Alpenküche interpretiert von Manuel Weyer in der Manusfaktur - seinem Restaurant mit Pop-up-Konzept


Koch Manuel Weyer.

03|03|2019   Manuel Weyer kann kochen. Und wie! Warum der 36-Jährige einer meiner Lieblingsköche in den Regionen Nahe und Rheinhessen ist, dazu muss und werde ich gleich ein wenig weiter ausholen. Aber ich verspreche: Es wird sich, liebe Leserinnen und Leser, lohnen, am Text "dran zu bleiben". Denn Manuel (kurz Manu gerufen) ist eine ebenso sympathische wie faszinierende Persönlichkeit, und seine Kochkunst ist letzteres nicht minder.

Lohnenswert ist die Lektüre aber auch noch aus einem weiteren Grund. Seit kurzem besteht für jeden die Möglichkeit, selbst zu erleben, was Manuel Weyer in Sachen Kochen "auf der Pfanne" hat. Ja, das war bislang tatsächlich nur eingeschränkt möglich. Zwar hob Manuel 2015 mit gerade einmal 32 Jahren in Windesheim an der Nahe sein eigenes Unternehmen Culinay Art aus der Taufe, um damit eine Fülle von Dienstleistungen rund ums gute Essen wie Koch- und Grillkurse, Caterings für Privatpersonen und Firmen, Rezeptentwicklung und Food-Styling für Zeitschriften und Buchverlage anzubieten, ein eigenes Restaurant gehörte aber nicht zum Angebotsspektrum. Wer in der Vergangenheit den an Jahren noch jungen aber an Erfahrung bereits reichen Koch bei einem Catering kennen lernen durfte und - begeistert vom Essen - gleich nach der Adresse seines Restaurants fragte, dem musste Manu mitteilen: "Leider nein, kein Restaurant vorhanden!"

Felche mit Knollen und Salat von Koch Manuel Weyer.

Die Manusfaktur - ein temporäres Pop-up-Restaurant


Damit ist nun Schluss! Mitte vergangenen Jahres zog Manuel Weyer mit seinem Unternehmen "Culinay Art" von der Nahe nach Rheinhessen ins nicht allzuweit entfernte Mainz-Hechtsheim um. An der neuen Wirkungsstätte eröffnete er zusammen mit seiner Frau Silvia "Manusfaktur" - ein temporäres Pop-up-Restaurant, das im Gastraum Platz für bis zu 40 Besucher bietet. In dem zeitweise geöffneten Restaurant, das in den Sommermonaten im Außenbereich weitere Sitzplätze bietet, besteht an jedem dritten Wochenende im Monat immer von Donnerstag bis Sonntag die Möglichkeit, in Manuel Weyers kulinarischen Kosmos einzutauchen, und zwar jeden Monat unter einem neuen kulinarischen Motto. (Mehr Details zu "Manusfaktur" am Textende.) Jüngst war ich Gast, als die "Manusfaktur" ihr Tür unter dem Motto "Alpenküche" geöffnet hatte, ein guter Anknüpfungspunkt, um anhand einiger dort servierter Speisen den Versuch einer Annährung an die kulinarische Handschrift von Manuel Weyer zu wagen.

Alpenküche-Dessert von Koch Manuel Weyer.
"Alpenküche" lautete das Februar-Motto in der "Manusfaktur".  Foto rechts: Adrian Infernus

Doch zunächst ein paar Anmerkungen zu Manuels Persönlichkeit sowie zu seinem bisherigen Werdegang, beides Bausteine, die zur Vollendung des "Mosaiks Manuel Weyer" unabdingbar sind. Erstens: Der 36-Jährige versteht sein Handwerk, und das auf hohem Niveau! Beginnend mit der Lehre im "Geuenicher Hof" in Inden-Altdorf im nordrheinischen Kreis Düren legte er in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine beeindruckende berufliche Entwicklung auf's Parkett. So lernte Weyer sein Handwerk in verschiedenen Küchen im In- und Ausland. Prägende Zeiten verbrachte er unter anderem bei Jean Claude Bourgueil und Johann Lafer. Mit verschiedenen Auslandspraktika bei Tom Aikens oder im Sketch Restaurant in London rundet er seinen Erfahrungsschatz ab. Nebenher entwickelte er sich nicht nur zum Experten in Sachen Grillen, sondern auch zu einem gefragten Food-Stylisten für Zeitschriften und Kochbuchverlage.

