Knuspriges Ciabatta selber backen: Das Rezept für zuhause!

Ciabatta

28|10|2023   So, nachdem es jüngst in meiner heimischen Küche mehrere Wochen zuging wie in einer ligurischen Backstube, in der eine Focaccia nach der nächsten in den Ofen hinein und wieder hinaus wanderte (siehe Blogartikel Leckere Focaccia: Schritt-für-Schritt-Anleitung für ein perfektes Ergebnis), wechsele ich heute Landstrich und Brotsorte: Auf geht's nach Venetien, wo dem "Istituto Nazionale di Sociologia Rurale" zufolge im Jahr 1982 Arnaldo Cavallari in einer Bäckerei in Rovigo Ciabatte austüftelte und anschließend geschäftstüchtig vermarktete. Cavallari verwendete für sein Weizenteigbrot eine neue besonders glutenhaltige Mehlsorte aus der Mühle seiner Familie, was zu einer groben Brotporung beitrug. Zudem verpasste er der "italienischen Antwort auf das französische Baguette" eine spezielle Form, von der das Ciabatta-Brot auch seinen Namen hat: Es ist länglich, aber eher flach - eben wie eine Pantoffel - italienisch "Ciabatta".


Ciabatta


Geheimtipps für luftiges Ciabatta: Die besten Backtricks


In den vergangenen Wochen habe ich es Cavallari nachgetan und an einem Ciabatta-Rezept getüftelt. Das Ziel: ein Rezept, mit dem auch Back-Debütanten auf vergleichsweise einfachem Weg ein Ergebnis erzielen, dass einem waschechten italienischen Ciabatta aus handwerklicher Herstellung würdig ist. Doch was macht - neben der speziellen Form - ein Ciabatta überhaupt aus? Nun, hergestellt wird Ciabatta aus einem weichen hellen Weizenteig, für den im optimalen Fall ein kleberstarkes Mehl genutzt wird. Für Auftrieb und Lockerung sorgt ein Weizensauerteig, alternativ Hefe. Typisch ist zudem die Zugabe von Olivenöl zum Teigansatz. Charaktermerkmale eines vollendeten Ciabatta sind eine grobe Porung und eine knusprige, aber nicht zu kräftige und dunkle Kruste. 

 

Ciabatta

Wie das alles hinbekommen? Für Struktur und Geschmack sind zuvorderst das verwendete Mehl, das eingesetzte Triebmittels (Sauerteig oder Hefe) sowie Art und Dauer der Fermentation entscheidend. Ein gutes Ciabatta ist locker und luftig und hat eine offenen und porösen Krume mit viel Luft in der Teigstruktur. Verantwortlich für so eine Krume ist nicht zuletzt eine lange Teigführung. Durch eine lange Teigreife über mehrere Stunden bis hin zu einem ganzen Tag wird aber nicht nur die Struktur verbessert, sondern auch der Geschmack entwickelt. Doch Vorsicht: Für eine sehr lange Fermentation ist ein kleberstarkes Mehl erforderlich, ein Mehl also, das einen hohen Klebereiweiß-Anteil, also viel Gluten enthält. Helles Weizenmehl hat tendenziell den höchsten Klebergehalt. Auf deutschen Mehlen wird der Kleberanteil auf den Verkaufsverpackungen nicht speziell ausgewiesen. Einen Anhaltspunkt gibt der in der Zutatenliste angegebene Eiweißgehalt pro 100 g Mehl: Steht dort eine 13 oder sogar 14, dann hältst du ein kleberstarkes Mehl in den Händen.
 

Ciabatta in der Stückgare
Ciabatta-Teiglinge in der Stückgare im Bäckerleinentuch.


Deutlich differenzierter deklarieren die Norditaliener ihre Weizenmehle. Wie die Deutschen klassifizieren die Italiener Mehle nach dem Ausmahlgrad (also dem Anteil der Schalenanteile und damit der Mineralstoffe im Mehl) mit Ziffern von 00 (sehr helles Mehl mit niedrigem Ausmahlgrad) über 0, 1 und 2 bis Integrale für Vollkornmehl. Ergänzend wird von einigen norditalienischen Mehlerzeugern aber auch noch der Glutengehalt farblich markiert: Ein gelber Punkt markiert ein weiches, kleberschwaches Mehl, während violett ein extrem kleberstarkes Mehl kennzeichnet, das optimal für extrem lange Teigreifezeiten oder reichhaltige Gebäcke wie Panettone geeignet ist. Fünf Farben und Gluten-Klassifikationsstufen weist dieses System auf: gelb; orange; rot; blau und violett. 
Ganz schön tricky, oder? Was wichtig zu wissen ist: Trotz Verwendung eines kleberstarken Mehls darf du es mit der Fermentationsdauer nicht übertreiben. Denn je länger die Teigfermentation andauert, desto mehr zersetzt das im Mehl enthaltene Enzym die Kleberstruktur, was zur Folge haben kann, dass das Ciabatta später auf dem Backblech seine Form nicht hält und zum Fladenbrot auseinanderfließt.
 

Ciabatta


Mehr über die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Mehl, Fermentationsart und -dauer sowie warmer und kalter Führung erfährst du weiter unten im Zusatz-Infoteil zu den Vorteigen Poolish und Biga. Mit Blick auf die Ciabatta-Backpraxis hier in komprimierter Form einige Praxistipps, die ich dir als Quintessenz aus meiner Ciabatta-Backstubenpraxis ans Herz lege:

