12|02|2019 Ich sag’s mal so: Es gibt Zwiebelsüppchen, und es gibt Zwiebelsuppe . . . und der Unterschied zwischen beiden, der ist gewaltig! Welcher das ist? Nun, in beiden Varianten sind Zwiebeln die Hauptzutat, beide werden mit Weißbrot belegt und mit Käse überbacken. Aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch fast schon auf, denn geschmacklich liegen Welten zwischen Suppe und Süppchen. Das liegt zuvorderst daran, dass die Zwiebeln für die beiden Varianten gravierend anders zubereitet werden. Während fürs Süppchen die Zwiebelringe nur wenige Minuten angeschwitzt und wenig gebräunt werden, benötigt das Schmoren der Zwiebeln für die Suppe rund sieben Stunden. Ja, richtig gelesen, bis zu sieben Stunden werden Zwiebeln (bei einer großen Ausgangsmenge von 4 kg Zwiebeln wie unten im Rezept vorgeschlagen) geschmort, und auch danach ist die Suppe noch nicht fertig. Denn es kommt noch eine weitere Stunde hinzu, in der die Zwiebel zusammen mit Gewürzen bei kleiner Hitze in einer Brühe ziehen. Möchtest Du also abends eine Soupe à l'oignon nach alter französischer Tradition genießen, muss Du morgens mit der Zubereitung anfangen. Ganz anders beim Zwiebelsüppchen: Für dessen Herstellung reichen Dir 30, maximal 40 Minuten – wenn Du beim Schneiden der Zwiebeln bummelst.
Französische Zwiebelsuppe . . . fix in acht Stunden fertig gekocht
Schätzungsweise 96 Prozent aller Suppen mit Zwiebeln, die Du in Gasthäusern und Restaurant angeboten bekommst, fallen in die Kategorie Zwiebelsüppchen. Obwohl schnell zubereitet, muss ein solches Süppchen auch gar nicht schlecht schmecken. Warum auch, selbst der 2018 verstorbene „Koch des Jahrhunderts“ Paul Bocuse hatte ein 30-Minuten-Zwiebelsüppchen im Repertoire. Mit Sorgfalt und aus besten Zutaten zubereitet, schmeckt ein solches Zwiebelsüppchen frisch und leicht, ausgestattet mit einer nicht zu aufdringlichen Zwiebelnote und unterlegt mit milder Schärfe und Säure. Im Vergleich dazu ist die Zwiebelsuppe allerdings geschmacklich ein ganz anderes und viel größeres Kaliber. Hier dominiert ein extrem tiefgründiger, extrem wuchtiger süßlich-fruchtiger Geschmack, dem man der „gemeinen Zwiebel“ in dieser Intensität gar nicht zugetraut hätte. Woran das liegt?
Ein Zopf Roscoff Zwiebeln aus der Bretagne. |
Die wichtigste Regel bei dieser Art der Zubereitung lautet also: Lasse die Zwiebeln so lange wie nur möglich und stets bei sehr kleiner Hitze karamellisieren. Wie lange das im Endeffekt dauert, hängt auch immer etwas von der Menge und Sorte der Zwiebeln ab, die Du zubereitest. Mit vier bis fünf Stunden müsst Du musst Du auch bei einer kleinen Zwiebelmenge per se rechnen, bei einer größeren Zwiebelmenge schlagen mitunter auch sechs bis sieben Stunden zu Buche.
Die Zwiebelmenge:
Wie immer, wenn es um Schmorgerichte geht, rate ich: Wenn schon stundenlang geschmort wird, dann gleich eine große Menge. So halte ich es auch bei der Zwiebelsuppe. Nur für eine 4-Personen-Portion und also fünf bis sechs Zwiebeln schmeiße ich die Zwiebel-Metamorphose-Maschine gar nicht erst an, bei mir wandern gleich vier Kilogramm geschnittene Zwiebeln in den Topf. Hat die Metamorphose-Maschine nach rund sieben Stunden diese Menge verwandelt, blickst Du auf rund 1 Kilogramm karamellisierte Zwiebeln hinunter. Teile diese in drei Portionen zu je ca. 333 Gramm. Jede 333-Gramm-Portion reicht für 2 Personen als Hauptspeise oder für 4 Personen als Vorspeise. Eine Portion bereitest Du weiter zu, die restlichen friere einfach ein, so hast Du die Zwiebelbasis für zwei weitere Zwiebelsuppen fertig im Eisfach liegen.
