weinlandes Nahe wird als zentrale Anlaufstelle zum Probieren und zum Erwerb von ausgewählten Naheweinen dienen und ist in den historischen Räumen des Dienheimer Hofes in der Mannheimer Straße 6, einem der schönsten historischen Gebäude von Bad Kreuznach, untergebracht. Die Vinothek wird 50 offenen Naheweinen vorhalten, aber auch jeder der von den 50 beteiligten Winzern angelieferten Flaschenweine (pro Winzer drei verschiedene Flaschenweine, also insgesamt 150 Stück) können in der Vinothek genossen oder zum Weingutspreise erworben und mit nach Hause genommen werden.


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Zu den teilnehmenden Winzern gehören ebenso etablierte VDP-Betriebe wie Geheimtipps und junge aufstrebende Nahewinzer. "Die Weine wurden vorab in intensiven Gesprächen zwischen den Winzern und dem Team der Vinothek ausgewählt. Vom trockenen Riesling, starken Burgunder bis hin zu Aromarebsorten ist für jeden Weinfan etwas dabei", so Laura Schneider. Die Geschäftsführerin von Weinland Nahe leitet die in Form einer GmbH & Co KG organisierte Vinothek.




Als Leiter des operativen Geschäftes der Nahe-Vinothek wurde der stets gut gelaunte Jörg Sielaff verpflichtet, der zuvor in Johann Lafers Stromberger Sternelokal als Restaurantleiter arbeitete. Nach seiner Ausbildung zum Hotelfachmann arbeitete der 32-Jährige in verschiedenen Unternehmen, unter anderem in Österreich, der Schweiz und in England, bevor er im Jahr 2009 die Leitung von Johann Lafers Restaurant „Le Val d’Or“ übernahm.


Die guten Seelen der Nahe-Vinothek: Sophia Mauer und Jörg Sielaff.

Als Sielaffs Assistentin wird Sophia Mauer aus Spabrücken, in der Region bekannt als Naheweinprinzessin der Amtszeit 2013/14, fungieren, die im Februar ihr Studium der internationalen Weinwirtschaft an der Fachhochschule in Geisenheim abschloss. Hinzu gesellt sich eine dritte Person, die das Team verstärkt. Die Nahe-Vinothek wird nach der Eröffnung folgende Öffnungszeiten haben: Mittwoch, Donnerstag und Samstag von 12 bis 22 Uhr, Freitag von 11 bis 22 Uhr sowie Sonntag von 12 bis 20 Uhr.




Für die Einrichtung der neuen Vinothek wurde auch in die Räumlichkeiten des Dienheimer Hofes investiert. So präsentieren sich die Weine in einem eigens für den Fachhandel entwickelten Regal, das ebenso durch Schlichtheit und Eleganz wie durch Funktionalität und Übersichtlichkeit überzeugt. Die Beleuchtung wurde in Zusammenarbeit mit Einrichtungsspezialisten des benachbarten Möbelhauses Casa Duo ausgewählt. Warmes Licht und hochwertige Materialien schaffen ein elegantes Wohlfühlambiente, das perfekt zum aufwendig restaurierten und farblich in Naturtönen gestalteten Dienheimer Hof passt.




„Es ist einzigartig, mit wie viel Spaß, Teamgeist, Leidenschaft und Motivation alle in den vergangenen vier Monaten gearbeitet haben“, so Laura Schneider. „Mein Dank gilt dem Vorstand und den Winzern für die Bereitschaft, ein solches Projekt zu wagen und das Risiko mitzutragen, und allen Beteiligten, die diesen lang gehegten Wunsch für unsere Region verwirklicht haben. Nun hoffen wir, das dieser Ort auch genutzt wird.“




Kommanditisten der Vinothek-Gesellschaft sind neben den beteiligten 50 Nahewinzern auch die Sparkasse Rhein Nahe und die Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück, die sich gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung des Landkreises, der Naheland Touristik GmbH und Schwollener Sprudel an einer Start-up-Finanzierung beteiligten.