  • Mehlsorte: Greife nicht zu einem Mehl mit dem höchsten Ausmahlgrad (also Type 405 bzw. Tipo 00), sondern eines aus der nächsthöheren Stufe, also Type 550 bei einem deutschen Mehl, Tipo 0 (deutsch: Type 630) bei einem Mehl aus Italien oder T55 bei einem französischen Mehl. Grund: Aufgrund ihres höheren Ausmahlungsgrades (der bei ca. 64–71 Prozent liegt) und des entsprechend höheren Mineralstoffgehaltes nehmen sie im Vergleich zum 405er Mehl Flüssigkeiten langsamer auf, was zur Stabilität des Teiges beiträgt.
  • Kleberstärke: Nutze ein kleberstarkes Weizenmehl (mind. 13 g Eiweiß pro 100 g Mehl) - je länger die von dir anvisierte Zeit für die Teigfermentation ist, desto kleberstärker. Ich habe mehrere Mehle und Mehlmischungen ausprobiert und die von mir persönlich favorisierte Mehlauswahl ist die folgende: Für eine kurze Teigfermentation  (ca. 5 Std.) wie im Rezept unten beschrieben nutze ich für den Hauptteig folgende Mehlmischung: ca. ½ Tipo 0 Violett (14,5 g Eiweiß) und ½ Tipo 0 orange (12 g Eiweiß) von Bon'gu. 
  • Vorteig: Nutze einen Biga-Vorteig, denn Biga gibt einem Teig also mehr Stabilität (siehe dazu auch die Detailinfo weiter unten). Der Hefe-Vorteig steigert die Dehnbarkeit und Standfestigkeit der Ciabatta-Teigs. Durch die lange Führung bei etwas kühleren Temperaturen entstehen im Biga Säuren, die den Weizenteig strukturell fester und zudem auch aromatisch komplexer machen. Der Biga bietet dir auch eine klasse Möglichkeit für eine Feintuning am Brotcharakter. Beispiel: Für ein aromatisch feingliedriges und helles Ciabatta mit zartem floralen Duft setze ich den Vorteig mit  Tipo 0 Violett von Bon'gu an. Möchte ich dem Ciabatta einen Landbrot-Touch mit etwas dunklerer Farbe und malzig-nussigerer Aromatik geben, dann nutze ich im Biga das kleberstarke italienische Emilia Tipo 2-Weizenmehl (13 g Eiweiß) oder alternativ das französische T80 Label Rouge Mehl von Bon'gu.
  • Triebmittel: In Sachen Triebmittel gilt: Das Nonplusultra fürs Ciabatta-Backen ist . . . Lievito Madre! Ja, du kannst dein Ciabatta auch mit Frisch- oder Trockenhefe als Triebmittel backen, aber sowohl in Sachen geschmackliche Komplexität, Wildheit der Porung und Frischhaltung ist der milde italienische Sauerteig nicht zu schlagen. (Kein Lievito Madre im Haus? Schade, aber kein Beinbruch: Im Rezept unten nenne ich dir auch die Hefemenge, die du ersatzweise verwenden kannst.)
  • Hydration: Ein nach dem unten aufgeführten Rezept gebackenes Ciabatta hat eine Hydration von rund 76 Prozent, also eine Teigausbeute von 176. Falls du eine etwas höhere Hydration ausprobieren möchtest, dann erhöhe die beim Hauptteig angegebene Wassermenge von 370 auf 400 ml, und du landest bei einer Teigausbeute von ca. 180. Von diesen 400 ml gibst du 320 ml in den Autolyseteig. Die Restmenge (80 ml) gibst du dann in zwei Stufen beim Kneten des Teigs hinzu.
  • Gehtemperatur: Hefeteig geht bei niedrigen Temperaturen von 21–25 °C langsam, entwickeln dadurch aber mehr Aromen. Höhere Temperaturen zwischen 27–32 °C lassen einen Hefeteig hingegen zügig gehen - bei reduzierter Aromen-Bildung. Sauerteig-Bakterien arbeiten bei Temperaturen zwischen 21–30 °C gut - je höher die Temperatur, desto schneller die Fermentation. Eine Temperatur von 27 °C ist ein optimaler Mittelwert und passt für quasi jeden Teig ziemlich gut, egal ob Hefe- oder Sauerteig. Ein Zimmer zum Gehenlassen des Teiges mit konstant 27 °C ist allerdings auch im Sommer selten. Abhilfe schaffen kannst du da im Privathaushalt nur mit einem Gärautomat* oder einer Styropor-Thermobox* mit eingelegter Wärmeflasche, in den du den Teig zum Gehenlassen hineinstellst. Hast du beides nicht zur Hand? Dann richtet es die Zeit. Ist die Temperatur niedriger, lasse den Teig eine längere Zeit zum Fermentieren stehen.  
  • Stockgare: Das Teigvolumen sollte sich in der Stöckgare annähernd verdoppeln, optimal ist eine Volumenzunahme um ca. 80 % - bis dahin werden über den Daumen gepeilt mindestens 3–4 Stunden vergehen. Wie lange genau, ist von der Umgebungstemperatur abhängig. Je wärmer die Umgebungstemperatur, umso zügiger läuft die Fermentation ab. Die ideale Temperatur für die Fermentation eines Teigs mit Lievito Madre liegt - wie oben ausgeführt - bei 26–28 Grad Celsius. Ist es deutlich kühler, dann wird es aller Wahrscheinlichkeit nach mehr als 4 Sunden dauern, bis die Volumenzunahme ca. 80 % erreicht hat. Alternative: Nutze einen Gärautomat* für den Hausgebrauch, in dem du den Teig bei konstanter definierter Temperatur gehen lassen kannst. 
  • Stückgare: Im Rezept verwende ich für die Stückgare der Brote ein Bäckerleinen. Geht's auch ohne? Ja, geht! Du kannst die abgestochenen Ciabatta-Teiglinge auch auf eine gut bemehlte Arbeitsfläche oder auf dezent bemehlte Backpapierstücke zur Stückgare ablegen. Die Gefahr dabei: Frei und ohne seitliche Begrenzung auf Gare können die Teige unter Umständen deutlich mehr in die Breite laufen, als das von dir gewünscht ist. Genau das verhinderst du durch die Gare auf Bäckerleinen, mit dem du für die Teiglinge ja seitliche Begrenzungen schaffst. Mit dem Bäckerleinen gehst du also "auf Nummer sicher". Zweigt dein Teig eine sehr gute Glutenstruktur, Spannkraft und stabile Konsistenz, dannist auch eine "freie" Stückgare auf deiner Arbeitsfläche oder auf Backpapier möglich. 
  • Backen / Ofentrieb: Die Ciabatta-Teiglinge sollen in den ersten Minuten des Backens schön "nach oben hochgehen", also eines guten Ofentrieb zeigen. Der Ofentrieb ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Brote eine optimale Porung und lockere Krume erreichen. Wie ausgeprägt das Brot Ofentrieb hat, hängt von verschiedenen Faktoren ab, so unter anderem von der Teigreife, der Backtemperatur und einer möglichen Beschwadung, also einer Luftbefeuchtung in der ersten Backphase. Um einen guten Ofentrieb auch ohne Beschwadung hinzubekommen, achte besonders auf zwei Faktoren: Erstens: Schiebe die Teigling mit knapper Gare - also nicht mit Übergare, sondern knapp unter Vollgare - ein. Denn ist der Teig bereits zu sehr gegangen, geht er im Backofen nicht mehr weiter auf. Zweitens: Sorge für "fette" Unterhitze - denn ohne Unterhitze wächst kein Teigling in die Höhe! Teiglinge auf ein kaltes Backblech legen und dann in einen gut vorgeheizten Ofen schieben - das funktioniert nicht. Heize deine Backunterlage - sei es ein Bachblech, eine Backstahlplatte oder ein auf einem Rost platzierter Backstein/Pizzastein (mindestens 1 cm dick, besser 2 bis 3 cm) - also immer lange genug vor. Backblech und -stahl mindestens 30 Minuten, Stein mindestens 45 Minuten.