Koch Manuel Weyer in seinem Restaurant Manusfaktur.
Manuel Weyer in seiner "Manusfaktur".

Als Rezept-Entwickler und Foodstylist wirkte er an mehreren Koch- und Grillbüchern von Johann Lafer mit und schrieb Rezepte für die TV-Shows „Lafer! Lichter! Lecker!“ und „Die große Grillshow“ mit Horst Lichter und Johann Lafer. Schließlich leitete er als Assistent des Spitzenkochs mehrere Jahre lang Lafers Kochschule „Table d’Or“ in Guldental an der Nahe. Schon beeindruckt? Moment noch, denn da kommt noch mehr! Der 36-Jährige hat zudem mehrere Koch- und Grillbücher auf der "Haben-Seite" zu verbuchen, für die er nicht nur die Rezepte, sondern auch das Food-Styling mit verantwortete (siehe dazu auch die Buchliste unten). Im Alter von 32 Jahren hob er dann in Windesheim an der Nahe sein eigenes Gastro- und Genuss-Unternehmen "Culinary Art" aus der Taufe, und nun kam mit der "Manusfaktur" (endlich) das eigene Restaurant hinzu.

In Heu gegarte Damhischkeule von Koch Manuel Weyer.
Perfekt auf den Punkt gegart: Damhischkeule auf Ur-Kraut.

Warum ich das aufzähle? Nun, dieser mit Erlebnissen und Erfahrungen prall gefüllte Werdegang bezeugt Manuel Weyers Kenner- und Könnerschaft und hilft zu erklären, warum die Gerichte des 36-Jährigen so schmecken und aussehen, wie sie schmecken und aussehen . . . nämlich bemerkenswert gut. Als ebenso weit gereister wie versierter Koch verfügt er über einen hervorragend geschulten Gaumen und ein profundes Kochwissen, dessen Horizont durch seine Kennerschaft als Grillexperte nochmals erweitert wird. Als Rezeptentwickler greift er auf einen großen Schatz an Lebensmittelwissen zurück und zeigt ein hervorragendes Gespür für die Kombination von Speisen und Aromen.

"Kochen ist doch viel, viel mehr, als Essen schön angerichtet auf den zu Tisch stellen."
Manuel Weyer

Als Food-Stylist versteht er es schließlich, die Ergebnisse seinen Koch- und Grillkünste ausgezeichnet anzurichten. Bei Manuel Weyer bewegt sich die Güte des Geschmacks stets auf Augenhöhe mit der Schönheit der Präsentation auf dem Teller. Die Komposition der Gerichte ist ausgesprochen ausgewogen und harmonisch. Statt eines Vielerlei werden zumeist wenige, aber extrem gezielt gesetzte Elemente präsentiert, statt einer kapriziösen und überbordenden Expressivität verströmen die Speisekompositionen eine filigrane, klare und modern anmutende Eleganz. Kurz: Manuel Weyers Teller sind schlichtweg schön - ein jeder davon taugt dafür, aus dem Stegreif für ein Kochbuch fotografiert zu werden.

Ochsenschwanz mit Kartoffelcreme von Koch Manuel Weyer.
Der Ochsenschwanz mit Kartoffelcreme erstrahlt im warmen Glanz der Deckenleuchten der "Manusfaktur".

