04|05|2016 Findest Du das nicht auch? Nicht in allen Weingütern, aber in der Mehrzahl ist die Sektherstellung ein Bereich, der „so nebenher mitläuft“. Mein Eindruck ist: Weil Kunden ab und an danach fragen und Winzer ungern ein „Nein, haben wir nicht!“ antworten, wird in den Gütern beschlossen, einen kleinen Teil des Lesegutes in einer Kellerei versekten zu lassen. Von dort zurück kommen durchaus trinkbare Winzersekte - das will ich gar nicht bestreiten - aber in der Breite sind diese Schaumwein-Erzeugnisse doch ziemlich 08/15 und heben sich nicht wesentlich von den Einfachprodukten aus dem Supermarkt ab.
Kann so sein, muss aber nicht: Einige kleine Kellereien und Weingüter haben sich in den vergangenen Jahren aufgemacht, den Ruf der deutschen Schaumweine mit besonderen Erzeugnissen aufzupolieren. Sie zeigen, dass die lange Tradition der hiesigen Sektherstellung ein (Wissens)Schatz ist, den es zu bergen und zu pflegen gilt. Ihre mit Sachverstand und Augenmerk erzeugten Schaumweine aus Riesling, Burgunder oder anderen Rebsorten mögen einen anderen und auch eigenen Stil haben, können qualitativ aber locker mit vielen Champagnern mithalten.
Seit über 30 Jahren beschäftigt sich das Familienweingut in der Römerstraße 10 in Meddersheim an der oberen Nahe mit der Winzersekt-Erzeugung im eigenen Keller - 1984 war der erste "versektete Jahrgang". Was als „Hobby“ neben der Weinerzeugung begann, ist inzwischen ein veritabler Geschäftszweig und ein mit Hingabe verfolgter wichtiger Standfuß des 15 Hektar großen Gutes. 20 Prozent des gesamten Rebertrages ist bei Familie Bamberger für Sekt vorgesehen. Die mittels klassischer Flaschengärung erzeugten Spitzenprodukte des Hauses werden drei, vier oder sogar fünf Jahre auf der Hefe gelagert, auf traditionellen Rüttelpulten per Hand gedreht und schließlich degorgiert. Die Sektherstellung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem echten Alleinstellungsmerkmal des Wein- und Sektgutes entwickelt: „In einer vergleichbaren Größenordnung macht das an der Nahe kein anderes Familienweingut“, so Heiko Bamberger. Und - das sei angefügt - auch deutschlandweit dürfte es nur einige wenige traditionell geführte Weingüter geben, die bei der Sektherstellung mengenmäßig in dieser Liga mitspielen.
Rüttelpulte für die traditionelle Sektherstellung im Wein- und Sektgut Bamberger. |
Zwei mal Zwei: Riesling und Pinot Sekte von Heiko Bamberger
Reisen bildet, und so hat sich Heiko Bamberger unter anderem durch die Besuche von Champagner-Erzeugern in Frankreich ein Bild davon gemacht, was in Sachen Schaumwein alles möglich ist. Aber auch davon, was „hüben wie drüben“ anders ist. Dazu zählt der Rebsortenspiegel: Während für den Champagner nahezu ausschließlich die Rebsorten Pinot Noir (Spätburgunder), Pinot Meunier (Müllerrebe oder Schwarzriesling) und Chardonnay verwendet werden, spielt beim deutschen Winzersekt der Riesling die erste Geige. Zwei mustergültige Vertreter des Riesling-Sektes hat Heiko Bamberger mit dem Riesling Sekt brut 2012 und dem Riesling Sekt brut Reserve 2011 im Portfolio.
Der Riesling Sekt brut 2012 (13,50 Euro) ist ungemein frisch und lebendig und springt wie ein junges Fohlen quicklebendig über zart begrünte Wiese, auf der Bäume mit grünen Äpfeln und Pfirsichen stehen. Die feine, nicht zu dominante Perlage schmiegt sich perfekt an die belebende Säure und die Fruchtaromen des Rieslings und sorgt zusammen mit der sehr dezenten Süße für ein rundum stimmiges und erfrischendes Geschmacksbild. „Der zischt“, würde ich sagen. Will heißen: Wer von diesem Riesling-Sekt kostet, der bleibt - wenn es die Gelegenheit zulässt - nicht bei einem Glas hängen.