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Dehnen & Falten - Stretch & Fold 

 

Bevor es ans Rezept geht, vorab noch einige Erläuterung zum Dehnen und Falten des Teigs nach Abschluss der Knetphase zu Beginn der Stockgare. Das Dehnen und Falten (Stretch & Fold) dient dazu, Volumen aufzubauen und das Teiggerüst zu stärken. Der Teig wird strukturierter und lässt sich leichter formen. Zum anderen wird dessen Gashaltevermögen erhöht. Das wiederholte Dehnen und Falten fördert die Dehnbarkeit des Teigs, es bewirkt eine gleichmäßige Verteilung der Gärgase und steigt das Gashaltevermögen des Teigs, was zu Backwaren mit einer besseren Volumenzunahme und schöne Porung führt. Es gibt verschiedene Methoden des Dehnen und Faltens, beim Ciabatta-Teig nutze ich am liebsten eine Variante des so genannten Coil Fold. Diese Technik wird vor allem bei Teigen genutzt, die einen hohen Weizenanteil und/oder eine hohe Hydration haben, was bei Ciabatta- und Ciabatta-ähnlichen Teigen der Fall ist. Beim Coil Fold greifst du unter eine Seite des Teigs, ziehst ihn sanft nach oben und legst das gedehnte Teigsegment über den Rest des Teigs. Dieses Dehnen und Ablegen wiederholst du auf der anderen Teigseite. Das machst du 2–3 Mal, bis der Teig wie eine Kugel vor dir liegt. Wie das funktioniert, zeigt anschaulich dieses Video von Cookie & Co. oder auch das Video von Challenger Breadware. Das erste Set Dehnen und Falten setzt du 20 Minute nach dem Knetende an, Set 2 und 3 nach jeweils 20 weiteren Minuten.

 
Ciabatta mit Weizensauerteig als Triebmittel


Bei klassischen Coil Fold wird der Teig vom ersten Faltset an relativ sanft gedehnt. Kannst du so machen - ich bevorzuge es, den Ciabatta-Teig stärker zu dehnen, und zwar wie folgt: Ich löse den Teig in der Teigwanne etwas von den Rändern, indem ich eine angefeuchtete Teigkarte zwischen Teig und Rand schiebe. Dann befeuchte ich die Hände, greife seitlich mit meinen drei Mittelfingern unter die Teigmitte und ziehe den Teig komplett hoch - also so weit, das keines der beiden herabhängenden Teigenden mehr die Teigwanne berührt. Die herabhängenden Teigenden lege ich nun mit einem kleinen Schwung der Arme nach vorne übereinander in die Wanne ab und lege den restlichen Teig, den ich noch mit den Fingern gegriffenen habe, darauf ab. Das ist alles eine durchgehende Bewegung. Anschließend die Finger neu befeuchten und dieses Dehnen und Falten noch 2. bis 3. Mal wiederholen. Statt seitlich an der linken und rechten Seite greife ich den Teig nun aber an der oberen und unteren Seite und drehe ihn nach dem Anheben um 90 Grad, um ihn dann wieder in die Schüssel abzulegen.

Wie das genau funktioniert, veranschaulicht mein Video hier:


 


Durch das Dehnen und Falten baut der Teig von Set zu Set immer mehr Struktur und Form auf. Deshalb ist es wahrscheinlich, dass du bereits beim 2. oder spätestens beim 3. Set den Teig gar nicht mehr 4 Mal, sondern nur noch 3 oder zu guter Letzt nur noch 2 Mal anheben und ablegen musst. 


Rezept und Schritt-für-Schritt-Anleitung: Das perfekte Ciabatta aus dem eigenen Ofen

Ciabatta


ZUTATEN  |  für 4 Ciabatta zu je ca. 300 g bzw. 8 Ciabatt-Brötchen zu je ca. 150 g)


BIGA:



CIABATTA-Hauptteig:

  • 375 ml kühles Wasser (ca. 12 °C)
  • 12 g (1 EL) Reissirup* (= 1 % des Mehl- und Wasser Gesamtgewichts) - alternativ Agavendicksaft oder Maltose / Flüssigmalz enzym-inaktiv)
  • Biga (260 g)
  • 120 g Lievito Madre (= 20 % des Gesamtmehlgewichtes von Biga & Hauptteig) - alternativ 8 g Frischhefe oder 2,7 g Trockenhefe
  • 450 g backstarkes Mehl ( z. B. 250 g  Tipo 0 Violett und 200 g Tipo 0 orange von Bon'gu. Variante: Für eine Teigfermentation mit langer Kühlschranklagerung mindestens oder ausschließlich Tipo 0 Violett nutzen)
  • 12 ml Olivenöl (= 1 % des Mehl- und Wasser Gesamtgewichts)
  • 18 g feines Meersalz (= 1,5 % des Mehl- und Wasser Gesamtgewichts)


WEITERES ZUBEHÖR:


ZUBEREITUNG  |  Biga über Nacht - Ciabatta ca. 6 Std.


BIGA - am Vortag zubereiten:

  1. Wasser und Hefe in einer Schüssel miteinander verrühren. Das Mehl hinzufügen und alles locker vermengen, bis keine Mehlnester mehr zu erkennen sind, z. B. zunächst mit einem Dänischen Knethaken* und dann mit einer Teigkarte. 
  2. Schüssel mit einer Klarsichtfolie verschließen. Biga anschließend bei 16–18 °C (maximal 20 °C) rasten lassen, bis sich das Teigvolumen ungefähr verdoppelt hat, das wird je nach Umgebungstemperatur ca. mindestens 6 und bis zu 12-14 Std. dauern. Hat der Vorteig die "Verdopplungsstufe" (ungefähr) erreicht, kannst du ihn über Nacht (bis maximal 30 Std.) im Kühlschrank bei 4–6 °C rasten lassen. Am nächsten Tag Biga 1–2 Std. vor der Weiterverarbeitung aus der Kühlung holen.