Können und Kennerschaft sind aber nur die eine, sozusagen die handwerklich-technische Seite von dem, was Manuel Weyer schafft. Denn für den gebürtigen Dürener ist Kochen, wie er selbst betont, "doch immer viel, viel mehr, als Essen schön angerichtet auf den zu Tisch stellen.“ Klar hat der 36-Jährigen großen Spaß speziell an der kreativen Dimension des Kochens und er schöpft Zufriedenheit daraus, wenn es ihm gelingt, ein Gericht gelungen auf den Teller zu bringt. Aber: dieses auf den Teller bringen ist nur die halbe Miete. Kochen ist für Weyer kein Selbstzweck, sondern per se auf den Gast ausgerichtet. Diesem möchte er mit seiner Arbeit ein Stück Wohlgefühl, Genuss und Freude schenken. Und erst wenn dies gelingt und Emotionen als positive Reaktion des Gastes zu ihm zurück kommen, dann ist der 36-Jährige rundum zufrieden.

Kaiserschmarren mit Kernobst-Röster und Tonkabohnen-Eis von Koch Manuel Weyer.
Kaiserschmarren mit Kernobst-Röster und Tonkabohnen-Eis.

Bindet ihn nicht die Arbeit an den Herd, dann hat Manuel Weyer stets Zeit für ein Plausch mit seinen Gästen. Keine Frage bleibt unbeantwortet und Lob nimmt er ebenso mit einem offenen Ohr an wie Anregungen und Kritik. "Ziel unserer Arbeit in der Manusfaktur ist es ja, unsere Gäste abzuholen und aufzufangen, mit einem geschmackvollen Essen, einem aufmerksamen Service und einem stilvollen aber nie steifen Drumherum. Unsere Gäste sollen sich hier so wohl fühlen, als wären Sie bei einem Essen mit guten Frunden in den eigenen vier Wänden", so der Koch. Kurzum: Manuel Weyer ist (im althergebrachten Wortsinn) ein echter Gastwirt. Sein Wirken ist stets auf das Wohlbefinden seiner Gäste ausgerichtet.


Alpenküche - interpretiert von Manuel Weyer in der Manusfaktur


Doch kommen wir nun zu dem, was Manuel Weyer auf den Teller bringt, also zum Versuch einer Annäherung an seinen Stil, seine kulinarische Handschrift. Die "Alpenküche", die Manuel jüngst an vier Tagen im Februar in seiner "Manusfaktur" zelebrierte, scheint mir dafür sehr gut geeignet

Tischdekoration in der Manusfaktur von Koch Manuel Weyer.


Spricht man mit dem 36-Jährigen über sein Tun, dann tauchen immer wieder die Begriffe und Wendungen Regionalität und Saisonalität, hohe Produktqualität, handwerkliche Perfektion, bestes Geschmacksbild und "auf den Punkt" auf. Das Streben nach bester, qualitativ hochwertiger Lebensmittelqualität („Das Produkt ist der Star!“) sowie nach einem ebenso finessenreichen wie ausbalancierten Geschmacksbild, das durch eine handwerklich perfekte und auf die Lebensmittel abgestimmte Zubereitung herausgearbeitet wird, deutet in Richtung des einen kulinarischen Wurzelstranges von Manuel Weyer: der klassischen französischen Spitzenküche. Als klassisch zu bezeichnen ist auch Weyers kompositorische Konzentration bei den Gerichten rund um zumeist drei Hauptzutaten. Beispiele dazu aus der Alpenküche-Karte: Limonen-Backhendl mit Käferbohnen und Vogerlsalat. Damhirschkeule mit Ur-Kraut und Kaspressknödel. Felchen mit eingelgten Knollen und Kräutersalat. Ein ausufernder Einsatz von verschiedensten Lebensmitteln auf einem Teller, ein "wilder Mix" von Produkten und kulinarischen Stilen aus aller Welt findet bei Weyer auf dem Teller ebenso wenig statt wie eine (in Teilen) effektverliebte Molekularküche oder eine modernistische Reduktion um der Reduktion willen. Weyer: "Pünktchen auf Tellern zubereiten ist nicht meine Sache. Ich möchte Essen und keine Kunst servieren."

