Schmorgenuss par excellence: Tafelspitz von der Färse aus dem Schmortopf

Schmorbraten vom Tafelspitz


30|04|2023   Tafelspitz . . . da denkt fast jeder unweigerlich an den in Brühe gesottenen und mit Apfel- oder Semmelmeerrettich und Suppengemüse servierten Siedfleisch-Klassiker aus Österreich. Kann man so machen, muss man aber nicht. Denn auch als Schmorbraten mit einer konzentrierten und hocharomatischen tiefdunklen Sauce macht der Tafelspitz eine prächtige Figur. Dazu etwas Schmor- oder Röstgemüse und beispielsweise Nocken vom Kartoffelpüree – und fertig ist ein Hochgenuss, der auch im Sommer auf dem Tisch landen darf.

Küchentipps rund um den Tafelspitz


Wer bei der Zubereitung eines Tafelspitz vermeiden möchte, dass die an die Hüfte angrenzende dünn auslaufende Spitze des Schwanzstücks vom Rind zäh und trocken wird, sollte speziell auf zwei Dinge achten. Erstens: Wähle das Fleisch weise! Ein Tafelspitz vom Jungbullen schmeckt oft etwas beliebig und flach, deutlich besser schmecken Färse (eine Kuh, die noch nicht gekalbt hat) oder alternativ Ochse. Wer die Wahl hat, greift also zum Färsen-Tafelspitz vom Simmentaler Fleckvieh aus der Alpenregion, Limousin oder britische Aberdeen (Black) Angus. Außerdem: Der spitze Bereich eines Tafelspitz ist zarter als die breite Seite . . . also beim Einkauf möglichst ein Zuschnitt mit viel Spitze wählen beziehungsweise, wenn du für viele Esser kochst, lieber zwei Stücke von der Spitze als einen riesiges einzelnes Tafelspitz-Stück!


Tafelspitz aus dem Schmortopf
Die Tafelspitz-Scheiben ziehen in der Sauce sanft auf Serviertemperatur.

Zweitens: Tafelspitz verträgt keine hohen Temperaturen, er wird dadurch schnell zäh und trocken. Deshalb: Nicht totkochen und keine Hektik! Die Devise bei der Zubereitung lautet Low-and-Slow. Denn wer Tafelspitz kocht, hat schon verloren. Köchelt er bei oder nur wenige Grad unterhalb des Siedepunktes, wird er schnell furztrocken. Schmorst du ihn hingegen schonend bei niedriger Temperatur und über längere Zeit – dann ist die Chance auf zartes Fleisch am größten! Also: Hitze runter und alles nur sehr, sehr sanft bei Temperaturen von 75 bis allerhöchstens 90 Grad Celsius vor sich hin schmörgeln lassen. Und: Wenn es die Essensplanung erlaubt, lasse das Fleisch im Schmorsud einige Zeit (oder sogar über Nacht) erkalten. Erst dann kalt in 0,5 bis max. 1 cm dicke Scheiben schneiden - und zwar immer gegen den Faserverlauf. Die Sauce auf die gewünschte Konsistenz einköcheln, die Fleischscheiben einlegen und wieder auf ca. 75 °C erwärmen. Dass sich der Tafelspitz nach dem Garen einmal komplett abkühlen und entspannen durfte, bevor er im sanften „Wärmebad“ wieder auf Serviertemperatur gezogen wird, wird er dir mit zu danken wissen!


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Rezept für geschmorten Tafelspitz in dunkler Sauce

Tafelspitz Schmorbraten


ZUTATEN  |  für 4–6 Personen

  • ca. 1,7 kg Tafelspitz
  • 400 g Zwiebeln
  • 120 g Möhren
  • 200 g Knollensellerie
  • 1 Petersilienwurzel
  • 100 g Lauch
  • 4 EL Butterschmalz*
  • Prise grobes Meersalz
  • 1 EL Tomatenmark
  • 200 ml Tawny Portwein*
  • 750 ml Rotwein
  • 700 ml Rinderfonds
  • 200 ml Wasser
  • 2 EL dunkles Miso*
  • 5 Pimentkörner
  • 1 Lorbeerblatt
  • 2 Stangen vom Langpfeffer* (Bengalischer Stangenpfeffer)


ZUBEREITUNG  |  ca. 30 Min. plus ca. 2–3 Std. Schmorzeit und mind. 1 Std. Ruhezeit