Die Zwiebelsorte:
Ob weiße Zwiebel oder gelbe, große oder kleine . . . im Prinzip lässt sich jede dieser Zwiebelarten für eine Zwiebelsuppe nutzen. Ich persönlich greife aber am liebsten zu den französischen Roscoff-Zwiebeln, die besonders aromatisch und süß schmecken. Der Preis für diese Zwiebel-Spezialität, von der jährlich nur geringe auf den Markt kommen: rund 5–6 Euro pro Kilo. Mehr über diese Zwiebel-Spezialiät erzähle ich Dir am Ende dieses Rezept-Textes.
Die Brühe-Menge:
Um aus den karamellisierten Zwiebeln eine Suppe zu machen, werden Brühe und/oder Fond sowie etwas Weißwein dazu gegeben. Wie viel, ist letztendlich Geschmackssache. Ich mag ein eher ausgewogenes Verhältnis zwischen Zwiebeln und Brühe, durch ein mehr oder weniger an Fondzugabe kannst Du den Suppencharakter aber auch ganz nach Belieben verstärken oder vermindern.
Französische Zwiebelsuppe. |
Rezept für französische Zwiebelsuppe
ZUTATEN
Für 3 Portionen karamellisierte Zwiebeln zu je 333 g.
Jede 333-g-Portion reicht für 4 Suppenteller bzw. 4 Terrinen à 300 ml.
- 4 kg (Roscoff) Zwiebeln
- 100 g Butterschmalz
- 1 TL Meersalz
Für die Weiterverarbeitung einer 300-Gramm-Portion zur Suppe
- 100 ml Weißwein
- 600 ml Kalbsfond (alternativ Gemüsebrühe, beides nur mild gesalzen)
- 3–4 Stängel Thymian
- 1 kleines Lorbeerblatt
- 2 Pimentkörner
- 6 weiße Pfefferkörner
- 1 TL Sherry-Essig
- 4 Baguette-Scheiben
- 4 Scheiben Gruyère Käse (alternativ Emmentaler oder Comté)
- 100 g grob geriebenen Gruyère (alternativ Emmentaler oder Comté)
- 2 Frühlingszwiebeln
Zubereitung
- Die Zwiebeln schälen und in ca. 3 mm dicke Scheiben schneiden. In einem großen Topf mit breitem Boden Butterschmalz erhitzen. Für die hier angegebene Zwiebelmenge von 4 kg nutze ich dazu eine große, fast 9 Liter fassenden ovalen Bräter aus Gusseisen*, denn die Zwiebeln nehmen zunächst viel Platz in Anspruch. Im Topf die Zwiebelscheiben unter Zugabe des Salzes bei sehr geringer Hitze und unter mehrfachem Umrühren glasig andünsten, bis sie weich sind, das wird ca. 60 Min. dauern.
- Nun die Hitze minimal erhöhen und die Zwiebeln unter gelegentlichem Rühren (ca. alle 15 Min.) im eigenen Saft karamellisieren lassen. Wichtig: Auf keinen Fall mit zu höher Hitze arbeiten und die Zwiebeln zu schnell bräunen, sondern langsam karamellisieren, bis die Zwiebelringe goldfarben-hellbraun sind. Bei 4 kg Zwiebeln wird dies ca. 5–6 Stunden dauern, bei kleinerer Zwiebelmenge etwas kürzer.