Das sind die 50 Winzer der NaheVinothek

  • Weingut Lorenz & Söhne, KH- Bosenheim  |  Weingut Mathern, Niederhausen
  • Weingut Gebr. Kauer, Windesheim  |  Weingut Jakob Schneider, Niederhausen
  • Weingut Sascha Montigny, Laubenheim  |   Wein- und Sektgut Bamberger, Meddersheim
  • Weingut Genheimer- Kiltz, Gutenberg  |  Weingut Korrell, Johannishof, KH- Bosenheim
  • Weingut Poss, Windesheim  |  Weingut Udo Weber, Monzingen
  • Weingut Otto Laubenstein, Hochstätten   |  Weingut Alt, Monzingen
  • Weingut Beisiegel, Traisen  |   Weingut Anton Finkenauer, Bad Kreuznach
  • Weingut K.H.Schneider, Bad Sobernheim  |   Weingut Eckes & Eckes, Windesheim
  • Weingut Forster, Burg Layen  |  Weingut Lindenhof, Windesheim
  • Weingut Sinß, Windesheim  |  Weingut Emmerich-Koebernik, Waldböckelheim
  • Weingut Welker-Emmerich, Rüdesheim  |  Weingut Honrath, Langenlonsheim
  • Weingut Schauß, Monzingen  |  Weingut Marx, Windesheim
  • Weingut Joh. Bapt. Schäfer, Burg Layen  |  Weingut Heinrich Schmidt, Windesheim
  • Weingut Dr. Gänz, Guldental  |  Weingut Hees, Auen
  • Weingut Emrich- Schönleber, Monzingen  |  Weingut Funck- Schowalter, Waldböckelheim
  • Weingut Dönnhoff, Oberhausen  |   Weingut S. J. Montigny, KH-Bretzenheim
  • Schlossgut Diel, Burg Layen  |   Weingut Schäfer-Fröhlich, Bockenau
  • Weingut Ulrich Pieroth, Rümmelsheim  |  Gut Hermannsberg, Niederhausen
  • Weingut Rohr, Raumbach  |  Staatsweingut Bad Kreuznach
  • Weingut Gälweiler, St. Katharinen  |   Weingut Emrich-Montigny, KH-Planig
  • Weingut Dr. Crusius, Traisen  |  Weingut Anette Closheim, Langenlonsheim
  • Weingut St. Meinhard, KH- Winzenheim  |   Weingut Paul Anheuser, Bad Kreuznach
  • Weingut Daniel Gemünden, Bad Kreuznach  |   Weingut Steffen Bähr, Langenlonsheim
  • Weingut Rapp, Bad Münster am Stein-Ebernburg  |  Weingut Kruger- Rumpf, Münster-Sarmsheim
  • Weinhaus Adelseck, Münster-Sarmsheim  |  Weingut Hof Breitenstein, Rümmelsheim
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UPDATE

Die Nahe.Wein.Vinothek hat rund eineinhalb Jahre nach ihrer Eröffnung ein neues Team bekommen. Wer in der Vinothek seitdem das Ruder schwingt, das erfährst Du im Blogbericht Nahe.Wein.Vinothek: Neues Team und neue Ideen.


Woran man gutes Brot erkennt? Fragen wir doch mal einen Bäcker - und nicht Lidl!

05|05|2015   "Unser täglich Brot" - das steht auf dem Speiseplan der Deutschen ganz weit oben. Rund 300 Brotsorten und mehr als 1200 verschiedene Kleingebäcke aller Geschmacksrichtungen werden bundesweit von Bäckerinnen und Bäckern angeboten. Diese Brotvielfalt, die am 5. Mai offiziell mit einem Tag des deutschen Brotes gefeiert wird, ist weltweit einmalig - Deutschlands Bäcker sind Weltmeister der Brotsorten. Alles eitel Sonnenschein also in den vielen kleinen Backstuben im Land?


Bäcker Helmut Ruß aus Guldental an der Nahe


Im Gegenteil! Es gärt in vielen der traditionellen Backstuben der Nation - und was da gärt, ist nicht (nur) der Sauerteig, sondern die Frustration und die Wut der Bäckermeister über die aktuelle Situation ihres jahrhundertealten Handwerks.