  1. Tafelspitz parieren. Die Zwiebeln grob würfeln. Möhren, Sellerie und Petersilienwurzeln putzen, schälen und grob würfeln. Lauch putzen, längs halbieren und in grobe Stücke schneiden. Butterschmalz in einem großen Schmortopf oder Bräter erhitzen und das Fleisch darin bei starker Hitze 2–3 Min. rundum anbraten. Herausnehmen und mit grobem Meersalz bestreuen.
  2. Restliches Butterschmal (1 EL) in den Topf geben und die Zwiebeln darin bei mittlerer bis starker Hitze unter gelegentlichem Rühren 4–5 Min. dunkel braun braten. Möhren, Sellerie, Petersilienwurzeln und Lauch zugeben und weitere 4–5 Min. anbraten. Tomatenmark zugeben, etwas verrühren und 30 Sek. anrösten. 250 ml Rotwein und 100 ml Portwein angießen und fast vollständig reduzieren. Nochmals 250 ml Rotwein und 100 ml Portwein angießen und erneut fast vollständige verkochen lassen. Das Fleisch sowie die Würzzutaten (Miso, Pimentkörner, Lorbeerblatt, Langer Pfeffer) zugeben und mit Fond und Wasser auffüllen, so dass die Flüssigkeit ca. 1–2 cm über dem Fleisch steht. Das Fleisch jetzt wieder aus dem Topf nehmen und die Flüssigkeit aufkochen. Dann die Hitze reduzieren und das Fleisch wieder einlegen. Nun alles sanft auf kleiner Flamme bei einer Temperatur von ca. um die 80 °C simmern lassen, je nach Größe des Fleischstückes ca. 2,5–3 Std. Das Fleisch ist gar, wenn eine Fleischgabel oder ein Kochmesser mühelos hineingestochen und wieder herausgezogen werden kann.
  3. Das Fleisch aus dem Fonds heben und abkühlen lassen. (Wer Zeit hat, lässt das Fleisch über Nacht im Schmorsud erkalten - siehe Tipp oben.) Die Sauce passieren, und zwar zuerst durch ein grobes und anschließend durch ein feines Sieb. Kurz stehen lassen und mit etwas Küchenkrepp das Fett von der Oberfläche abheben. Die Sauce bei mittlerer Hitze auf die gewünschte Konsistenz einköcheln, eventuell noch mit Salz und Pfeffer abschmecken. Tafelspitz in ca. 5 bis max. 10 mm dicke Scheiben schneiden (gegen den Verlauf der Fleischfasern) und in der Sauce auf ca. 75 °C erwärmen. Auf vorgewärmten Tellern servieren.

Dazu passt: Zum Beispiel buntes Ofengemüse - hier das Rezept: Buntes Ofengemüse – eine feine Leckerei vom Blech. Außerdem: Kartoffelpüree - Rezept siehe hier - oder Kartoffelkrapfen oder auch Kartoffeltaler.


Tafelspitz Schmorbraten


Randnotiz rund um den Tafelspitz: 

Tafelspitz ist einer der bekanntesten Klassiker der Wiener Küche und hat weit über die Landesgrenzen Österreichs hinaus viele Genießerinnen und Genießer für sich begeistert. Der Begriff „Tafelspitz“ bezeichnet dabei sowohl das spezielle Fleischstück als auch das daraus zubereitete Gericht. 

Woher das Gericht Tafelspitz stammt? Es ist ein Paradebeispiel der Wiener Küche und hat seine Wurzeln im 19. Jahrhundert. Der Name leitet sich von der charakteristischen spitz zulaufenden Form des Fleischstücks ab, das aus dem hinteren Teil der Rinderkeule, genauer gesagt aus dem Schwanzstück (Schlögel) stammt. Historisch gesehen war gekochtes Rindfleisch schon im Mittelalter ein fester Bestandteil der Wiener Esskultur. Besonders im 19. Jahrhundert, zur Zeit Kaiser Franz Josephs, wurde Tafelspitz zur Delikatesse: Der Kaiser selbst soll ein großer Liebhaber des Gerichts gewesen sein, was seinen Siegeszug durch ganz Österreich und darüber hinaus begünstigte.
Eine Legende besagt, dass Anna Sacher, die berühmte Wirtin des Hotel Sacher, das Gericht für hohe Militärs der kaiserlichen Tafel entwickelte, da diese nach den schnellen Hofbanketten oft hungrig blieben. Sie ließ den Tafelspitz stundenlang köcheln, sodass er jederzeit servierbereit war – ein spezieller Schachzug, der das Gericht zur Ikone machte.


Welches Fleisch kann man für Tafelspitz verwenden und worauf sollte man beim Kauf achten?

