Ein Weinberg 800 Jahre im Familienbesitz - das Weingut Prinz Salm feiert ein besonderes Jubiläum


15|04|2019   Ein Weinberg, der 800 Jahre lang ununterbrochen von einer Familie bewirtschaftet wird, das ist weltweit einzigartig – und fraglos eine Feier wert. Genau die findet in Kürze auch tatsächlich in Wallhausen an der Nahe statt, und zwar am 1. Mai. An diesem Datum jährt sich zum 800. Mal der Tag, an dem die Weinbergslage "In den Breitwiesen", die heute zur „VDP Große Lage Felseneck" des Weinguts Prinz Salm gehört, erstmalig in einer Urkunde erwähnt wird.

Rückblick: Sommer 2017 im Schlossgut Prinz Salm in Wallhausen an der Nahe. Im ältesten deutschen Weingut in Familienbesitz geht der Betrieb im Weinberg und Keller seinen üblichen Gang. Über 800 Jahre Weinbau kann das Weingut der Prinzen zu Salm-Salm in die historische Waagschale werfen, 32 Generationen ungebrochene Weinbau- und Familientradition sind verbrieft.

Die Familie der Prinzen zu Salm-Salm.
Familie der Prinzen zu Salm-Salm im Schlosshof.  Foto: Foto: Robert Dieth

Seit einiger Zeit bemüht sich die Familie, mehr über die Historie des Weinbaus innerhalb der vorhergehenden Generationen zu erfahren. Eine Urkunde über einen Weinbergsbesitz der Familie aus einem Güterverzeichnis des Jahres 1200 verbürgt zwar die jahrhundertealte Weinbautradition, aber das Gros der Details über die familiäre Historie des Weinbaus liegen im Dunklen. Die Dokumentenlage ist schlecht, das Hauptarchiv des Salm-Dalberg’schen Geschlechtes ist zerstört. Während des Zweiten Weltkrieges ist es in Darmstadt gelagert und wird bei einem Bombenangriff vernichtet. Nur wenige noch im Schloss Wallhausen gelagerte Dokumente sind erhalten, und die hütet Franz-Karl Prinz zu Salm-Salm, der den Dalbergschen Besitz 1940 erbt, „wie seinen eigenen Augapfel“, erinnert sich dessen Sohn Michael Prinz zu Salm-Salm.


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Breitwiesen-Wingerte seit 800 Jahre im Familienbesitz


Dessen Sohn wiederum, Felix Prinz zu Salm-Salm, macht am besagten Tag im Sommer 2017 eine bedeutende Entdeckung. Im Register des Staatsarchivs in Wiesbaden stößt er auf eine Urkunde, die für die Dokumentation der familiären Weinbaugeschichte von immenser Bedeutung ist. Die vor 800 Jahren am 1. Mai des Jahres 1219 in Wallhausen besiegelte Urkunde belegt, dass ein direkter Vorfahre des jetzigen Gutseigentümers, Felix Prinz zu Salm-Salm, bereits vor 800 Jahren in Wallhausen Weinberge besaß. Diese „Breitwiesen“ genannte Wingerte, die heute Teil der Lage „Im Felseneck“ sind, bewirtschaftet die Familie seit acht Jahrhunderten - und dies ununterbrochen sowie mit einem hohen Qualitätsanspruch. So ließ Hugo Philipp von Dalberg 1743 alle Wingerte neu einmessen und erfassen, und Karl-Alexander von Dalberg ließ sie bereits 1819 klassifizieren.


Michael Prinz zu Salm-Salm und sein Sohn Felix.
Nicht das Original, aber einen originalgetreuen Ausdruck der Urkunde von 1219 präsentieren Michael Prinz zu Salm-Salm (l.) und sein Sohn Felix.

Der Inhalt des historischen Dokumentes: Vor 800 Jahren war das Kloster Eberbach zu Zahlungen an die Wallhäuser Gemeinde verpflichtet, kam diesen jedoch nicht immer nach. Da machte Godebold von Weierbach, Ortsherr von Wallhausen und direkter Vorfahre von Felix Prinz zu Salm-Salm, am 1. Mai 1219 vor versammelter Kirchengemeinde und Dorfgemeinschaft eine Zusage. Er werde diese Zahlungen übernehmen, wodurch das Kloster Eberbach aus seiner „Zehntpflicht“ entlassen sei. Als Unterpfand für die jährlich an die Kirche zu entrichtenden Abgaben stellte Godebold von Weierbach seinen Weinbergsbesitz in den „Breitwiesen“ zur Verfügung.

Felseneck Lage mit dem Wingert Breitwiesen.
Bei der Rebfläche links des Weges handelt es sich um die "Breitwiesen" im Felseneck.  Foto: Robert Dieth

Genau das besiegelt die nun im Staatsarchiv wiederentdeckte Urkunde vom 1 Mai 1219. Im Wortlaut: Schultheiß Eberhard und die Bewohner von Wallhausen bekunden, dass der edle Mann Godebold von Weierbach der Kirche in Wallhausen, als Ersatz für den Zehnten vom Eberbacher Klosterhof Dadenborn, zwei Wingerte überwiesen habe. Gesiegelt wird die Urkunde vom Ortsherren Godebold von Weierbach selbst und vom Abt von Eberbach.