CIABATTA:

  1. Autolyseteig: Falls bei dir Biga und Lievito Madre im Kühlschrank stehen sollte, beides 1–2 Std. vor der Zubereitung des Hauptteiges aus der Kühlung holen. 315 ml vom kühlen Wasser (Rest für spätere Verwendung beiseite stellen) sowie den Reissirup in die Rührschüssel einer Küchenmaschine gießen. Lievito Madre mit den Händen zerzupfen, Stücke ins Wasser geben und einige Minuten gut verrühren, bis die Lievito Madre so gut wie vollständig im Wasser gelöst ist. Gesiebtes Mehl hinzufügen und alles mit einem Dänischen Knethaken* oder dem Stiel eines langen Holzlöffels ca. 2–3 Min. verrühren, bis keine Mehlnester mehr zu sehen sind. Der Autolyseteig darf dabei ruhig grobe stückige Struktur behalten und muss nicht vollständig homogen verknetet werden. Die Schüssel abdecken und 30 (bis max. 45 Min.) für eine Autolyse bei Zimmertemperatur rasten lassen. 
  2. Teig kneten: ■  Schritt 1: Den Vorteig (Biga) mit den Händen zerzupfen und mit in die Rührschüssel geben. Teig mit der Küchenmaschine 2 Min. auf langsamster Stufe kneten, dann eine Stufe höher stellen und weitere ca. 2 Min. kneten. ■  Schritt 2: 35 ml vom restlichen Wasser einkneten. (Hinweis: Falls du mit Hefe statt mit Lievito Madre backst, in dieses Wasser deine Trocken- oder Frischhefe einrühren.) 2 TL vom Wasser in die Schüssel geben und auf langsamer Rührstufe einkneten. Erneut 2 TL Wasser hinzufügen, wieder einkneten usw., bis der Teig das komplette Wasser gut aufgenommen hat. Dann die Maschine eine Rührstufe höher stellen und den Teig so lange kneten, bis er sich vollständig von der Schüsselwand löst und eine gut entfaltete Glutenstruktur (Fenstertest) zeigt ■  Schritt 3: Das Salz mit dem restlichen Wasser (25 ml) verrühren und teelöffelweise auf langsamer Rührstufe in den Teig einarbeiten. Dann die Maschine eine Rührstufe höher stellen und den Teig so lange kneten, bis er sich vollständig von der Schüsselwand löst und das Glutengerüst erneut gut aufgebaut ist. ■  Schritt 4: Anschließend das Öl ca. 1 Min. auf langsamer und 1–2 Min. auf schnellerer Rührstufe in den Teig einarbeiten. Die anvisierte Teigtemperatur am Ende des Knetvorgangs liegt bei 22–23 °C. Mehr als 25 °C sollte die Teiginnentemperatur nicht erreichen.
  3. Teig dehnen und falten: Boden und unteren Rand der Teigwanne mit den zusätzlichen 15 ml Olivenöl bepinseln. Den Teig aus der Rührschüssel in die Teigwanne umfüllen, Deckel auflegen und 20 Min. bei Zimmertemperatur rasten lassen. Im 20 Minuten-Abstand folgen nun 3 Dehn- und Falt-Sets, also nach 20, 40 und 60 Minuten - siehe dazu die Beschreibung und das Video oben. Das erste Set hat 4 Faltvorgänge, die Folgenden je nach Fortschritt des Teigstruktur-Aufbaus nur noch 3 oder 2 Faltungen.
  4. Stockgare: Anschließend den Deckel der Teigwanne auflegen und den Teig an einem warmen Ort im Zimmer gehen lassen. Das Teigvolumen sollte sich nun annähernd verdoppeln, optimal ist eine Volumenzunahme um ca. 70 bis 80 % - bis dahin werden über den Daumen gepeilt mindestens 3–4 Stunden vergehen. Wie lange genau, das wird maßgeblich von der Umgebungstemperatur beeinflusst. Je wärmer die Umgebungstemperatur, umso zügiger geht die Fermentation während der Stockgare vonstatten. Die ideale Temperatur für die Fermentation eines Teigs mit Lievito Madre liegt bei 26-28 °C. Ist es deutlich kühler, dann kann es durchaus auch mehr als 4 Std. dauern, bis die Volumenzunahme ca. 80 % erreicht hat. Nutzt du einen  Gärautomaten* und stellst den Teig zur Gare bei 27 °C hinein, dann wird die anvisierte Volumenzuname deutlich schneller erreicht sein. Faustformel: Die Gärzeit halbiert sich je 5 Grad höherer Raumtemperatur. Zubereitungs-Tipp: Wer Lust und Zeit hat, kann den Teig nach dem Erreichen der Volumenzunahme von ca. 50-60 % auch über Nacht (12 bis max. 24 Std.) im Kühlschrank bei 4–6 °C reifen lassen. Beachte in diesem Fall aber zwei Dinge. 1. Du planst eine kalte Gare über Nacht und hast den Teig mit Hefe statt Lievito Madre angesetzt? Dann halbiere die Hefemenge im Teigansatz. 2. Vor der Weiterverarbeitung des Teigs (siehe nächster Schritt unten) den kalt geführten Teig aus dem Kühlschrank holen und 30. Min. in der Küche stehen lassen, bis er etwas Temperatur (ca. 15 °C) angenommen hat. Dann Teiglinge formen und ca. 60-90 Min. in die Stückgare legen. Alternativ den Teig direkt aus dem Kühlschrank heraus kalt auf die Arbeitsfläche kippen und Ciabatta-Teiglinge abstechen, die dann etwas länger (90–120 Min.) in die Stückgare stehen. 
  5. Teig aufarbeiten: Wichtig ist es in der folgenden Arbeitsphase, den Ciabatta-Teig so schonend wie nur möglich aufzuarbeiten, damit die Gase der Gärung innerhalb des Teigs verbleiben. Zur Aufarbeitung zunächst 50 g Reismehl mit 50 g Weizenmehl (im besten Fall ist das Weizenmehl doppelgriffig) gut vermischen. Dann das Bäckerleinen vorbereiten, das für die Stückgare des Teiges benötigt wird. Die Hälfte des Bäckerleinen (bei einem 150 cm langen Leinentuch also ca. 75 cm) auf den Tisch legen, die rechtlich Hälfte vom Tisch herunterhängen lassen. Das Tuch auf dem Tisch dünn mit Mehl aus der Reismehl-Weizenmehlmischung bemehlen. Je nach Struktur des Leinentuchs wird du dafür mehr oder weniger Mehl benötigen, um ein Ankleben des Teiges zu vermeiden, das wird dir die Erfahrung zeigen. Am hinteren Ende das bemehlten ausgelegten Tuch links und rechts mit den Händen greifen und ein ca. 4 cm hohes Stück Tuch mit beiden Händen hochziehen - so schaffst du eine Tuchkante, an die das erste Ciabatta angelegt wird. Tipp: Ich fixiere die Tuchkante links und rechts mit so genannten Foldback Clips*, das sind kleinen Metallklammern für Büro und Schule zum Zusammenklemmen von Papierblätter. Die kleinen Klammern gibt es in verschiedenen Breiten, für unseren Zweck hier ist eine Breite 25 mm (oder alternativ 32 mm) ausreichend. 