Klassisch wird für Tafelspitz das Schwanzstück vom Rind verwendet, das an den Hüftdeckel grenzt. Das Fleischstück ist dreieckig, feinfasrig und besitzt einen schmalen Fettrand, der beim Kochen für Saftigkeit und Geschmack sorgt. Auch Kalbstafelspitz ist beliebt und ergibt ein besonders zartes Gericht. Für das Fleischstück Tafelspitz gibt übrigens zahlreiche Synonyme und regionale Bezeichnungen: In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden die Begriffe Tafelspitz, Schwanzstück, Siedfleisch und Tellerfleisch verwendet, in Südamerika Picanha, Tapa di Quadril, in Frankreich Culotte, in den USA und England Top Butt Cap und Cap of Rump.
Alternativ können auch andere Teile des Rindes wie Kavalierspitz, Schulterscherzel oder Ochsenbacke verwendet werden, wobei diese meist etwas durchwachsener sind.

Bei Einkauf von Tafelspitz solltest du auf folgende Merkmale besonders achten:

  • Eine feine Fettmarmorierung: Das Fleisch sollte nicht zu mager sein, eine leichte Marmorierung sorgt für Zartheit und Aroma.
  • Eine Fettschicht: Die charakteristische Fettkappe sollte nicht entfernt werden, da sie das Fleisch beim Kochen schützt und Geschmack abgibt.
  • Gut abgehangen: Das Fleisch sollte ausreichend gereift sein, damit es beim Kochen mürbe wird und nicht zäh bleibt.
  • Die Herkunft: Fleisch von jungen Ochsen oder Kalb aus artgerechter Haltung wird besonders geschätzt.

Klassische Zubereitungsmethode für Tafelspitz:

Die traditionelle Zubereitung ist ein Paradebeispiel für die Wiener Siedefleisch-Küche.
Zunächst die Vorbereitung: Das Fleisch wird gewaschen, Sehnen und grobe Häute entfernt, die Fettschicht bleibt erhalten. Der Suppenansatz: In einem großen Topf werden Rinderknochen (für mehr Geschmack) mit kaltem Wasser aufgesetzt und aufgekocht. Der entstehende Schaum wird abgeschöpft. Fleisch und Gewürze: Der Tafelspitz wird zusammen mit Suppengrün (Karotten, Sellerie, Lauch), Zwiebeln (oft mit Schale und angeröstet für Farbe und Aroma), Lorbeer, Pfefferkörnern, Wacholder und manchmal Nelken in die Brühe gegeben. Sanftes Köcheln: Das Fleisch sollte nie stark kochen, sondern nur leicht simmern – je nach Größe zwei bis drei Stunden. So bleibt es zart und saftig. Endspurt: Das Fleisch ist gar, wenn es sich leicht von der Fleischgabel löst. Wichtig: Es wird immer quer zur Faser in Scheiben geschnitten und mit etwas Brühe serviert.

Klassische Beilagen zum Tafelspitz sind Apfelkren (Apfel-Meerrettich), Semmelkren (Brötchen-Meerrettich), Schnittlauchsauce, Röstkartoffeln, Erdäpfelschmarrn, Spinat oder Dillrahm-Bohnen. Moderne Küchen kombinieren Tafelspitz auch mit ungewöhnlichen Aromen, so zum Beispiel mit einer Wasabi-Crème, asiatischen Gewürzen oder Beilagen wie gebratenem Spinat und Sesamöl.


Moderne Zubereitungsmethoden für Tafelspitz:

Auch ein Traditionsgericht wie der Tafelspitz bleibt nicht von Innovationen verschont. Hier einige moderne Varianten der Zubereitung:

  • Sous-vide: Das Fleisch wird vakuumiert und bei niedriger Temperatur (ca. 59–64 °C) über viele Stunden (bis zu 24 Stunden) im Wasserbad gegart. Das Ergebnis ist besonders zart und saftig, da das Fleisch exakt auf den gewünschten Garpunkt gebracht wird.
  • Auf dem Grill : In Südamerika wird Picanha (das Pendant zum Tafelspitz) gerne auf dem Grill zubereitet. Der Fettdeckel schützt das Fleisch vor dem Austrocknen. Am Stück gegrillt und anschließend in Tranchen geschnitten, erhält man eine zarte, aromatische Delikatesse.
  • Schmoren: Der Tafelspitz kann auch - wie i Rezept oben - geschmort werden, etwa mit Rotwein, Wurzelgemüse und Gewürzen im Bräter. Das Fleisch wird kräftig angebraten und dann langsam im Ofen gegart – ideal für kräftige Saucen und neue Geschmackserlebnisse.

Ob klassisch als Siedefleisch mit Meerrettich und Brühe oder modern als Sous-vide-Variante oder Grill-Highlight: Tafelspitz ist - richtig zubereitet - ein besonderer Leckerbissen. Entscheidend für den perfekten Genuss sind dabei die Fleischqualität und eine schonende Zubereitung mit ausreichend Zeit und die Liebe zum Detail.


  Foodfotos: Moderne Topfologie | Kai Brückner
  Foto Rind: Richard Gatley
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