Koch Manuel Weyer.
Manuel Weyer: "Pünktchen auf Tellern zubereiten ist nicht meine Sache."

Die Komposition von Gerichten rund um wenige Hauptzutaten herum verweist zugleich auf den zweiten kulinarischen Wurzelstrang Weyers: die bürgerliche Küche. Als jungen „Kochadept“ an der Seite seiner Mutter schulte er Fingerfertigkeit und Gaumen zunächst an der traditionellen bürgerlichen Küche, die weitestgehend ausschließlich mit regionalen und saisonalen Produkten aus der Heimatregion umgesetzt wurde. Auf diese Heimatküche - ganz gleich aus welcher Region - wendet Weyer die Parameter jenes erstgenannten Wurzelstrangs an, der sich während seiner Lehr- und Wanderjahre ausbildete. Er nutzt sein Wissen über eine hohe Produktqualität, die handwerklich perfekte Ausführung, das Erzeugen harmonischer Geschmacksbilder und perfekte Speisepräsentation, um eine zeitgemäße Form der Regionalküche auf den Teller zu bringen. Weyers Küche ist eine, die, um beim Beispiel der Alpenküche zu bleiben, die regionalen Spezialitäten, die Zubereitungstechniken und die traditionell in den Alpen gewachsenen Geschmacksbilder aufnimmt, um diese finessenreich und mit Fingerspitzengefühl geschmacklich und optisch als moderne Heimatküche "auf den Punkt" zu bringen.


Ochsenschwanz mit Kartoffelcreme und Röstzwiebeln

Einige Beispiele: Bereits der "Gruß aus der Küche" des Alpenmenüs, ein geschmorter Ochsenschwanz mit Kartoffelcreme und Röstzwiebeln, zeigt, wie fokussiert und sensibel Manuel Weyer Klassiker der Heimatküche interpretiert.

Ochsenschwanz von Koch Manuel Weyer.


Der Fleisch des Ochsenschwanz zergeht auf der Zunge, die geschmeidige, aber nicht zu sämige Sauce ist würzig, ohne vordergründig oder zu geschmacksintensiv zu sein und unterstreicht feinfühlig den fleischigen Geschmack des geschmorten Ochsenschwanzes. Die Kartoffelcreme ist herrlich leicht und ohne jedwede Butterlastigleit, die wenigen knusprigen Zwiebelringe fügen punktuell Würze und Crunch hinzu. Eine mit feiner Aromatik ausgestattete und gelungene Interpretation eines deftigen Wirtshausklassikers.


Limonen-Backhendl mit Käferbohnen und Vogerlsalat

Das gilt auch für das knusprige Limonen-Bachhendel mit Käferbohnen und Vogerlsalat. Speziell in der Südsteiermark ist die rötlich-braun gesprenkelte Feuerbohne, dort Käferbohne genannt, ein seit dem 19. Jahrhundert angebaute und beliebte Kulturpflanze. Die Prunkbohne wird dort, wie die in der Steiermark geborene Silvia Weyer zu erzählen weiß, für Suppen und Salat, Hauptgerichte und sogar Desserts verwendet.

Backhähnchen mit Feuerbohnen von Koch Manuel Weyer.