Spectaculum im Weingut Prinz Salm in Wallhausen


„Für uns Heutige ist diese Urkunde von großer Bedeutung, denn wir können durch sie belegen, dass die Familie vor exakt 800 Jahren schon in Wallhausen Wingerte besaß. Die Breitwiesen-Wingerte sind immer im Besitz der Familie verblieben – bis heute!“, freut sich Michael Prinz zu Salm-Salm über diese bedeutende Entdeckung. Eine Entdeckung, die am 1. Mai 2019 genau 800 Jahre nach der Besiegelung der Urkunde von Michael Prinz und Philippa Prinzessin zu Salm-Salm sowie den heutigen Weingutsbesitzern Prinz Felix und Prinzessin Victoria zu Salm-Salm mit einem „Spectaculum“ gebührend gefeiert wird.

Prinzessin Victoria und Felix Prinz zu Salm-Salm.
Leiten gemeinsam das Weingut Prinz Salm: Victoria Prinzessin und Felix Prinz zu Salm-Salm.   Foto: Robert Dieth

Der Festakt, zu dem „wie damals beim öffentlichen Versprechen von Godebold von Weierbach das ganze Dorf Wallhausen eingeladen ist“, so Michael Prinz zu Salm-Salm, beginnt am Mittwoch, 1. Mai, um 11 Uhr in der Kirche St. Laurentius und wird vor der Kirche sowie anschließend im Schlosshof fortgesetzt, wo unter anderem der Anstich eines Fasses Jubiläumsweines aus den „Breitwiesen“ auf die Festgäste wartet. Michael Prinz zu Salm-Salm und sein Sohn Felix versprechen aber noch viele weitere Überraschungen für das „ Spectaculum“, mit dem am 1. Mai die 800 Jahre zurückliegende Beurkundung des familiären Weinbergsbesitzes mit Bürgern Wallhausens und Besuchern aus nah und fern feiert wird.


Breitwiesen-Wingert

Die „In den Breitwiesen“ genannten Wingerte liegt im Mittelstück der Lage „Im Felseneck“, die ihren Namen seit 1973 trägt. Das Felseneck ist eine südlich ausgerichtete Steillage auf ca. 210 bis 330 Metern Höhe und nach VDP Statut als Große Lage klassifiziert. Der Weinberg wird durch grünen Schieferboden dominiert, der sehr elegante, feinnervige Rieslinge hervorbringt. Der Grünschiefer ist eine echte geologische Rarität, er kommt in Deutschland ausschließlich in Wallhausen und Dalberg vor. Das Weingut Prinz Salm hat rund vier Hektar der Lage Felseneck im Besitz, davon sind aktuell circa drei Hektar bestockt.

Lagenkarte der Weinberge in Wallhausen.
Die Weinbergslagen nördlich von Wallhausen - im Westen das Felseneck. Im südlichen Bereich der Lage circa in der Mitte liegt der Breitwiesen-Wingert. Karte: DWI

Die Verteilung des Grünschiefers innerhalb der Lage, die sich westlich des Ortes Wallhausen in Richtung Dalberg erstreckt, ist unterschiedlich. Der östliche Bereich des Felsenecks (Katastername Pladerberg) ist noch stark vom Rotliegenden und Schieferton geprägt, die auch für die westlich angrenzende Lage Johannsberg prägend sind. Im dem sich östlich an den Pladerberg anschließenden „Breitwiesen“-Wingert liegen auf dem Grünschiefer-Untergrund lehmiger Ton und gelblich sandiger Lehm auf. Aus den hier gewachsenen Trauben keltert das Weingut Prinz Salm sein trockenes Felseneck Großes Gewächs. Der am östlichen Ende der Felseneck-Lage befindliche Wingert namens „Im Rebsgrund“ ist am deutlichsten vom grünen Schiefer dominiert, hier tritt er bis zur Bodenauflage aus. Aus den hier gewachsenen Trauben erzeugt das Weingut Prinz Salm seinen Riesling Grünschiefer Kabinett.

Felix Prinz zu Salm-Salm.
Felix Prinz zu Salm-Salm auf der Kuppe des Breitwiesen-Wingerts hoch über Wallhausen in der Lage Felseneck.

