13|05|2018 Ich schmore – und zwar extrem gerne! Die sanfte und stundenlange Zubereitung von Fleisch in schweren gusseisernen Töpfen ist für mich eine der schönsten, entspanntesten und gelingsichersten Weisen, Fleisch jenseits von Premium-Zuschnitten wie Filet und Rumpsteak in geschmacklich geniale Speisen zu verwandeln. Kein Wunder also, dass mich die Schmormethode, die ich vor einiger Zeit in einem Rezept in Claudio del Principes Blog Anonyme Köche entdeckte, geradezu ansprang. Claudio beschreibt darin die Zubereitung eines Sieben-Stunden-Lamms nach einer Methode von Anthony Bourdain. Dabei werden alle Schmorzutaten zusammen mit dem nicht angebratenen Fleisch in einen großen gusseisernen Topf gegeben, der dann mit einem einfachen Teig aus Mehl und Wasser hermetisch verschlossen wird. Der so versiegelte Bräter kommt dann für mehrere Stunden in den Backofen, und voilà, anschließend ist das Fleisch perfekt und butterweich geschmort.
Gesehen, ausprobiert! Jüngst habe ich diese besondere Schmormethode mit Topfversiegelung ausprobiert und das geschmorte und anschließend klein gezupfte Fleisch zu Pasta mit kleinen Berglinsen serviert. Hat geklappt, hat geschmeckt, und diese Schmormethode werde ich mit Sicherheit nicht zum letzten Mal genutzt haben – aaaaaber . . . in einem Punkt musste ich dem Schmorfleisch noch gewichtig unter die Arme greifen. Bei allen anderen Schmorvarianten, die Du hier im Blog findest, zum Beispiel in den Rezepten
- Provenzalisches Rinderragout - Daube provençale
- Geschmorte Ochsenbacken
- Geschmorte Rinderbeinscheiben in dunkler Sauce
- Almochse im Guinness-Sud
- Geschmorte Ochenbacken - vier Backen für ein Halleluja
- Ochsenbacken mit O sole mio-Faktor
- Szegediner Gulasch
- Schmorfleisch vom Rind mit Pasta
- Hirschgulasch mit Serviettenknödel
Der Flüssigkeitspegel im Verhältnis zur Menge an Fleisch ist bereits sehr knapp bemessen, und willst Du das Geschmorte dann auch noch zu einer Speise kombinieren, die ausreichend Sauce liebt (wie zum Beispiel Pasta), dann hast Du sehr schnell das Ende der Saucen-Fahnenstange erreicht. Also: Stelle Dich darauf ein, dass Du die Sauce des Siegeltopf-Schmorfleisches verlängern musst – und halte entsprechendes „Rüstzeug“ bereit. Die einfachste Methode: Claudio verlängert in seinem Rezept die Sauce mit Wasser. Ebenso einfach: Strecke die Sauce mit Demi-Glace.
Die hast Du im besten Fall irgendwann zuvor selbst gekocht und im portionierten Zustand im Gefrierfach bereit stehen, oder Du hast zuvor ein kleines Gläschen dieser dunklen Grundsauce gekauft. „Was, Fonds oder Demi-Glace kaufen, Frevel, Frevel!“, höre ich jetzt schon die Schreie. Jaaa, ich weiß, selbst machen ist der beste Weg . . . aber kaufen geht auch, vorausgesetzt, man erwirbt Spitzenware aus einer vertrauenswürdigen Quelle. Hier bei mir habe ich das Glück, das ich eine solche Quelle quasi direkt vor der Nase habe, und zwar in Form des Spitzenkoches Jan Treutle, der in meiner Heimat in Bad Kreuznach das Restaurant „Im Gütchen“ betreibt.
Zusammen mit seinem Freund Christian Beisiegel, Geschäftsführer von Beisiegel Qualitätsfleisch, hat Treutle vor einigen Jahren unter dem Namen „PUR“ eine kleine aber buchstäblich feine Lebensmittel-Produktlinie ins Leben gerufen, zu der auch Fonds und Demi-Glace gehören. Diese werden in kleiner Stückzahl aus besten Zutaten und ohne jedwede künstliche Geschmacksverstärker oder sonstige Zaubermittelchen aus den Laboren der Lebensmittelindustrie hergestellt und sind geschmacklich ebenso weit von den grausamen Frankenstein-Fonds aus den meisten Supermarktregalen entfernt (auch von denen, die sich mit dem Namen von bekannten Sterneköchen schmücken) wie sie nah dran sind an den in der eigenen heimischen Küche handwerklich hergestellten Saucen und Fonds. Für mich ist „PUR“ erste Wahl, wenn ich aus eigener Produktionsstätte nichts zu Hand habe, so wie bei diesem Rezept hier, bei dem ein kleines Gläschen „Pur“ Braten Demi-Glace ausreichte, um die Schmorsauce ebenso würdevoll wie geschmacklich erstklassig auf eine hinreichende Menge zu verlängern.