Manuel Weyer greift in seinem Gericht das regionaltypische Lebensmittel (die Steirische Käferbohne trägt das EU-Siegel der geschützten Ursprungsbezeichnung) und die dort beliebte Zubereitungsweise als Salat mit Kürbiskernöl auf und kombiniert dazu knusprig ausgebackene Teile vom Hendl. Die Käferbohnen bringen eine feincremige Konsistenz und einen zart nusssigen, an Maroni erinnernden Geschmack mit, an den die nussigen Nuancen des Kürbiskernöls, ebenfalls eine Steirische Spezialität, andocken. Die dezenten herb-bitteren Geschmackskomponenten des Kürbiskernöls geben den Bohnen ebenso Schwung wie einige untergemischte Frühlingszwiebel-Ringe und der kleine direkt auf den Käferbohnen angerichtete Salat aus Feldsalat und Frisee. Mittels einer separat gereichten Limonenhälfte hat jeder Gast die Möglichkeit, die Zitrusnote der fein auspanierten und saftig gegarten Hendlteile je nach Geschmack zu justieren. Ein durch und durch regionaltypisches und bodenständiges Gericht, in dieser Form der Zubereitung und Präsentation aber zugleich mit einer frischen und vielschichtig schimmernden Aromatik versehen.


Gebeiztes Felchen mit eingelegten Knollen und Kräutersalat

Sein großes Gespür für die angemessene Zubereitung und Würzung bester Produkte (sowie deren Präsentation auf dem Teller) zeigt Manuel Weyer beim Felchen mit Knollen und Kräutersalat. Der 36-Jährige verzichtet bewußt darauf, den empfindlichen Fisch mit viele Limettensaft und/oder Zwiebeln zu attackieren, und gibt dem zarten Fisch stattdessen durch eine sehr behutsame Beizung Raum zur Entfaltung seines Eigengeschmackes.

Gebeiztes Felchen mit Knollen von Koch Manuel Weyer.


Durch wenige Tropfen Hanföl und eine kleine Spur Bergpfeffer werden hauchzarte würzige Akzente gesetzt. Eine fein, unter die Fischwürfel gezogene Spur Nussbutter und hauchzarte Zitrusnoten verzahnen sich mit der geschmacklichen Klarheit und Frische auf der einen sowie der butterweichen Konsistenz des Felchens auf der anderen Seite. Nicht nur geschmacklich, sondern auch optisch bildet der Fisch die zentrale (Sicht-)Achse auf dem Teller. Parallel dazu richtet Weyer kleine eingelegte und noch bissfeste Knollenstücke und -scheiben an. Diese treten nicht in geschmacklicher Konkurrenz zum Felchen, sondern umschmeicheln diesen mit einer mild-nussigen Note. Der Kräutersalat, angerichtet mit einer sehr milden Vinaigrette, steuert eine zarte Würze bei. Kleine, in den Salat eingearbeitete Stücke vom jungen Fenchel zünden auf der Zunge aromatische Blitze und fügen sich keck aber doch bestens integriert in den Akkord der Aromen ein.


In Heu gegarten Damhirschkeule mit Kraut und Kaspressknödel

Feinheit und Finesse kitzelt Weyer auch bei einem weiteren traditionellen Klassiker der Alpenküche heraus, und zwar bei der in Heu gegarten Damhirschkeule mit Kraut und Kaspressknödel. Statt eines überbordenden und mit Sauce gefluteten Tellers präsentiert der 36-Jährige eine aufgeräumte und puristische Komposition.

Damwildkeule mit Kraut und Kaspressknödel Koch Manuel Weyer.


Beste Ausgangsprodukte werden mit sensibler Hand zu einem Gericht "veredelt", das die Authentizität des in der Tradition verwurzelten Geschmacksbildes ebenso wahrt wie den regionale Ursprung der Zutaten. Die auf den Punkt (niedrig)gegarte Damwildkeule ist zart wie ein Filet und steht zurecht im Zentrum der Komposition. Ohne mit Sauce unterlegt oder übergossen zu sein, darf das Fleisch seine zarte Wildwürze pur entfalten. Auch das untergelegte Kraut ist wohldosiert und mild abgeschmeckt und lässt jeden Raum, damit sich der natürliche Fleischgeschmack des Wildes entfalten kann. Für die würzig-deftige Seite innerhalb des Geschmackbildes dieses traditionellen Gerichtes sorgen die Käsepressknödel, die mit der Sauce vom Fleisch unterlegt sind. Zusammen mit dem milden Kraut genossen erzeugen die Kaspressknödel eine wohlig-geschmeidiges, aber keinen Deut überwürztes Geschmacksbild im Mund.