Es ist Zeit, über gutes Brot zu reden - und zwar dringend. Zeit, weil im Brotback-Weltmeisterland Deutschland, wo rund 300 verschiedene Brotsorten angeboten und über 3000 Brotspezialitäten im deutsche Brotregister aufgelistet werden, das Bäckerhandwerk mit dem Rücken zur Wand steht. Vor 50 Jahren gab es noch 55000 Bäckereien im alten Bundesgebiet, heute sind davon deutschlandweit nur noch rund 13000 übrig, und es werden Tag für Tag noch weniger. 365 Tage hat das Jahr - und genauso viele Bäckereien verschwinden laut Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks jährlich von der Landkarte. Jeden Tag macht statistisch gesehen irgendwo in Deutschland eine Bäckerei die Türen für immer dicht - und ein Ende dieses Bäckereien-Sterbens ist noch lange nicht auszumachen.

Es ist Zeit, über gutes Brot zu reden - und zwar dringend und mit denen, die es mit selbst angesetzten Teigen und hohem Zeitaufwand in handwerklicher Arbeit herstellen: mit den Bäckern! Zeit, weil mit LIDL ein Discounter die „Meinungsführerschaft“ an sich reißen möchte und uns erklären will, „woran man eigentlich gutes Brot erkennt“. Wenn Lidl, dessen „Backkunst“ darin besteht, tiefgefrorene Massenware aufzutauen und in den Ofen oder Backautomaten zu schieben, diese Frage in seiner aktuellen Marketing-Kampagne zunächst mit Allgemeinplätzen beantwortet („am Geschmack“, einer „schönen Kruste, dem "guten Duft“), und dann nachschiebt, gute Qualität erkenne man am „guten“ Preis (und billigen Preis meint), wird klar: Das primäre Ziel des Discounters ist es, die eigene Preis-Dumping-Strategie als Qualitätsmerkmal zu verkaufen und dem Konsumenten vorzumachen, dass gute Qualität billig zu haben ist.


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Bäckerei Ruß in Guldental: Ein "kleiner Bauchladen" gegen die Flut von Aufback-Öfen


„Ist sie aber nie und nimmer, denn gute Qualität hat immer ihren Preis“, sagt Helmut Ruß. Der Bäckermeister aus Guldental an der Nahe steht in Arbeitskluft (karierte Hose, weißes T-Shirt) in seiner Backstube und begrüßt mich mit einem kräftigen Händedruck - einem mehlfreien, denn es ist bereits neun Uhr am Morgen und der hoch gewachsene 55-Jährige hat die erste Schicht Arbeit für den heutigen Tag bereits hinter sich. Seit ein Uhr in der Nacht steht Ruß in der übersichtlichen Backstube, jetzt liegen die frisch gebackenen Brote, Brötchen und Bachwaren duftend im Verkaufsraum der 127 Jahre alten Familienbäckerei und in der Backstube wird es (vorerst) ruhiger. Während seine Mitarbeiterin Karmen Kron - ebenfalls eine Bäckermeisterin - einige Hefezöpfe vorbereitet, hat Bäckermeister Ruß Zeit, um mit mir über das in Schieflage geratene Bäckerhandwerk zu sprechen und mir seinen „kleinen Bauchladen“ („So nennen meine Frau Anja und ich unsere Bäckerei. Hier hat alles Hand und Fuß, hier ist alles überschaubar.“) zu zeigen.

"Backwaren, die gibt es doch heutzutage in jedem Hasenstall zu kaufen"

„Ja, das gesamte Umfeld hat sich für uns Bäcker schon gewaltig verändert.“ Mit 15 stieg Ruß bei seinem Vater in die Lehre ein, mit 19 machte er im Jahr 1979 seinen Meister (damals war er der jüngste Bäckermeister Deutschlands), 1986 übernahm er zusammen mit seiner Frau den im Jahr 1888 von seinem Urgroßvater Philipp gegründeten Betrieb. Die Ruß’sche Bäckerei im alten Dorfkern in der Hauptstraße 24, die gehört in der kleinen Weinbaugemeinde Guldental zum festen Ortsbild wie die Kirche. Doch dass es die Bäckerei immer noch gibt, ist keineswegs selbstverständlich: „Die kleinen Bäckereien, die steh‘n doch heute unter Bedrängnis wie nie zuvor“, analysiert Ruß. „Früher, da gab es in der Nähe vielleicht noch ein oder zwei andere Bäcker - das war dann ein Wettbewerb auf Augenhöhe. Aber heute: Heute gibt es doch Backwaren in jedem Hasenstall zu kaufen.“