  6. Mit der Reismehl-Weizenmehl-Mischung eine ca. 50 x 40 cm großes Stück deiner Arbeitsfläche dünn bemehlen. Den Teig auf diese bemehlte Fläche stürzen, dazu die geöffnete Teigwanne einmal um 180 Grad drehen (also auf den Kopf stellen) und den Teig aus sehr niedriger Höhe auf die bemehlte Fläche herausfallen lassen - das sollte die Schwerkraft bewerkstelligen. Sollte sich der Teig nicht losen wollen, mit Klopfen auf dem Boden der Wanne nachhelfen. Den Teig zunächst dünn mit ein wenig von der Reismehl-Weizenmehl-Mischung bestäuben, dann mit einer bemehlten Teigkarte zu einem Rechteck formen, so dass der Teig auch in der Höhe relativ gleichmäßig ist. Dazu die bemehlte Teigkarte im ca. 45 Grad Winkel ein kurzes Stück unter den Teig schieben und diesen mit sanften Druck zur Mitte hin einschieben. Nun mit der großen Teigkarte (oder alternativ einer Kippdiele) aus dem Rechteck beginnend an einer der kürzeren Seiten nacheinander vier ungefähr gleich breite Ciabatta abstechen.
  7. Stückgare: Das erste abgestochene Ciabatta mit der untergeschobenen großen Teigkarte auf das Bäckerleinen umsetzen, und zwar so, dass es mit einer Längsseite an den zuvor hochgezogenen Rand des Leinens anliegt. Nun eng anliegend an der vorderen Längsseite des Brotes ebenfalls ein ca. 4 cm hohe Leinenkante hochziehen, so dass das Brot nun an beiden Längsseiten von einen Leinenkante begrenzt ist. Dann das nächste Ciabatta abstechen, aufs Tuch umheben, eine neue Leinenkante hochheben usw., bis alle vier Brote vorne und hinten von Leinenkanten begrenzt auf dem Tuch liegen. Das über die Tischkante herunterhänge Stück des Leinentuchs hochschlagen und damit locker die Teiglinge bedecken. Die Teiglinge bleiben nun weitere rund 45–60 Min.in der Stückgare. Die Länge der Stückgare richtet sich nach dem Reifezustand der Teiglinge. Ziel ist eine leichte Untergare am Ende der Stückgare. Du kann nun bereits den Backofen mit eingeschobenem Backbleck auf 250 °C Ober-/Unterhitze vorheizen.
  8. Umheben: Da mein Backofen nicht 4 Ciabatta dieser Größe auf einem Blech fasst, backe ich in den meisten Fällen nach ca. 50 Min. Stückgare die ersten 2 Brote und anschließend die restlichen beiden. Tipp: Hast du eine sehr großen Ofen? Dann forme aus dem Teig 3 (statt 4) Ciabatta und backe diese in einem Schwung nach ca. 60 Min. Stückgare - dann sparst du dir einen 2. Backgang. Zunächst steht nun aber zunächst das Umheben der Teiglinge aufs Backblech an. Das kannst du allein mit den Händen bewerkstelligen, aber meiner Erfahrung nach ist es einfacher, dazu ein möglichst rechteckiger Tortenbodenheber*, eine möglichst rechteckige Pizzaschaufel aus Edelstahl* oder eine rechteckige Edelstahl-Tortenunterlage* zu nutzen. Zum Umheben halbierst du zuerst einen Bogen Backpapier. Eine Hälfte davon legst du dann auf die längere Seite des Hebers. Vorne an der Kante des Hebers schlägst du ca. 3 cm vom Backpapier auf die Unterseite ein und faltest den Rest vom Backpapierbogen auf die Oberseite des Hebers. Mit der großen Teigkarte hebst du nun den ersten Ciabatta-Teigling an der Längsseite ein klein wenig an und schiebst den Heber mit dem Backpapier ein winziges Stück (2–3 mm sind ausreichend) unter den Teigling. Dann das Backpapier leicht bemehlen. Nun ziehst du das Leinentuch etwas nach vorne, so dass die hochgezogene Leinenkante an der hinteren Teigling-Seite nun flach auf dem Tisch liegt. Das schafft Platz, um die große Teigkarte von hinten vorsichtig 3–4 cm unter den Teigling zu schieben. Ist das geschafft, kannst du den Teigling mittels der untergeschobenen Karte ganz einfach nach vorne (bitte nicht zu schwungvoll!) umstürzen, so dass der Teigling mit der bisherigen Oberseite auf dem dem Heber zum Liegen kommt. Du hast keinen Heber zur Hand? Dann schiebe das halbierte Backpapier einfach solo mit der Längsseite ein kleines Stück unter den Teigling und stürze ihn wie oben beschrieben mit dem Teigheber darauf.
  9. Backen: Jetzt das Backblech (oder Backrost mit aufgelegtem Backstein) aus dem Ofen holen, mit dem Heber zum Blech gehen und den Teigling zusammen mit dem Backpapier sanft aufs Blech gleiten lassen. (Falls du ohne Heber arbeitest, den Teigling auf dem Backpapier vorsichtig händisch herübertragen.) Der Teigling kommt schief und zu nah in der Mitte zum Liegen? Kein Problem: Da er auf dem leicht bemehlten Backpapier liegt, kannst du die Position einfach korrigieren. Anschließend den zweiten Teigling auf das Backblech umheben. Das Blech auf die zweite Schiene von unten in den Ofen schieben und 5 Min. bei 250 °C Ober-/Unterhitze backen. (Wer mag und entsprechendes Equipment hat, kann die frisch in den Ofen eingeschossenen Teiglinge auch beschwaden.) Nun wird das Brot ca. 22-23 Min. gebacken. Nach den ersten 5 Min. die Hitze auf 230 °C Ober-/Unterhitze reduzieren. Nach weiteren 5 Min. das Bachblech/Backrost auf die mittlere Ofenschiene umstecken und ca. 12–13 Min. weiter backen, bis die Kruste des Brotes die gewünschte Bräune erreicht hat. Wer das Ciabatta dunkler mag, lässt es einfach ca. 3–4 Min. länger im Ofen. Fertig gebacken? Dann die Brote aus dem Ofen holen und zum Auskühlen ohne das Backpapier auf ein Backrost legen. Den Backofen inklusive eingeschobenem Backblech wieder auf 250 °C Ober-/Unterhitze hochstellen, ca. 5–10 Min. Temperatur annehmen lassen und dann die zweite Charge Brot (wie oben beschrieben) umheben, backen und auskühlen lassen. Vor dem Anschneiden überschüssiges Mehl auf den Broten mit z. B. mit einer Gemüsebürste* abstreichen.  