Plus Linsen und Pasta - passt perfekt
Der Rest des Rezeptes ist ebenfalls kein Hexenwerk. Festkochende Linsen (z. B. Le Puy, Berglinsen, Alb-Leisa, Beluga-Linsen) und Pasta nach Packungsangabe kochen und beides zusammen mit dem gezupften Fleisch und der Sauce servieren – fertig! Na ja, fast, denn zu diesem Essen gehört selbstredend ein guter Wein entkorkt. Welcher das ist, war im jüngsten Fall klar, denn kurz vor der Zubereitung dieses Essens hatte ich eine Flasche eines ganz speziellen Rioja geschenkt bekommen, und mir war schon vorab klar: Der passt wie Faust aufs Auge! Tat er dann auch – mehr dazu im Weintipp weiter unten. So, nun zum Rezept.Rezept für Lamm aus dem versiegelten Schmortopf mit Pasta und Linsen
Zutaten | für 4. Personen
- ca. 1,3 kg Lammhaxe (alternativ Lammschulter)
- 1 Porreestange
- 2 Möhren
- 2 Zwiebeln
- 1 kleine Knoblauchknolle
- 1 Lorbeerblatt
- 2 bis 3 Stängel Petersilie und Thymian
- 4 Pimentkörner
- 6 schwarze Pfefferkörner
- ½ TL Meersalz
- 150 ml Weißwein (z. B. Silvaner oder Grauburgunder, ersatzweise auch Rotwein)
- 100 ml mildes Olivenöl
- 500 g Mehl
- 300 ml Wasser
- 200 ml Demi-Glace
Zubereitung | ca. 30 Min. plus 5 bis 6 Stunden Schmorzeit
- Das Fleisch parieren und direkt in den Schmortopf legen – also nicht wie sonst vor dem Schmoren anbraten. Das Gemüse (das weiße Stück der Porreestange, Möhren, Zwiebeln) zusammen mit der nicht geschälten Knoblauchknolle in den Topf geben, die Gewürze (Lorbeerblatt, Petersilie, Thymian, Piment- und Pfefferkörner) darüber streuen und mit Wein und Öl übergießen.
- Aus Mehl und Wasser einen Teig kneten. Diesen in ein oder zwei dicke lange Stücke rollen und damit am Deckel- und Topfrand entlang den gusseisernen Bräter dicht versiegeln – wirklich dicht, denn während der folgenden mehrstündigen Schmorzeit darf auf keinen Fall Feuchtigkeit aus dem Topf durch die Teigbarriere entweichen – denn ansonsten schrumpelt dein Fleisch auf Größe und Konsistenz eines Schrumpfkopfes ein. Den Topf dann bei 150 Grad Ober-/Unterhitze in den Backofen schieben.
- Nach einer Schmorzeit von ca. 5 bis 6 Stunden (für die Lammhaxen, bei größeren einteiligen Fleischstücken bis zu 7 Stunden) den Bräter aus dem Ofen holen, etwas abkühlen lassen und dann den nun harten Teigrand mit einem Hammer (optimal einer mit Plastikkopf) behutsam abschlagen. Den Deckel lüpfen, schauen, schnuppern und mehrfach entzückt „Ahhh!“ und „Ohhh!“ sagen. Das bereits beim Anblick einer Gabel zerfallende Fleisch zupfen (gegebenenfalls noch Fett- und Knorbelstücke entfernen). Das Schmorgemüse mit der Schmorflüssigkeit durch ein Sieb in einen kleinen Topf passieren, mit der Demi-Glace verlängern, eine ausreichende Menge vom Zupffleisch dazugeben, alles erwärmen und bei Bedarf nochmals etwas mit Pfeffer und Salz abschmecken.
Anrichten
Wenn Du zum Rezept kleine, robuste Pasta servierst, dann kannst Du diese bereits vorab mit den Linsen, dem Fleisch, der Sauce und einer kleinen Kelle vom Pasta-Kochwasser vermengen. Bei den großen muschelförmigen Lumaconi Rigati, die Du auf dem Foto siehst, würde ich das nicht empfehlen, denn das Verrühren macht diese fragile Pasta sehr unansehnlich. Also: In diesem Fall die Pasta zunächst auf die Teller geben und dort mit den restlichen Komponenten übergießen.