Bäckermeister Helmut Ruß bringt einen Natursauerteig in Form. Bäckerei Ruß - Guldental - Nahe. #MoToLogie
Bäckermeister Helmut Ruß bringt einen Natursauerteig in Form.


Der Konkurrenzdruck auf die kleinen handwerklichen Bäckereien war noch nie so groß wie heute, bestätigt auch der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks. Reihenweise wurden in den vergangenen Jahren in Supermärkten, bei Discountern und in Tankstellen Backautomaten aufgestellt, und Selbstbedienungs-(Auf)Back-Shops, die industriell vorgefertigte Ware zu Discount-Preisen unters Volk bringen, sprießen in den Innenstädten wie Pilze aus dem Boden. In Bedrängnis gebracht werden kleine Bäckereien aber nicht nur durch die wachsende Zahl von Backautomaten, die „in jedem Hasenstall“ Brot und Brötchen zu Discount-Preisen ausspucken, sondern auch durch steigende Rohstoff-, Lohn- und Energiekosten. Eine Entwicklung, die in der Bäckereien-Branche mittlerweile auch Filialketten mit bis zu 50 Verkaufsstellen in Bedrängnis bringt. „Bis 2020 werden mehr als ein Drittel der Betriebe in der Bundesrepublik aufgeben müssen. Die Zahl der Bäckereien wird von 14000 auf 8000 sinken“, sagt Helmut Klemme, Präsident des Verbandes Deutscher Großbäckereien, voraus.

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"Nicht billiger werden, sondern besser"


Manchmal, wenn mich zum Beispiel neue Vertreter aus der Bäckereibranche besuchen, dann staunen die Bauklötze, wenn die hören, dass wir nur diese eine Bäckerei haben“, erzählt Ruß bei einer Tasse Kaffee am Tisch in der Küche der Bäckerei. „Die fragen mich dann völlig erstaunt: Mensch, Ruß, wie machst Du das? Wie überlebst du mit nur einer kleinen Bäckerei und ohne Filialnetz? Und dann antworte ich halb scherzhaft: Ich zwing‘ die Leute einfach, zu mir kommen. Und dann gucken die erstaunt und fragen: Wie, zwingen? Na, wie schon: Mit Broten und mit Brötchen - und zwar mit guten!“

"Billig, billig, billig - das können Aldi und Lidl doch viel besser."

Qualität ist das Mantra, das Bäckermeister Ruß Tag für Tag ab ein Uhr nachts in seiner Backstube singt. Die oft bemühte „gute handwerkliche Qualität“ ist für ihn keine Werbefloskel, sondern Verantwortung, Antrieb und Überlebensmaxime zugleich. „Denn eines muss doch inzwischen wirklich jeder gemerkt haben: Mehr, schnell und billig, billig, billig, das können Aldi und Lidl doch viel besser als wir, auf der Schiene können wir den Kampf nie und nimmer gewinnen“, so der Guldentaler, der den Spieß deshalb umkehrt: „Wir kleinen Bäcker, wir müssen Qualität statt Menge liefern. Wir müssen uns auf unser Handwerk und unser handwerkliches Können besinnen. Wir dürfen kein Einheitsbrei herstellen, wir müssen unsere Kunden mit individuellen und qualitativ erstklassigen Broten und mit kleinen Chargen von Spezialitäten bedienen, und das nicht zu einem billigen, sondern zu einem angemessenen Preis. Und den bezahlt der Kunde auch, wenn er merkt: Mensch, so ein besonderes Brot in dieser Qualität, das bekomme ich nur dort in dieser kleinen Dorfbäckerei und nirgendwo sonst.“

Bäckermeisterin Karmen Kron ist in der kleinen Backstube die rechte Hand von Helmut Ruß. Bäckerei Ruß in Guldental an der Nahe. #MoToLogie
Bäckermeisterin Karmen Kron ist in der kleinen Backstube die rechte Hand von Helmut Ruß.

