12|08|2020 Passt man nicht genau auf, dann ist man schnell vorbeigefahren am Weinheimer Hof. Die Straße durch Rümmelsheim hinauf zum Weingut der Familie Pieroth ist steil und schmal und erfordert Aufmerksamkeit bei der Anfahrt mit dem Auto. Kurz bevor die Hauptstraße eine scharfe Kurve nach links in Richtung Waldalgesheim nimmt, liegt rechterhand mit der Hausnummer 21 das Weingut. Das alte Hofgebäude hat keine prunkvolle Fassade oder Weingutsschilder, die auffällige in das Sichtfeld der Autofahrer hineinragen, es fügt sich unauffällig in die landwirtschaftlich geprägte Bebauung des kleinen Ortes an der unteren Nahe ein. Umso auffälliger ist das, was sich seit einiger Zeit hinter den alten Mauern des Hofes tut, in dem Familie Pieroth seit 1781 lebt und arbeitet. Mit Christine und Philipp Pieroth hat in den vergangenen drei Jahre die junge Generation das Ruder im Weingut übernommen, und was die beiden dabei auf die Beine stellen, ist weit mehr als eine Fortführung des Altbewährten unter neuen Vorzeichen. Vor einigen Wochen brachten die Geschwister ergänzend zu den Weinen des Weinheimer Hofes eine neue und eigenständige Weinlinie auf den Markt. Der Name: PIRI Wein.
Die vier Gutsweine der aktuellen PIRI Weinkollektion. |
Der Natur Raum und dem Wein Zeit lassen: PIRI Wein
Wir schreiben das Jahr 2018. Nach ihren Ausbildungs- und Wanderjahren stehen Christine und Philipp bereit, um voll und ganz ins elterliche Weingut einzusteigen. Beide haben in diesem Jahr ihr Studium in Geisenheim abgeschlossen und sie überraschen ihren Vater Ulrich gleich mit einer "speziellen Idee". Eine neue Weinlinie parallel zu den etablierten Weinen des Weinheimer Hofs soll's sein, und zwar mit einer neuen und eigenen Weinstilistik, einem eigenen Namen und einer eigenen Flaschenausstattung. Es wird diskutiert, es werden Ideen und Gedanken ausgetauscht und die Vision der Geschwister nimmt immer konkretere Formen an. Langsam zwar, aber die Familienmitglieder nähert sich doch Schritt für Schritt immer mehr dem Ziel an.
Machen ihr eigenes PIRI-Wein-Ding: Christine und Philipp Pieroth. |
"Über drei Jahre haben wir an allen Facetten unserer Weinlinie gewerkelt und gefeilt. Erst vor wenigen Wochen sind wir dann mit den ersten PIRI Weinen an den Start gegangen", so Philipp Pieroth, der erst nach einem Umweg wieder im elterlichen Weingut gelandet ist. Nach dem Abitur denkt der heute 30-Jährige gar nicht daran, im Weinbau zu arbeiten. Er macht er eine Banklehre, arbeitet als Bankberater, doch „der Job hat mich nicht ausgefüllt. Da hat einfach etwas gefehlt.“ Er hängt ein Studium der Internationalen Weinwirtschaft in Geisenheim dran und sammelt weltweit Erfahrungen in Weingütern, so in Südafrika, den USA und Österreich. Zurück an der Nahe, übernimmt er 2018 im Weinheimer Hof Verantwortung für die Bereiche Vertrieb und Marketing sowie zusammen mit Christine für den Außenbetrieb. Seine zwei Jahre jüngere Schwester ist zu demselben Zeitpunkt ebenfalls wieder im elterlichen Betrieb aktiv.