Tipp: Meist ist das Ciabatta bei uns in ein bis zwei Tagen weggeknabbert, im Brotkasten, Leinenbrotbeutel oder Küchentuch verpackt sollte es bis zu drei Tage genießbar sein. Falls dir die Menge aber doch zu viel erscheint, kannst du es einfrieren. Einfach in einen Gefrierbeutel (oder eine Brottüte vom Bäcker) schieben, gut verschließen und ins Gefrierfach legen. Dort hält es sich ohne Qualitätsverlust 4–6 Monate. Wenn du es später bei Zimmertemperatur auftaust (dabei mit einem Küchentuch abdecken) und kurz aufbackst (je nach gewünschtem "Knuspergrad" der Kruste ca. 5–7 Min. bei 160 °C Ober-/Unterhitze) schmeckt es (fast) wie frisch. Auf diese Weise kannst du auch Ciabatta "aufknuspern", das bereits ein oder zwei Tage alt ist. 
Alternativ kannst du das Ciabatta auch direkt aus dem Gefrierfach in den auf 180 °C vorgeheizten Backofen geben und 10 Min. aufbacken, das funktioniert auch sehr gut.

Wie knusprig außen und wolkig weich innen ein Ciabatta frisch auch dem Backofen sein kann, das zeigt dir mein Video hier . . . dreh den Ton lauter und lausche auf den Anschnitt der superknackigen Kruste!




Fotos zu den Arbeitsschritten Teig ausarbeiten, Stückgare und umheben

Um einzelne Arbeitsschritte zu veranschaulichen, hier einige Fotos dazu.

Ciabatta Teig
Der Ciabattateig wird aus der Wanne auf die bemehlte Arbeitsfläche gestürzt . . . 


Ciabatta Teig formen
. . . bemehlt und mit der Teigkarte zu einem Rechteck zusammengeschoben.


Ciabatta Teig abstechen
Mit der Teigkarte Brotlaibe abstechen und . . .


Ciabatta Teigling
. . . etwas vom Hauptteig wegschieben.


Ciabatta Teigling
Mit der Teigkarte und den Teigling fahren, diesen anheben und . . .


Ciabatta Teigling
. . . auf dem vorbereiteten Bäckerleinen absetzen.


Ciabatta Teig in der Stückgare
Tuchkanten an den Längsseiten der Teiglinge hochziehen und . . .


Ciabatta
. . . und mit Foldback Clips fixieren, falls du davon welche zur Hand hast. 


Einen Heber mit Backpapier belegen, das Papier an der Kante ca. 3 cm auf die Heber-Unterseite einschlagen.


Ciabatta Teigling
Heber ca. 2–3 mm an der Längsseite des Teiglings unterschieben, dann . . .


Ciabatta Teigling
. . . die Foldback Clips hinter dem Teigling löschen und das Leinentuch etwas nach vorne ziehen, so das die Falte hinter dem Teigling verschwindet. 


Ciabatta Teigling
Eine große Teigkarte einige Zentimeter unter den Teigling schieben und . . .


Ciabatta Teigling
. . . diesen dann nach vorne umstürzen, so dass der Teigling mit der bisherigen Unterseite nach oben auf dem Heber zum Liegen kommt.


Ciabatta zubereiten
Mit dem Heber kannst du den Teigling nun zum Backblech tragen und dort zusammen mit dem Backpapier ablegen.


Randnotiz: Poolish- & Biga-Expertenwissen


Du möchtest mehr Biga und den französischen Verwandten Poolish erfahren? Kein Problem, hier ein wenig Expertenwissen, das ich zusammengetragen habe.

Biga ist ebenso wie Poolish ein Hefe-Vorteig. Eine Poolish-Zugabe fördert die Dehnbarkeit des Hauptteiges und macht ihn geschmeidiger in der Verarbeitung. Er bereichert den Teig um zusätzliche Aromen, macht die Kruste knuspriger und verbessert zudem die Frischhaltung des Brotes. Der italienische Verwandte des Poolish ist Biga (kommt z. B. oft bei Pizza- oder Ciabatta-Teig zum Einsatz). Er ist ähnlich, aber nicht gleich: Biga ist fester, da Mehl und Wasser in einem anderen Verhältnis gemischt werden. Poolish: 1 : 1 Mehl und Wasser. Biga: 2 : 1 bzw. 2 : 1,2 Mehl und Wasser.


Unterschiede Biga und Poolish

Im Unterschied zu Poolish wird für Biga weniger Wasser verwendet - und zwar 45 bis max. 60 % (TA 145-160) der für den Biga-Ansatz genutzten Mehlmenge. Biga ist also fester als Poolish und führt dem Hauptteig entsprechend weniger Wasser zu. Weitere Unterschiede zwischen Biga und Poolish.

Poolish: Teig feuchter, weicher und dehnbarer | Biga: fester, weniger elastisch
Poolish: Hefegeschmack intensiver | Biga: geringer
Poolish: Geschmack etwas säuerlicher | Biga: weniger säuerlich
Poolish - Krume: kleinere und gleichmäßigere Alveolierung (Blasenbildung im Teig) | Biga: größere unregelmäßigere Alveolierung
Poolish - Kruste: knuspriger | Biga: etwas weicher

Biga gibt einem Teig also mehr Stabilität, Poolish macht Backwaren noch dehnbarer als Biga. Zudem ist Biga geschmacklich milder (weniger säuerlich). Pizzateig bekommt durch Biga mehr Elastizität, was besonders für die Ausformung von Vorteil ist. Wer noch mehr Dehnbarkeit anstrebt, setzt den Pizza-Vorteig in Form eines Poolish an. Ciabattateig erhält durch Biga mehr Standfestigkeit. Biga wird aufgrund seiner höheren Standfestigkeit aber auch für Teige mit viel Zucker und Fett verwendet, so für Panettone, Brioche und Plunder. In einer Focaccia, die fluffig und weich sein soll, macht ein Poolish-Vorteig eine gute Figur.