Nie und nimmer käme der 55-Jährige deshalb auf die Idee, tiefgefrorene Teiglinge „von wer weiß woher“ oder industriell gefertigte Brotteig-Mischungen in seine zwei Ofen zu schieben. „Das hat zum einen mit handwerklicher Qualität, wie ich sie verstehe, nichts, aber auch gar nicht zu tun. Und auch wirtschaftlich würde das nicht funktionieren, denn klar ist doch: Für ein Einheitsbrot aus der Backmischung fährt doch keiner von Außerhalb extra nach Guldental.“ Stattdessen nutzt der Bäckermeister das Wissen und die Kniffe seines Handwerks und lässt bei seiner Backwaren einerseits etwas weg (nämlich chemisch-synthetische Backhilfsmittel wie künstliche Farbstoffe und Schimmelverhüter, Säuerungsmittel, Emulgatoren und technisch produzierte Enzyme) und fügt andererseits etwas hinzu. Nämlich erstklassige Mehle (vorwiegend aus der Region), natürliche Zutaten („Die sind zwar teurer, doch geschmacklich unschlagbar.“) und - besonders wichtig - viel Handarbeit und Zeit. „Gutes Brot zu machen ist im Prinzip einfach, man braucht nur Sauerteig und Zeit“, so der Bäckermeister. Und Zeit, die gibt Ruß seinen Produkten an vielen Stellen.

Gutes Bäckerhandwerk braucht Dreierlei: Wissen, Leidenschaft und Zeit . . . viel Zeit


Ein Beispiel: Ruß arbeitet überwiegend mit backstubeneigenem Sauerteig auf Roggenmehlbasis, den er täglich neu mit Mehl und etwas Wasser „füttert“ - um für den neuen Backtag wieder eine ausreichende Teigmenge zu haben. Der Natursauerteig ist sensibler und etwas schwieriger zu handhaben, aber „Brot aus Natursauerteig ist einfach viel aromatischer, geschmacklich viel komplexer und auch saftiger und viel länger haltbar“, findet Ruß, dem es „kalt den Rücken runterläuft“, wenn er irgendwo hört, dass in einer Backstube noch nie mit Natursauerteig gebacken wurde. „Der Umgang mit so einem Teig, das ist doch fundamentales Bäckerwissen. Natursauerteig, das können Bäckerlehrling mit der richtigen Anleitung nach vier Wochen.“

Rund fünfmal so teuer wie herkömmliche Ware ist das Schweizer Ruchmehl, das Helmut Russ für das Walliser Landbrot verwendet. Bäckerei Ruß in Guldental an der Nahe. #MoToLogie
Rund fünfmal so teuer wie herkömmliche Ware ist das Schweizer Ruchmehl, das Helmut Russ für das Walliser Landbrot verwendet.