„Zunächst die Welt sehen“, das ist das Ziel von Christine Pieroth nach ihrem Abitur. Doch auch bei ihren Reisen ins nahe und ferne Ausland landet sie schnell wieder als Helferin in Weingütern, so in British Columbia in Kanada und in Frankreich. Ihre Winzerlehre absolviert sie in den renommierten Weingütern Keller in Rheinhessen und Dr. Crusius an der Nahe und bis zum Abschluss ihres Weinbaustudium in Geisenheim im Jahr 2018 atmet die heute 28-Jährige in traditionsreichen und innovativen Weingütern eine große Portion Weinbau-Erfahrung und Weinleidenschaft ein. Bereits 2017 baut sie eigenständig einige Weine im Weinheimer Hof aus, 2018 überlässt ihr Ulrich Pieroth für alle Weine weitestgehend freie Hand und 2019 übernimmt Christine eigenverantwortlich den kompletten Ausbau der Weine sowie gemeinsam mit ihrem Bruder die Pflege der Weinberge.
»Mich hat seit jeher der Gedanke fasziniert, was passiert, wenn man den Wein möglichst in Ruhe lässt, von Anfang an.«
Christine Pieroth
Die Geschwister sind nun die neue Generation im Weingut „Weinheimer Hof - Ulrich Pieroth“ in Rümmelsheim-Burg Layen, und das aktuelle Jahr 2020 ist ein ganz spezielles für Christine und Philipp. Seit einigen Wochen ist die erste eigene Weinkollektion der Geschwister auf dem Markt. Und weil beiden gleichermaßen der Spitzname „Piri“ (als Abkürzung für ihren Familiennamen) anhängt, tauften sie ihre gemeinsame Weinlinie kurzerhand PIRI Wein.
Möglichst nichts hinzufügen und nichts entfernen . . . und warten können!
Individuelle und langlebige Weine mit Charakter, die ihre eigene Geschichte erzählen. Das ist das Ziel der zwei „Piris“ bei der Weinerzeugung. Das Credo der beiden jungen Weinmacher lautet dabei: Möglichst nichts hinzufügen und nichts entfernen. So viel Naturnähe wie möglich und nur so viel technisches Brimborium im Keller wie nötig. „Mich hat seit jeher der Gedanke fasziniert, was passiert, wenn man den Wein möglichst in Ruhe lässt, von Anfang an“, erzählt Christine Pieroth. Die 28-Jährige möchte Weine machen, die möglichst naturbelassen sind, ohne hochgezüchtete Kellertechnik, ohne den Einsatz von Weinmittelchen aus dem Chemielabor, ohne Anreicherung, Entsäuerung, Reinzuchthefen, Schönung und - wenn es sich anbietet - auch ohne Filtration und ohne (oder nur mit geringer) Schwefelung. Dafür aber mit einer sorgfältigen Boden- und Pflanzenpflege mit Anleihen aus der biologischen und biodynamischen Bewirtschaftung, einem behutsamen Weinausbau mit möglichst geringer Beeinflussung durch Eingriffe des Winzers und einer dem jeweiligen Wein angemessenen langen Reifezeit im Fass beziehungsweise in der Flasche. Kurz gesagt: die beiden Piris gehen nah ran an den Naturwein . . . das aber in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung.
Trauben für den PIRI Wein. |
PIRI Naturel - die volle Packung Naturwein
Die volle Bandbreite der Naturwein-Kniffe inklusive Abfüllung ohne Filtration und Schwefel-Dosage setzt die Winzerin bei der „PIRI Naturel“ Linie um, die einen Riesling, Silvaner und Rosé sowie zwei Pétillant Naturel, eine alte Form des Schaumweins, umfasst. Bei der „PIRI Wein“ Linie, zu der aktuell vier Gutsweine, zwei Terroirweine und einen Lagenwein gehören, wird das Portfolio der Naturwein-Techniken in unterschiedlicher Ausprägung angewandt. „Wir verfolgen da kein Dogma. Das ist ein Prozess, wir norden uns je nach Weinkategorie sowie den jeweiligen Gegebenheiten des Weinjahrgangs immer wieder neu ein“, so Philipp Pieroth.