- Nun gegen Ende der Garzeit ist besondere Vorsicht geboten, denn die Zwiebelflüssigkeit ist fast vollständig verkocht. Jetzt ist die Gefahr, dass die Zwiebel anbrennen und dadurch unerwünschte bittere Röstaromen entwickeln, besonders groß. Damit das nicht passiert, bleibe nun immer in der Nähe des Topfes und rühre die Zwiebeln besonders häufig um. TIPP: Um die Gefahr des Anbrennens zu minimieren, fülle ich Zwiebeln, sobald sie goldgelb geworden sind und ihre Flüssigkeit fast vollständig verkocht ist, in eine große beschichtete Aluguss-Pfanne* mit hohem Rand um. In der Pfanne die Zwiebeln bei kleiner Hitze noch ein wenig weiter Farbe annehmen lassen. Sind die Zwiebelringe schließlich durch und durch karamellisiert, liegt in der Pfanne/im Topf ein großer hellbrauner Klumpen aneinanderklebender Zwiebelringe.
- Aus 4 kg rohen Zwiebeln sind nun ca. 1 kg herrlich süße karamellisierte Zwiebelringe geworden. Diese teile ich in drei gleichgroße Portionen auf. Zwei davon friere ich ein, eine bereite ich weiter zu. Jede der rund 333 Gramm schweren Zwiebelportion reicht für 4 Suppenteller bzw. 4 Terrinen à 300 ml.
- Eine 333-Gramm-Portion der karamellisierten Zwiebel gebe ich nun in einen kleineren Topf aus Gusseisen* (3,8 l), gieße 100 ml Weißwein und 600 ml sehr leicht gesalzenen Fond an und rühre um, so dass sich die Zwiebelringe voneinander lösen und gut in der Flüssigkeit verteilt sind. Lege nun ein mit den Kräutern und Gewürzen (Thymian, Lorbeerblatt, Piment- und Pfefferkörner) befülltes und mit Küchengarn verknotetes Einweg-Teesieb in den Topf. Die Suppe nun bei schwacher Hitze eine Stunde sanft bei geschlossenem Deckel köcheln lassen. Zum Schluss mit etwas Salz und dem Sherry-Essig abschmecken.
- Den Ofen auf 220°C (Ober-/Unterhitze) vorheizen und die Baguettescheiben darin knusprig backen. Die Suppe in ofenfeste Schüsseln/Terrinen bzw. ofenfeste Suppenteller füllen und mit den Baguettescheiben belegen. Je eine Käsescheibe auflegen und den grob geriebenen Käse auf den Brotscheiben verteilen. In den Ofen geben und die Suppe 5–7 Minuten überbacken, bis der Käse geschmolzen ist und eine schöne Kruste gebildet hat. Vor dem Servieren die Frühlingszwiebeln in Ringe schneiden, und zwar vom weißen bis zum hellgrünen Teil. Einige der Ringe über die Suppe streuen.
Was dem Italiener seine rote Tropea Zwiebel aus Kalabrien ist, nämlich die süßeste Versuchung, seit es Zwiebelgewächse gibt, das ist dem Franzosen die rosa Roscoff Zwiebel aus der Bretagne. Von der rosafarbenen Edel-Zwiebel (l´Oignon rosé, auch Rose aus Roscoff genannt), deren Name und Herkunft durch die geschützte Herkunftsbezeichnung AOC gesichert sind, werden jährlich nur rund 1300 Tonnen per Hand geerntet und vermarktet. Wer Roscoff Zwiebeln einmal probiert hat, der mag sie in der Küche und für bestimmte Rezepte nicht mehr missen: Die Rose aus Roscoff hat eine knackig zarte Struktur und einen ebenso zwiebelig-pikanten wie süßlich milden Geschmack. Roh genossen ist Roskoff Zwiebeln, die für den Verkauf traditionell zu einem Zopf gebunden werden, bereits ein Genuss, gekocht oder wie hier für die Zwiebelsuppe sanft geschmort entfalten sie eine aromatische Fülle und Süße, die ihresgleichen sucht.
Besser lassen sich Zwiebeln, Baguette und Käse kaum zusammenbringen: Zwiebelsuppe nach französischer Art. |
Foto Zwiebel geviertelt: BurhanRexhepi
Restliche Fotos: Moderne Topfologie