Auch beim Einsatz von Hefe spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Um das „Verpuffen“ von Aromastoffen durch eine schnelle Hefeteig-Gärung zu vermeiden, setzt Ruß seinen Teigen möglichst wenig Hefe zu („Hefe ist ein notwendiges Übel, hat mein Vater immer gesagt.“) und gewährt ihnen dafür bis stundenlange Geh- und Standzeiten zur Aromabildung und Reifung. Eine Musterbeispiel für diese zeitintensive Teigführung sind das Centovalli Dinkelbrot nach einem Tessiner Rezept oder das Walliser Landbrot, das Ruß mit einem Schweizer Spezialmehl (Ruchmehl) erzeugt. Bei beiden Broten setzt der Bäcker im Vergleich zu einem „normalen“ Teig nur fünf bis zehn Prozent der Hefemenge zu und verlängert stattdessen die Stehzeit auf 24 bis 28 Stunden, wobei die Teige zudem zeitweise im Kühlraum gezügelt gären, damit „die Aromastoffe nicht verballern“, so der Bäckermeister. Anschließend werden die weichen und luftigen Teige sehr behutsam per Hand portioniert und gebacken.
Die beiden alpenländischen Brote führte Ruß ebenso wie das Urgetreidebrot „Opa Philipp“, bei dem neben Dinkelmehl alte Getreidesorten wie Einkorn, Emmer und Waldstaudenroggen verarbeitet werden, zum 125-jährigenen Bestehen seiner Bäckerei ein. In allen drei Broten stecken neben den hochwertigen und besonderen Zutaten eine Menge Zeit und Handwerkskunst - und genau das hebt sie von industriell gefertigten Backwaren ab. Zugleich dokumentieren sie den Ruß’schen Qualitätsanspruch: „Geht so, das geht nicht! Wir kleinen Bäcker müssen einfach mehr liefern als die vielen Aufback-Betriebe. Wir müssen den Leuten etwas in die Tüten legen, das eine erstklassige Qualität hat. Unser Ziel muss es sein, ein Brot so gut zu machen, dass man es Tag für Tag 20 oder 30 Jahre lang hintereinander backen könnte und es die Leute es immer noch haben wollten, weil es so gut und einmalig ist.“

"Geht so, das geht nicht! Wir kleinen Bäcker müssen einfach mehr liefern."

Und die Leute in Guldental und weit darüber hinaus wollen sie haben, die Ruß’schen Backwaren. 95 Prozent der Kunden der kleinen Bäckerei sind Stammkäufer, rund die Hälfte davon kommt von Außerhalb. Besonders deutlich sichtbar wird dies an Samstagen. Dann parken rund um die Bäckerei besonders viele Autos mit auswärtigen Kennzeichen und Kundinnen aus Frankfurt oder Wiesbaden tragen buchstäblich wäschekörbeweise Brote aus der Dorfbäckerei, um Verwandte, Freunde und Nachbarn mit Backwaren aus Guldental zu versorgen. Gefragt sind die Brote und Gebäcke aus der Familienbäckerei aber nicht nur bei Privatkunden. Auch viele namhafte regionale und überregionale Restaurants und Hotels wissen die Backkunst von Helmut Ruß zu schätzen und gehören zum Kundenkreis, so das Spitzenrestaurant von Sternekoch Johann Lafer im nahen Stromberg, das Luxus-Hotel Jumeirah in Frankfurt oder das 5-Sterne-Hotel Schloss Elmau im Wettersteingebirge in Oberbayern, wo Anfang Juni der nächste G-7-Gipfel stattfinden wird.

Zum guten Brot gibt es von Anja Ruß ein Lächeln gratis dazu. Bäckerei Ruß - Guldental - Nahe. #MoToLogie
Zum guten Brot gibt es von Anja Ruß ein Lächeln gratis dazu.

Zwischenzeitlich liegen einige Brote auf dem Küchentisch der Bäckerei, die Helmut Ruß zum Zeigen und Probieren angeschnitten hat. Anja Ruß hat einen kleinen Teller mit einem Croissant und einer süßen Hefeteigschnecke dazugestellt. Die Brote duften und schmecken hervorragend, die luftig-saftige Konsistenz und der Geschmack des Walliser Landbrotes aus dem Schweizer Spezialmehl sind unglaublich. Darauf etwas Butter und feines Meersalz, mehr braucht es nicht für einen feinen Brotgenuss. Auch die süße Schnecke schmeckt bemerkenswert. „Sehen Sie hier“, fragt mich Bäcker Ruß und zeigt auf die weiße Zuckerglasur auf der Schnecke. „Der Zuckerguss ist ok“, fährt er fort, „aber hier und hier, da könnte die Glasur besser, gleichmäßiger verteilt sein.“ Ich erinnere mich an das, was mir der 55-Jährige vor einigen Minuten in Sachen Qualität sagte: „Geht so, das geht nicht! Wir müssen mehr liefern.“ Jetzt ist mir klar: Und sei es auch nur die Gleichmäßigkeit der Zuckerglasur auf einer Hefeschnecke, in der kleinen Backstube in Guldental wird täglich ab ein Uhr in der Nacht daran gefeilt, „mehr zu liefern“ - und zwar an sechs Tagen in der Woche, Jahr für Jahr und Jahrzehnt für Jahrzehnt.