Aufgrund seiner Höhenlage in einem Seitental der Nahe sowie der bewaldeten Bergkuppe, von der kühle Winde in das Tal fließen, ist das Wallhäuser Felseneck zu den „Cool Climate“-Lagen zu zählen. „Im Vergleich zu unseren Lagen in Bingen beginnt hier die Lese im Durchschnitt rund 14 Tage später“, so Prinz Felix, der überzeugt davon ist, dass trotz des klimatischen Wandels im Felseneck „noch in zwei Jahrzehnten filigrane, rassige Rieslinge zu erzeugen sind.“


Salm-Dalbergsche-Historie

„In den vergangenen Monaten sind wir von der eigenen Familiengeschichte tatsächlich ein wenig überrollt worden“, erzählt Michael Prinz zu Salm-Salm. Das Auffinden der 800 Jahre alten Urkunde zu den Wallhäuser „Breitwiesen“-Familienrebflächen (rund 2,5 Hektar) war nicht die einzige Überraschung, die bei den Recherchen zu Tage gefördert wurde. Eine weitere erstaunliche Entdeckung ist, dass die Familie Dalberg über die Jahrhunderte betrachtet in acht der 13 deutschen Weinbaugebieten Wein angebaut hat, und zwar in Baden, Franken, der Hessischen Bergstraße, an der Nahe, in der Pfalz, im Rheingau, in Rheinhessen und in Württemberg. Das zu Tage fördern dieser historischen Mosaikstücke ist zum einen der akribischen Mitarbeit des Mainzer Historikers Dr. Franz Stephan Pelgen zu verdanken, im Besonderen aber auch der historischen Spurensuchen von Jana Bisová, die auch bei der Erschließung des Salm-Dalberschen Archives in Wallhausen einen herausragenden Beitrag leistete.

Die Wissenschaftlerin aus Dačice in Tschechien förderte aus den Archiven von Schloss Dačice (Datschitz) etliche Zeugnisse der Dalbergschen Familiengeschichte zu Tage und verfasste unter anderem das Buch "Von Aschaffenburg nach Datschitz. Die Korrespondenz Maria Annas von Dalberg mit ihren Söhnen Friedrich und Carl (1870-1828) als Zeugnis epochalen Wandels". Sie arbeitete sich intensiv in die Historie des Adelsgeschlechtes ein, wozu sie unter anderem die deutsche Sprache erlernte. Schließlich nahm sie mit Michael Prinz zu Salm-Salm Kontakt auf, der sie einlud, auch in Schloss Wallhausen die hier noch vorhandenen Dokumente zu sichten und zu ordnen.

Schloss Dačice (Datschitz) in Tschechien.
Schloss Dačice (Datschitz) in Tschechien.

Schloss Datschitz wurde im 16. Jahrhundert erbaut und war ehemaliger Herrschaftssitz der Kraiger von Kraigk in Südmären. Im Jahr 1728 kaufte Heinrich Karl Graf von Ostein die Herrschaft. Der letzte Osteiner Graf, Johann Friedrich Karl Maximilian von Ostein, starb 1809 kinderlos, setzte zuvor aber seinen Neffen, Friedrich Karl Anton von Dalberg, zum Erben ein. Auf diesem Weg kam die Herrschaft an die Familie der Freiherren von Dalberg. Über Maria Anna von und zu Dalberg (1891–1979) fiel das Erbe mit den böhmischen Besitzungen und auch Schloss Wallhausen schließlich an eine Nebenlinie des Fürstenhauses Salm-Salm. Die böhmischen Besitzungen wurden durch die Tschechoslowakei 1945 enteignet, Schloss Datschitz später zu einem Museum umgewidmet.  


Randnotiz

Das Weingut Prinz Salm wird heute von Prinz Felix und Prinzessin Victoria geführt. Sie bewirtschaften 18 Hektar Rebfläche in den Weinbaugebieten Nahe und Rheinhessen. Angebaut werden zum größten Teil Riesling (73 Prozent), daneben Spät-, Weiß, und Grauburgunder sowie geringe Flächen Scheurebe und Merlot (je 2 Prozent) sowie seit kurzem 500 Rebstöcke Osteiner, einer seltenen Rebsorte, für die der siebenfache Urgroßonkel von Prinz Felix Namensgeber ist.

Je Weinbaugebiet werden zwei „VDP.Grosse Lagen“ bewirtschaftet: an der Nahe das Felseneck und der Johannisberg, in Rheinhessen (Bingen) der Kirchberg und Scharlachberg. Eine absolute Einzigartigkeit des Weinguts der Riesling vom Grünschiefer, eine geologische Rarität, die durch Schwefeleinschlüsse seine Farbe bekommt. Das Weingut Prinz Salm ist „Fair‘n Green“ zertifiziert und wird von Felix Prinz zu Salm-Salm (37 Jahre alt) zusammen mit seiner Frau Victoria in der 32. Familiengeneration geführt.

Mehr über Prinz Felix und seinen Weg in den Weinbau erfährst Du auch hier im Blog Moderne Topfologie, und zwar in meiner Reportage Freiheit & Verpflichtung: Zu Besuch im ältesten Familienweingut Deutschlands und jüngsten Weingut an der Nahe.

Urkunde des Godebold von Weierbach aus Wallhausen.
Die Urkunde vom 1. Mai 1219 mit dem Versprechen des Godebold von Weierbach, dass er als Pfand für die Zahlung des Zehnten zwei Wingerte "In den Breitwiesen" einbringt.


Fotos soweit nicht anders gekennzeichnet: Moderne Topfologie