Weintipp
Zu diesem Lammgericht passt – das ist klar wie Kloßbrühe – auf jeden Fall ein kräftig-würziger Rotwein aus südlichen Gefilden bestens, und genau so einen habe ich jüngst geschenkt bekommen . . . und zwar ein ganz besonderes Exemplar. Welches? Nun, geht‘s Euch aus so? Wenn ich auf die Schnelle etwas zum Rioja, dem Paradepferd der spanischen Weinanbaugebiete, assoziieren soll, dann fällt mir sofort ein ovales Gemälde im Rembrandt-Stil ein, das einen älteren Herren mit Spitzbart und schwarzem Hut zeigt, der ein schwarzes Gewand mit weißem Spitzenkragen trägt.Der Name zum Gemälde: Faustino. Und schon sind wir mitten im Rioja, denn Faustino, hergestellt von Bodegas Faustino, ist einer der beliebtesten Rioja Weine auf der Welt. Das bereits 1861 gegründete Familienweingut steht wie kaum ein zweites Gesicht für die Rioja, und das bekannte Rembrandt-Etikett ( übrigens ein Mitglied der Winzerfamilie) ist für viele DAS ikonische Gesicht des Weinbaugebietes Rioja, ja, fast des spanischen Weinbaus insgesamt. Auch bei mir hat sich das Bildnis des Etikettes als Emblem für Wein aus Spanien eingegraben, lange bevor ich mich selbst auch nur ein wenig für Wein interessierte – und zwar durch den Weineinkauf meiner Eltern vor Jahrzehnten.
Gegründet wurde die Bodega 1861 von Eleuterio Martínez Arzok, der 1930 den Besitz an seinen Sohn Faustino Martínez Pérez de Albéniz übertrug. Dieser stellte die Vermarktung von Fass- aus Flaschenwein um. Das Weingut erarbeitete sich schnell landesweit einen guten Ruf. Enkelsohn Julio Faustino begann dann im Jahr 1960, die Weine auch zu exportieren – mit durchschlagendem Erfolg. Heute besitzt Faustino Rioja ungefähr 650 Hektar an Weinbergen, produziert eine große Auswahl an Weinen und ist weltweit der führende Exporteur von Rioja Gran Reserva. Zugleich ist Faustino ein exzellentes Beispiel dafür, dass sich Rebflächen-Quantität und Wein-Qualität nicht ausschließen, denn die besten Faustino-Weine wie der Faustino I Gran Reserva oder der Faustino V Reserva heimsen allenthalben von Weinkritikern auf der ganzen Welt hohe Bewertungen ein.
Groß, größer, Icon Edition
Ergänzend bietet Faustino seit kurzem einen neuen Wein im Premium-Segment an, und zwar den Faustino Icon Edition Reserva Especial. Mit diesem Rotwein nimmt Faustino zum einen Bezug auf das ikonische Image, dass Faustino weltweit inne hat, und tritt zugleich mit dem Anspruch an, einen Rotwein in die Flasche gefüllt zu haben, der sinnbildlich für die uralte Weintradition des Hauses und der Region, aber auch für einen zeitgemäßen Rioja-Stil steht. Vorhaben gelungen, so mein vorweggenommenes Fazit.Der Faustino Icon Edition (ca. 30 Euro), der in der spanischen Klassifikationspyramide Tinto, Reserva und Gran Reserva auf der mittleren Reserva-Stufe, preislich aber über dem Faustino I Gran Reserva (ca. 16 Euro) steht, weiß mit seiner intensiven und komplexen, aber nicht zu fülligen, sondern eher straffen Art zu begeistern und passt hervorragend zum geschmorten Lammgericht. Der Wein des Jahrgangs 2011 ist eine Cuvée aus 95 Prozent aus Tempranillo und zu 5 Prozent aus Graciano, stammt von rund 35 Jahre alten Reben, die in einer Parzelle auf circa 500 Höhenmetern in Malpica wachsen. Nach der selektiven Lese und Vergärung reifte er 18 Monate in französischen Eichenfässern und weitere zwei Jahre in der Flasche, bevor er jüngst „in optimaler Trinkreife“, so Bodegas Faustino, auf den Markt kam.
Im Glas zeigt der Icon Edition eine dunkelrote Farbe, die Nase strotzt vor reifen Waldfrüchten unterlegt mit zarten Noten von Mokka und Bitterschokolade. Am Gaumen gesellen sich zu den Fruchtnoten der dunklen Waldbeeren feinwürzige Komponenten, wieder Bitterschokolade, etwas Lakritz sowie eine perfekt integrierte und dezent nussige Holznote. Der Wein präsentiert sich kraftvoll und sehr zupackend, gleitet durch seine Frische und feine Tanninstruktur aber auch sehr elegant über die Zunge. Frisch entkorkt gleicht das Tannin einer Woge von kleinen Kristallsplittern, die über die Zunge rollen, mit fortschreitender Belüftungzeit werden die Gerbstoffe immer runder und enthüllen mehr von ihrem bittersüßen schokoladigen Kern. Ein sehr intensiver Rotwein (Meine Wertung: 92 Parkerpunkte), der auf sehr gelungene Weine einen klassischen mit einem modernen Rioja-Stil verbindet und sich dadurch als Solo-Genuss, aber auch als Begleiter von würzig-kräftigen Speisen wie einem Lamm-Schmortopf, Rindersteaks oder auch einem würzigen Couscous mit Rind, Lamm oder Gemüse anbietet.
Fotos: Moderne Topfologie