Topfen mit Apfelsorbet

Geschichteter Topfen mit karamellisiertem Apfelsorbet: So schlicht betitelte Manuel Weyer eines der beiden Desserts, die er zum "Alpenküche"-Thema servierte. Schlicht ist tatsächlich der traditionelle Ursprung dieses Desserts, der in der Kombination von Schichtquark mit Apfelmus zu suchen ist. Was Manuel Weyer daraus macht, ist in seiner Konzentration auf das Wenige weiterhin puristisch, in der Umsetzung aber hochfein und geschmacklich beeindruckend.

Topfen mit Apfelsorbet von Koch Manuel Weyer.


Durch eine feinfühlige Aromatisierung (u.a. mit Honig, Zitrusaromen und Sahne) sowie das Frosten hebt Weyer den Geschmack des Quarks dezent an und verfeinert dessen krümelige Struktur. Von so "vergüteten" Topfen setzt er drei kreisrunde Scheiben übereinander und dockt dadurch an den Aufbau eines traditionell hergestellten Schichtquarks an. Durch die leicht abgeflämmte Baiser-Haube setzt der 36-Jährige den Türmchen eine luftig-süßes Häubchen auf, durch hauchdünnen Karamell-Kreise zieht er geschmackliche und optische Trennlinien zwischen die Schichten.

Die Karamell-Plättchen schlagen zugleich geschickt den geschmacklichen Bogen zur Fruchtkompenente auf dem Teller, in dem ebenfalls karamellige Noten mitschwingen. Denn für das geschmeidige Sorbet wurden die Äpfel zuvor ebenfalls karamellisiert, wodurch dem Halbgefrorenen ein dezentes Bratapfel-Aroma mitgegeben wird. Ein leicht gesalzenes Krokant bildet das Bett für das Apfelsorbet, ein kreisrunder Klecks eingedickter Gelbfruchtssaft bildet durch Form und Farbe eine Brücke zwischen dem kreisrunden Topfen-Türmchen und der Sorbet-Nocke. Was auf der Karte schlicht als Topfen mit Apfelsorbet daher kommt, entpuppt sich in der geschmacklichen Finesse und Präsentation auf dem Teller als brilliant - das ist ein Dessertgang, der den vorhergehenden herzhaften Gängen schlichtweg ebenbürtig ist.

Zanderbäckchen mit Rüben und Öl-Kürbiscreme im Veltliner-Sud von Koch Manuel Weyer.
Die Zanderbäckchen mit bunten Rüben und Öl-Kürbiscreme im Veltliner-Sud werden bestens vom Riesling aus dem Karthäuserhof begleitet.

„Echtheit, Ursprünglichkeit, Authentizität“


Ohne weiter ins Detail zu gehen: Auch die anderen Speisen, die wir von Alpenküche-Karte probiert haben, so die Zanderbäckchen mit bunten Rüben und Öl-Kürbiscreme im Veltliner-Sud, die in Nussbutter confierte Bachforelle mit Bockshornkleekruste, Speck-Graupen und Berberitzen-Saft oder der Kaiserschmarren mit Kernobst-Röster und Tonkabohnen-Eis waren ein Genuss. Wenn Manuel Weyer kocht, dann visiert er Echtheit, Authentizität und Ursprünglichkeit an. Seine Küche schmeckt tatsächlich nach Alpenregion, wenn das kulinarische Motto "Alpenküche" lautet. Ist Manuel Weyers Küche kreativ und ambitioniert? Ja. Ist sie überkandidelt und maniriert? Nein. Ganz im Gegenteil! Sie ist gleichermaßen traditionsbewußt wie modern. Sie bleibt in enger Tuchfühlung mit den kulinarischen Traditionen, den regionalen Spezialitäten und überlieferten Geschmacksbildern, modernisiert diese aber sensibel und finessenreich, und zwar sowohl in der geschmacklichen Ausführung als auch bei der Präsentation auf dem Teller.