Biga-Praxis

Biga ist ebenfalls ein Hefevorteig - er ist in Italien verbreitet und wird dort besonders gerne für Pizza- und Ciabatta genutzt. Ein Biga-Vorteig verleiht dem Hauptteig mehr Dehnbarkeit und Standfestigkeit. Durch die lange Führung bei etwas kühleren Temperaturen um die 16–18 °C entstehen Säuren, die besonders Weizenteige fester machen. Das Backwerk erhält ein mildes Aroma und lässt sich auch länger frischhalten.

Biga-Menge: Von der gesamten Mehlmenge laut Rezept sollten durchschnittlich 25–35 % für den Biga verwendet werden. Der Anteil kann variieren, je nach Mehlsorte, Backwerk und Reifezeit.

Biga-Formel: 100-45/60-1
100 % Mehl - 45-60 % Wasser - 1 % Hefe

Ansatz: Mehl, Wasser und Hefe für Biga werden sehr kurz (2–4 Min.) vermengt, bis im Teig keine Mehlnester mehr zu sehen sind. Der Teig behält eine grobe und klumpige Konsistenz.

Mehl: Biga wird in der Regel mit einem backstarken Weizenmehl (Type 450 oder 550) mit einem relativ hohen Gehalt und guter Wasseraufnahmefähigkeit (W-Wert höher als 300) angesetzt. Der Kleberanteil für einen elastischen und dennoch standfesten Teig sollte mindestens um die 12,5–13 % liegen. Meine Mehlempfehlung: Tipo 0 orange* von Bon'gu, ersatzweise Farina Caputo Nuvola* oder ein Weizenmehl Type 550, zum Beispiel das Diana W 550* von Bon'gu. Du möchtest deinem Brot einen rustikalen Landbrot-Touch geben? Dann setze den Vorteig mit einem kleberstarken Tipo 2 Weizenvollkornmehl an,, beispielsweise mit dem Emilia-Mehl* (13 g Eiweiß, W-Wert: 390) von Bon'gu.
Beachte: Die Mehlauswahl richtet sich auch nach der Gärdauer. Je nachdem, wie viel Standzeit du für den Vorteig einplanst, greife zu einem anderen Mehl. Für eine schnelle Gärung in kurzer Zeit eignet sich ein Mehl mit einem niedrigen W-Wert (etwa 280–300 W). Für eine langsame Reifung nutze ein starkes Mehl mit einem W-Wert von 380.

Wasser: Das Wasser für den Ansatz des Biga sollte recht kühl sein (über den Daumen gepeilt um die 10 °C), denn die Gärung im Vorteig soll langsam über einen längeren Zeitraum ablaufen. Zu warmes Wasser würde die Hefegärung zu stark und schnell anstoßen. (Mehr zu genauen Berechnung der optimalen Wassertemperatur weiter unten).

Hefe: Die Hefezugabe liegt bei 1 % der Mehlmenge bei einer warmen Führung (16–18 °C). Bei einer hauptsächlich kalten Poolish-Führung kannst du die Frischhefe-Menge etwas höher (1,5 % der Mehlmenge) ansetzen.
Zusatztipp: Biga kann auch mit Lievito Madre angesetzt werden. Methode 1: Ersetze dazu die Frischhefe durch Lievito Madre nach der Formel 1 g Frischhefe = 15 g Lievito Madre. Würdest du den Biga also z. B. mit 1,5 g Frischhefe ansetzen, dann ersetze die Hefe durch 22,5 g Lievito Madre. Diese verrührst du zuerst mit dem Wasser und anschließend mengst du das Mehl unter. Methode 2: Lievito Madre, Mehl und Wasser im Verhältnis 2 : 2 : 1 vermengen und bei ca. 16 °C für 20–22 Stunden zur Reife gestellt.

Gärdauer: Die Gärzeit des Biga bis zur Vollreife liegt bei 16–18 °C bei ca. 16–18 Stunden. Auch längere Gärzeiten bis zu 48 Stunden sind möglich, wenn der Vorteig mindestens die Hälfte dieser Zeit im Kühlschrank bei 4 °C verbringt.
Verschiedene Parametern verkürzen oder verlängern die Dauer der optimalen Gärzeit, z. B.:
Wasser: Ist der Wasseranteil höher als 50 % (bis max. 60 %) reift der Vorteig schneller, denn die höhere Feuchtigkeit im Inneren die regt den Stoffwechselprozess der Hefe-Gärung an.
Temperatur: Ist die Außentemperatur und damit auch die Temperatur im Inneren des Teiges höher reift der Teig ebenfalls schneller, denn die höhere Temperatur regt den Stoffwechselprozess der Hefe-Gärung an.

Die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor für die Geschwindigkeit Teigreife. Um die beste Reifung von Biga und Poolish zu erzielen, ist deshalb eine Berechnung der Wassertemperatur von Vorteil, in der als weitere mitbestimmende Temperaturfaktoren die Außentemperatur und die Mehltemperatur (Tipp: diese ist zumeist 1 bis 2 Grad niedriger als die Lufttemperatur) einbezogen werden, und zwar wie folgt:

Wassertemperaturberechnung Biga:
55 (feste Konstante) minus Mehl-Temperatur minus Raum-Temperatur = Wassertemperatur
Beispiel: 55 minus 23 minus 24 = 8 °C

Das erhaltene Ergebnis gibt die optimale Wassertemperatur zum Kneten von Biga bzw. Poolish an, der anschließend bei der gemessenen Umgebungstemperatur (hier: 24 °C) rund 16-18 Stunden reift.

Warme Führung - kalte Führung: Biga und Poolish werden zumeist warm geführt, Biga im optimalen Fall bei 16–18 °C und Poolish bei 20 °C. Möglich ist aber auch eine Kombination von warmer und kalter Führung. Sinnvoll ist das beispielsweise im Sommer, wenn hohe Außentemperaturen herrschen und du keinen Platz findest, um den Vorteig im optimalen Temperaturbereich zur Rast zu stellen.



Poolish-Praxis

Poolish-Menge: Die positiven Poolish-Eigenschaften des auf das Gebäck werden erreicht, wenn maximal 15–30 % des Mehles im Vorteig Verwendung finden.

Poolish-Formel
: 100-100-0,1/1
100 % Mehl - 100 % Wasser - 0,1 bis 1 % Hefe

Ansatz: Mehl, Wasser und Hefe für Poolish werden sehr kurz (2–3 Min.) vermengt, bis im Teig keine Mehlnester mehr zu sehen sind. Der Teig behält eine grobe und klumpige Konsistenz und relativ flüssig.