Backermeister Helmut Ruß und sein Backstubenteam
Backermeister Helmut Ruß und sein fleißiges Backstubenteam.


Randnotiz

Macht Wasser ein Brot besser? „Glauben sie’s mir, es macht Brot besser“, betont Helmut Ruß. Das Wasser, so der Bäckermeister, sorge nicht nur für eine elastische und saftige Krume, sondern trage auch zur Geschmacksbildung bei. Zudem sorge es dafür, dass die Haltbarkeit eines Brotes deutlich verlängert werde. Als Musterbeispiel dafür legt der 55-Jährige seine beiden Brotspezialitäten nach Schweizer Rezept, das Centovalli Dinkelbrot und das Walliser Landbrot, auf den Tisch: „Die haben beide eine TA von 190 bis 195“, sagt er. „Eine was?“, frage ich. Der Fachmann klärt mich auf: TA ist die unter Bäckern gebräuchlich Abkürzung für Teigausbeute. Die Teigausbeute ist ein Maß, mit dem das Verhältnis von Mehl zu der hinzugefügten Flüssigkeit (Wasser und / oder Milch) in einem Gebäck angegeben wird. Die jeweilige Mehlmenge wird dabei immer mit dem Wert 100 Prozent beziffert. Beispiel: Besteht ein Teig aus 10 Kilogramm Mehl und 5 Liter Wasser, so hat dieser eine TA von 150.

Grundsätzlich gilt: Je niedriger die TA ist, desto fester sind Teige, je höher die TA ist, desto weicher sind sie. Bei Brötchen und Weizenbrot liegt die TA bei rund 155, bei Roggenmischbrot bei rund 170, bei reinem Roggenbrot um die 180 und bei Schrot- und Vollkornteig bei bis zu 190. Mit einer TA von 190 bis 195 übertreffen die beiden Brote von Helmut Ruß diesen letzten Wert sogar noch. Aber: Nur das Wasser allein macht noch nicht die Musik, denn ein wesentlichen Faktor muss ergänzt werden: Zeit! „Kombiniere ich einen hohen TA-Wert mit einer langen Stehzeit“, erläutert Ruß, „dann fördere ich die bessere Verquellung der Mehle. Dadurch entstehen auch Geschmacksstoffe. Die Backwaren bleiben deshalb nicht nur länger frisch, sondern auch das Aroma profitiert.“

Und Zeit, die gibt der Bäckemeister den Teigen. Für das nach einem Tessiner Rezept gebackene Centovalli Dinkel, das an ein italienisches Ciabatta erinnert, ist eine Teigruhe von mindestens 24 Stunden vorgesehen. Und der Teig für das Walliser Landbrot mit der kräftigen Kruste und groben Porung (Ruß: „Da müssen Löcher drin sein, die dürfen auch ruhig mal so groß sein wie ein Hühnerei.“) ruht sogar bis zu 28 Stunden lang. „Beide Teige sind extrem weich und schwierig zu handhaben. Daraus mit der Maschine Brote zu machen“, ergänzt der Bäckermeister, „das ist unmöglich“. Das muss der 55-Jährige aber zum Glück (für die Kunden) auch gar nicht: Seine erfahrenen Hände spüren von selbst, wie ein Teig - auch ein empfindlicher - zu HANDhaben ist.

Kontakt

Traditionsbäckerei Ruß | Hauptstraße 24 | 55452 Guldental | Telefon 06707 - 629. Werktags ab 5 bis 12.30 und 14.30 bis 18 Uhr geöffnet, samstags 5 bis 13 Uhr.

Links das Walliser Landbrot, rechts das Centovalli Dinkel aus der Bäckerei Ruß
Links das Walliser Landbrot, rechts das Centovalli Dinkel.
  
Fotos: Moderne Topfologie