Naturwein: Silvaner aus der PIRI naturel Linie. |
Was alle PIRI-Weine vom Guts- bis zum Lagenwein eint: Sie werden komplett ohne den Einsatz von Reinzuchthefen nur mit natürlichen Hefen vergoren und dürfen (in unterschiedlicher Länge) auf der Hefe lagern. Die Intensität des Einsatzes von Maischestandzeit, Stahl- und/oder Holzfass-Ausbau sowie Filtration und Schwefel-Dosage bei der Abfüllung schwankt indes. So stammen alle vier Gutsweine sowie der Lagenwein der aktuellen Kollektion aus dem Stahlfass. Aus kellertechnischer Sicht dem Naturwein am nächsten stehen die beiden Terroirweine, ein Weiß- und ein Grauburgunder. Sie stammen beide aus dem Jahrgang 2017 und wurden erst Anfang 2020 nach einer sehr langen Lagerung im wiederbelegten 500-Liter-Eichenholzfass auf der Vollhefe auf die Flasche gefüllt, und zwar unfiltriert nach natürlicher Klärung.
Unfiltriert nach langer Reifung auf der Vollhefe abgefüllt: Die beiden Terroirweine von PIRI Wein. |
Terroirwein mit Ecken und Kanten
Die beiden Terroirweine aus der „PIRI Wein“-Linie sind das Paradebeispiel dafür, was Christine und Philipp besonders mögen: Im Keller möglichst wenig am Wein herumdoktern und dem Wein im Holzfass vor allem eines lassen: Zeit zur Vergärung und Entwicklung, und zwar ohne Hefezusatz, ohne Säurekorrektur, ohne Schönung und ohne Filtration. „Die meisten der üblichen Behandlungen zielen doch darauf ab, dem Wein alle Ecken und Kanten zu nehmen, um ihn schnell trinkreif zu machen. Ich hingegen kann warten“, sagt Christine Pieroth, und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „. . . und ich mag Ecken und Kanten!“
Randnotiz
Kurz bevor die Nahe bei Bingen in den Rhein mündet, fließt der in den Hängen des östlichen Hunsrücks entspringende Trollbach in den für die Weinbauregion namensgebende Fluss. Hier im wildromantischen Trollbachtal ist in Rümmelsheim-Burg Layen ist seit über 230 Jahren der Hof der Pieroth beheimatet. 1781 gegründet, widmet sich die Familie seit den 1960er Jahren voll und ganz dem Weinbau. Stück für Stück vergrößert Ulrich Pieroth das Weingut durch den Ankauf von Rebflächen unter anderem in Top-Lagen wie Dorsheimer Goldloch, Pittermännchen und Burgberg, Burg Layer Schlossberg und Rümmelsheimer Steinköpfchen von fünf auf fast 15 Hektar. Die Weine werden direkt ab Hof vermarktet und können dort auch genossen werden. Denn im historischen Innenhof des Weinheimer Hofes öffnen die Pieroth einige Wochen im Jahr eine Straußwirtschaft, in der zu den Weinen des Gutes auch hausgemachte saisonale Speisen serviert werden.
Der Einzellagen-Übersetzer: Riesling aus der Spitzenlage Dorsheimer Pittermännchen. |
Nach und nach hat in den vergangenen drei Jahren mit mit Christine und Philipp Pieroth die junge Generation das Ruder im Weingut übernommen. Christine Pieroth absolvierte ein Weinbau-Studium in Geisenheim, Philipp studierte dort Internationale Weinwirtschaft. Neben den Weinen des Weinheimer Hofes verantworten beide seit 2020 auch die neue Weinlinie PIRI Wein, die im Jahr 2020 rund 10 000 Flaschen umfasst. Ihre fünf reinrassigen Naturweine taufte Christine Pieroth PIRI naturel – davon wurden in diesem Jahr rund 4000 Flaschen gefüllt. Zum Vergleich: Die Jahresproduktion der Weinlinie des Weinheimer Hofes liegt bei rund 40 000 Flaschen.
KONTAKT
PIRI Wein
55452 Rümmelsheim | Burg Layen
E-Mail: info@piriwein.de
Internet: www.piriwein.de
PIRI-Weinliste
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Flaschenfotos: Moderne TopfologieKONTAKT
PIRI Wein
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E-Mail: info@piriwein.de
Internet: www.piriwein.de
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Wo der PIRI Wein wächst: Weinlagen in Rümmelsheim-Burg Layen. |
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