Mehl: Poolish wird in der Regel mit einem backstarken Weizenmehl (Type 550 oder 630) mit einem hohen Gehalt und guter Wasseraufnahmefähigkeit (W-Wert deutlich höher als 300) angesetzt. Der Kleberanteil für einen elastischen und dennoch standfesten Teig sollte mindestens bei um die 13–13,5 % liegen. Meine Mehlempfehlung: Tipo 0 Violett von Bon'gu*, ersatzweise 
Farina Caputo Manitoba ORO Tipo 0* Du möchtest deinem Brot einen rustikalen Landbrot-Touch geben? Dann setze den Vorteig mit einem kleberstarken Tipo 2 Weizenvollkornmehl an,, beispielsweise mit dem Emilia-Mehl* (13 g Eiweiß, W-Wert: 390) von Bon'gu.
Empfehlung: Die Mehlauswahl richtet sich auch nach der Gärdauer. Je nachdem, wie viel Zeit zur Verfügung steht, greife zu einem anderen Mehl. Für eine schnelle Gärung eignet sich ein Mehl mit einem niedrigen W-Wert (etwa 300 W). Für eine langsame Reifung nutze ein starkes Mehl mit einem W-Wert von 380.

Wasser: Das Wasser für den Poolish-Ansatz sollte dezent warm sein - über den Daumen gepeilt um die 28–30 °C. (Mehr zu genauen Berechnung der optimalen Wassertemperatur weiter unten).

Hefe: Die Hefemenge für das Poolish hängt von der Gärdauer ab. Je länger die Abstehzeit ist, desto weniger Hefe setze zu. Richtwerte für Umgebungstemperatur 20 ° C:

  • 2 Std. Gehzeit: 2,5 % Frischhefe auf 1 kg Mehl
  • 3 Std. Gehzeit: 1,5 % Frischhefe auf 1 kg Mehl
  • 5 Std. Gehzeit: 1,0 % Frischhefe auf 1 kg Mehl
  • 8 Std. Gehzeit: 0,5 % Frischhefe auf 1 kg Mehl
  • 12–16 Std. Gehzeit: 0,1 % Frischhefe auf 1 kg Mehl
Ist die Umgebungstemperatur niedriger als 20 ° C, füge pro fehlendem Grad 0,1 % mehr Hefe zum oben genannten Richtwert hinzu. Abweichend von den genannten Richtwerten für eine warme Führung setze bei einer hauptsächlich kalten Poolish-Führung die Frischhefe-Menge grundsätzlich höher an, und zwar bei 0,75–1 % der Mehlmenge.

Tipp: Poolish kann auch mit Lievito Madre angesetzt werden. Ersetze dazu einfach die Frischhefe durch Lievito Madre nach der Berhnungsfomge 1 g Frischhefe = 15 g Lievito Madre. Würdest du den Poolisch also z. B. mit 1,5 g Frischhefe ansetzen, dann ersetze die Hefe durch 22,5 g Lievito Madre. Diese verrührst du zuerst mit dem Wasser und anschließend mengst du das Mehl unter.  

Gärdauer: Die Gärzeit bis zur Vollreife liegt bei 20 °C bei ca. 12–16 Std. Auch etwas längere Gärzeiten bis zu 20 Std. sind möglich, wenn der Vorteig ein Teil der Zeit im Kühlschrank bei 4 ° C verbringt.

Warme Führung - kalte Führung:
Warme Führung: min. 4 Std. bis max. 16 Std. bei 20 °C.
Kalte Führung: 2–4 Std. bei 20 °C, anschließend bis zu 20 Std. bei 4-6 °C im Kühlschrank.

Die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor für die Geschwindigkeit Teigreife. Um die beste Reifung zu erzielen, ist deshalb eine Berechnung der Wassertemperatur von Vorteil, in der als weitere mitbestimmende Temperaturfaktoren die Außentemperatur und die Mehltemperatur (Tipp: diese ist geschätzt mindestens 1 °C niedriger als die Lufttemperatur) einbezogen werden, und zwar wie folgt:

Wassertemperaturberechnung Poolish:
70 (feste Konstante) minus Mehl-Temperatur minus Raum-Temperatur = Wassertemperatur
Beispiel: 70 minus 23 minus 24 = 23 °C

Das erhaltene Ergebnis gibt die optimale Wassertemperatur zum Kneten von Poolish an, der anschließend bei der gemessenen Umgebungstemperatur (hier: 24 °C) rund 16 Std. reift.



Ergänzende Tipps zu Biga & Poolish

Kalte Führung - mehr Säure: Je kühler die Führung ist, desto mehr Säuren entstehen im Teig. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Geschmack (mehr oder weniger säuerlich), sondern auch auf die Teigstruktur. Grund: Säuren stärken den Kleber im Teig. Ein starker Kleber hält den Teig mehr zusammen, der Teig bleibt fester und ist weniger elastisch. Ein über längere Zeit kühl geführter Biga macht den Hauptteig also zum Beispiel noch fester, und in einem kühl geführten Poolish wird die im Vergleich zum Biga ausgeprägtere säuerliche Note nochmals etwas erhöht.

Tipp zur warmen Führung bei warmen Temperaturen: Du möchtest auch während des Sommers auf jeden Fall eine durchgängige warme Führung realisieren? Dann reduziere bei hoher Außentemperatur gärfordernde Faktoren: Beispiel: Mindere bei Biga die Menge der Hefe von 1 % auf 0,7-0,8 %, und reduziere die Wasserzugabe auf 40–42 %. Bei Poolish reduziere die Wassermenge auf 85–90 %. Du möchtest die Gärung noch weiter ausbremsen? Dann knete als Gärhemmer 2 g Salz pro kg Mehl in den Vorteig ein.

Ciabatta


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    Ciabatta-Fotos: Moderne Topfologie | Kai Brückner


4 Kommentare:

  1. Ich werde es irgendwann testen. Die Idee mit den Klammern am Leintuch ist mega. Danke dafür

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  2. Das ist äußerst fesselnd und informativ! Vielen Dank dafür, dass Sie diese Einblicke mit uns geteilt haben.

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  3. Das Rezept, um knuspriges Ciabatta zu Hause zu backen, ist einfach großartig! Es ermöglicht Backbegeisterten, die köstliche italienische Spezialität mit Leichtigkeit in den eigenen vier Wänden herzustellen.

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