Bachforelle mit Bockshornkleekruste, Speck-Graupen von Koch Manuel Weyer.
Zu der in Nussbutter confierten Bachforelle mit Bockshornkleekruste, Speck-Graupen und Berberitzen-Saft passt der etwas gereiftere Weißburgunder Jahrgang 2016 bestens.

Manusfaktur by Culinary Art



Lange Zeit war Manuel Weyer auf der Suche nach einem geeigneten Platz, an dem er die Angebote seines in Windesheim an der Nahe beheimateten Unternehmens "Culinary Art" um einen Restaurantbetrieb erweitern konnte. Mitte 2018 war es dann soweit: In der rheinhessischen Landeshauptstadt entdeckte Koch Manuel Weyer etwas außerhalb des Mainzer Stadtteils Hechtsheim an der Militärstraße 2 die Räume einer nicht mehr in Betrieb befindlichen Gutsschänke inklusive Außengelände und angegliederten Wohnräumen. Der 36-Jährige nahm Kontakt mit den Besitzern des Hechtsheimer Weingutes Karthäuserhof, den Familien Konrad und Hubert Meier auf, und man erzielte schnell Einigkeit. Nach dem Umzug des Unternehmens und der Familie nach Hechtsheim sowie der mehrmonatigen Renovierung und Neueinrichtung von Gastraum und Küche folgte Ende 2018 die "stille Eröffnung" von "Manusfaktur by Culinary Art".

Logo Culinary Art.

"Manusfaktur" ist nicht durchgehend geöffnet, sondern nur am Ende jeder dritten Woche eines Monats für jeweils vier aufeinanderfolgende Tage, und zwar donnerstags bis sonntags von 18 bis 23 Uhr sowie am Samstag und Sonntag zusätzlich von 12 bis 15 Uhr. Zu jeder monatlichen Öffnungsphase trägt das temporäre Pop-up-Restaurant ein neues kulinarisches Motto.

Der Gastraum des Restaurants verfügt über rund 40 Sitzplätze, im Sommer können im Außenbereich weitere Plätze angeboten werden. Bei besonderen Veranstaltungen wie privaten oder geschäftlichen Feiern können auch größere Gruppen von bis zu 120 Personen bewirtet werden

Brote von Koch Manuel Weyer.


Das Weyer sein Restaurant nur zeitweise öffnet, hat seine Gründe. Der Tausendsassa benötigt einfach Zeit, um auch die anderen Zweige seines Genuss-Unternehmens (Veranstaltungscatering, Koch- und Grillkurse, Foodstyling und Rezeptentwicklung für Verlage etc.) voran zu treiben. "Ich möchte einfach alle Facetten meines tollen Berufes ausfüllen und nutzen und mir so auch meine Flexibilität und Kreativität bewahren", so der umtriebige 36-Jährige. Die Beschränkung auf eine zeitweilige Öffnungsphase bietet dem Koch und seinem Team zudem die Möglichkeit, sich minutiös auf das monatlich wechselnde kulinarische Thema vorzubereiten und an den Öffnungstagen "zu 100 Prozent für jeden unserer Gäste da zu sein", so Weyer, der in der Küche von zwei Mitarbeitern unterstützt wird. Den Service leitet - ebenfalls unterstützt von zwei Kräften - Manuel Weyers Frau Silvia.

Foodfotos schmücken die Wände des Restaurants Manusfaktur von Koch Manuel Weyer.
Foodfotos schmücken die Wände des Restaurants "Manusfaktur".