Noch eine Oktave höher auf der Klaviatur des Riesling-Sektes spielt der 2011 brut Réserve (21 Euro), der über 50 Monate auf der Hefe lagerte und mit noch weniger Restzucker auskommt (ca. 5 bis 6 Gramm) als sein kleiner Bruder. Durch das lange Hefelager und den Alkoholgehalt von fast 13 Prozent trumpft der Sekt im Vergleich gewichtiger und komplexer auf, verliert dabei aber nicht den Kontakt zur belebenden Frische und Eleganz des Rieslings. In der Nase geben sich Aromen von Aprikose, Birne, Pinienkernen und ein zarter Hauch Brioche ein Stelldichein. Im Mantel des cremigen Körpers, der durch die Perlage in Schwingung gebracht wird, schlummert ein würziger, vibrierender, nach Gräsern, nassen Bachkieseln, Zitrusschalen-Abrieb und Mandelblättern duftender Kern. Ein Riesling-Sekt mit Rasse und Klasse und mein Favorit der Verkostung.
Bodenprofile der Spitzenlagen des Gutes: Monzinger Frühlingsplätzchen (links) und Meddersheimer Altenberg. |
Mit den beiden Sekten Cuvée Pinot brut 2013 und Cuvée Pinot brut Réserve 2011 nähert sich Heiko Bamberer dann geschmacklich deutlicher dem Champagner an. In der Cuvée kommt zur einen Hälfte Spätburgunder, eine der Hauptrebsorten des französischen Schaumweins, zum Einsatz, den Part des Chardonnay im Champagner übernimmt in Meddersheim der Weißburgunder. Bereits die Cuvée Pinot brut 2013 (13,50 Euro) macht den strukturellen und geschmacklichen Unterschied zu den Riesling-Sekten mehr als deutlich. In der Nase gesellt sich zum Geruch nach reifen Birnen und süßem Apfel ein feines Erdbeeraroma, das sich am Gaumen fortsetzt. Der Körper ist insgesamt kompakter, schwerer und cremiger - zu den Fruchtaromen gesellen sich Hefe- und Walnussnoten.
Im Holz und Edelstahl baut Heiko Bamberger die Weine des Gutes aus. |
Wie beim Riesling-Paar geht die Réserve-Version 2011 des Cuvée Pinot brut den eingeschlagenen aromatischen Weg noch ein großes Stück weiter. Der ebenfalls noch eine Spur trockener als sein kleiner Bruder ausgebaute Sekt wirft neben seinem über 50 Monate langen Hefelager auch 13 Volumenprozent Alkohol in die Waagschale und spielt dadurch gleich deutlich eine Gewichtsklasse höher. Die Perlage ist im Vergleich zum Rieslingsekt zurückhaltender, der Sekt ist üppig und extrem kraftvoll. In der Nase dominieren Aromen von Bratapfel und Quitte, Nuss- und Brioche, am Gaumen gesellen sich zu den fruchtigen Aromaperlen, die auf einer Schnur aus Würze und Herbe aufgefädelt sind, holzige und erdige Noten. „Ein exzellenter Fleischbegleiter“, sagt Heiko Bamberger - und ich muss zustimmen. Wer zum Schwergewichtskämpfer Cuvée Pinot brut Réserve 2011 (21 Euro) in den Boxring steigt und über mehrere (Trink)Runden mitgehen möchte, der braucht auf jeden Fall Unterstützung, so beispielsweise durch ein kräftig gegrilltes Porterhouse-Steak oder einen üppigen Teller Surf and Turf.
"Sekt ist mehr als das i-Tüpfelchen unseres Portfolios. Sekt ist unsere Passion." Heiko Bamberger. |
Mein Fazit bis hierhin: Wer zu den Bambergers nach Meddersheim fährt, sollte sich unbedingt daran erinnern, dass man sich in einem Wein- UND Sektgut befindet. Es lohnt sich!
Und warum Fazit "bis hierhin“? Weil, wie Heiko Bamberger verrät, im Laufe des Jahres noch „etwas nachkommt“: Im September wird der Sekt brut nature Réserve 2010 (29 Euro) aus seinen dann 60 Monate langen Hefelager entlassen und in den Verkauf gebracht. Ich bin gespannt und werde - sobald ich die Gelegenheit zum Verkosten erhalte - meine Einschätzung zu dieser Spitze der Sektpyramide des Wein- und Sektgutes Bamberger mitteilen. Also: Schau' immer mal wieder im Blog vorbei!
UPDATE
Dieser Bericht dreht sich um den Sekterzeuger Heiko Bamberger. Du möchtest mehr über den Winzer Heiko Bamberger erfahren? Kein Problem! In einem zweiten Artikel habe ich die Weinerzeugung im Wein- und Sektgutes Bamberger näher unter die Lupe genommen, nachzulesen hier im Blog im Bericht Tief verwurzelt in der Heimat: Die Weine von Heiko Bamberger.
Alle Fotos: Moderne Topfologie
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