Zu jedem monatlich wechselnden kulinarischen Motto entwirft Manuel Weyer eine neue Speisekarte, die immer ungefähr 13 bis 17 verschiedenen Positionen enthält. Genossen werden können diese Speisen dann entweder à la carte oder als 3- beziehungsweise 5-Gang-Menü, wobei "die Mehrheit unserer bisherigen Gäste die Möglichkeit genutzt hat, ein Menü zu genießen", so der Koch. Was kostet ein Menü in "Manusfaktur"? Beispielhaft seien hier die Menüpreise aus der jüngsten "Alpenmenü"-Karte genannt. Das 3-Gang-Menü: 49 Euro (inkl. Weinempfehlung 65 Euro) Das 5-Gang-Menü: 73 Euro (inkl. Weinempfehlung 98 Euro).

Damhirschkeule von Koch Manuel Weyer mit Spätburgunder vom Karthäuserhof.


Als Weinbegleitung zum Essen stehen den Gästen in der "Manusfaktur" verschiedene Weiß- und Rotweine aus dem Hechtsheimer Weingut Karthäuserhof, das sowohl Lagen in Rheinhessen als auch im Rheingau bewirtschaftet, zur Auswahl zur Verfügung. Geplant ist zudem, dass in Zukunft auch spezielle "Manusfaktur"-Weincuvée aus dem „Karthäuserhof“ die Weinkarte ergänzen.

Die Öffnungszeiten, das monatliche kulinarische Motto und die jeweilige Speisekarte von "Manusfaktur" sind auf der Internetseite von Manuel Weyers Culinary Art sowie auf der Manusfaktur-Facebookseite zu finden.

Auch das Backen der Brote für sein Restaurant übernimmt Koch Manuel Weyer selbst.
Auch das Backen der Brote für sein Restaurant übernimmt Manuel Weyer selbst.


Randnotizen

Manuel Weyer im Portrait: Du möchtest noch viel mehr über den "Food-Verrückten" Manuel Weyer erfahren. Dann lies doch hier im Blog meine Reportage 365 Tage grillen: Koch, Food-Stylist und Grill-Experte Manuel Weyer im Portrait.

Rezepte von Manuel Weyer: Du möchtest Rezepte aus der Feder des Profikochs ausprobieren? Gerne! Mehrfach war der 36-Jährige bereits Gastkoch im Blog Moderne Topfologie, deshalb findest Du hier seine Rezepte für ein Zwiebelsüppchen mit gegrillten Jakobsmuscheln, für Zimtschnecken mit Glühweinsabayon, für einen Vanilleschmarren mit Erdbeerröster und eine Limoncello-Tarte mit Vanillebaiser.


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Buchtipps

Hier einige Koch- und Grillbücher, an denen Manuel Weyer mitwirkte:

(Silbermedaille der Gastronomischen Akademie Deutschlands)
Rezepte und Food-Styling: Manuel Weyer
Fotos Mathias Neubauer
ZS Verlag (2016)

Rezepte und Food-Styling: Manuel Weyer
Text: Rainer Schillings
Fotos: Ansgar Pudenz
99pages Verlag by Heel (2016)

Rezepte und Food-Styling Manuel Weyer
Fotos Mathias Neubauer
ZS Verlag (2017)

Rezepte und Food-Styling: Manuel Weyer
Text: Rainer Schillings
Fotos: Ansgar Pudenz
99pages Verlag (2013)

Rezepte und Food-Styling: Manuel Weyer
Text: Rainer Schillings
Fotos: Ansgar Pudenz
99pages Verlag (2011)

(Winner Gourmand Worls Cookbook Award)
Rezepte und Food-Styling: Manuel Weyer
Text: Rainer Schillings
Fotos: Ansgar Pudenz
99pages Verlag (2010)

Text Melanie Zanin, Eisrezepte Manuel Weyer
ZS Verlag (2017)

Restaurant Manusfaktur von von Koch Manuel Weyer.

Foto Hirsch: Philipp Pilz
Foto Fisch im Bach: Hunter Brumels
Foto Gebirgslandschaft mit Damwild: Johannes Andersson
Alle nicht anderweitig gekennzeichneten Fotos: Moderne Topfologie
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